Guter Einkauf: The Rolling Stones: Der Diamant glänzt
Das grandiose Spätwerk der letzten großen Rockband
von David Andres
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Da ist sie also nun, die wirklich letzte Folge meiner Kolumne „Guter Einkauf“, die im kommenden Jahr durch ein frisches Format ersetzt werden wird. Was ich Ihnen zum Endspurt empfehle, das können Sie in diesen Tagen freilich erst einmal selber im Netz einfach so testen und auf sich wirken lassen, bevor Sie es womöglich sich selbst oder anderen an Weihnachten in physischer Form schenken. Die Rede ist von „Hackney Diamonds“, dem neuen Album der Rolling Stones, das sämtliche Stärken der verbliebenen Mittachtziger ausspielt, die sie seit ihrer Gründung vor über sechzig (!) Jahren ausgeprägt haben.
Sie hören das und sie sind amüsiert, berührt, angeregt, aufgeregt und zutiefst glücklich, sollten Rock’n’Roll, Blues, Country, Gospel und Soul Ihnen jemals etwas bedeutet haben. Sie hören geradlinige, leicht melancholische und doch stadionrock-große Nummern wie „Whole Wide World“ oder „Driving Me Too Hard“ und wünschen sich, es wäre bereits wieder Frühling, um dazu mit dem Cabrio oder dem Motorrad über die Bundesstraßen zu heizen. Sie lesen den Text von „Depending On You“ und staunen darüber, wie Mick Jagger hier überaus glaubhaft von der Verbitterung und Enttäuschung erzählt, die einen Mann überkommen kann, wenn er viele Lebensjahre an eine Partnerin verloren hat, die es nicht wert war. Sie lauschen der rauen, explosiven, an Garagenrock und frühen Punk erinnernden Wuchtbrumme „Bite My Head Off“ und lächeln in sich hinein, wenn sie daran denken, dass hier niemand Geringeres als Paul McCartney den radikal verzerrten Fuzz-Bass spielt und mit den scheinbaren, ehemaligen Konkurrenten so viel Spaß hat, als wären sie alle erst Mitte zwanzig.
Dieses Album im Speziellen und die Rolling Stones im Allgemeinen transportieren eine gelassene Unabhängigkeit von jedem Zeitgeist und jeder politischen Korrektheit. Im Video zur ersten Single „Angry“ räkelt sich eine heiße Blondine auf dem roten Cabrio so selbstverständlich, als wäre derlei Verhalten nicht längst als Unterwerfung unter „toxische“ Männerphantasien verpönt. Besonders markant ist, dass es sich bei der Blondine um die Schauspielerin Sydney Sweeney handelt, die etwa in der Verfilmung des dystopischen Romans „Der Report der Magd“ mitgewirkt hat, also einem Kunstwerk des echten, klassischen Feminismus und nicht der woken Weichgewebe-Krankheit des Gehirns.
Im besten Song der Platte, dem sensationellen Gospel-Brecher „Sweet Sounds Of Heaven“, treiben sich Mick Jagger und Lady Gaga gegenseitig zu Höchstleistungen. Dieser Song, der sich ja wortwörtlich am Ende des Lebens und der Karriere in Richtung des Himmels streckt, bildet einen Teil des Dreiklangs, mit dem dieses Album einen Schlusspunkt setzen könnte. Die anderen beiden Songs dieses Dreiklangs sind die karge Ballade „Tell Me Straight“ von Keith Richards, die sich darüber wundert, wo die Zeit geblieben ist und der Abschluss-Song „Rolling Stone Blues“ von Muddy Waters, nach dem die Band sich einst benannte und den sie nun das erste Mal als Cover spielen. Damit endgültig Abschied zu nehmen, wäre überaus elegant, aber soweit man hört, hat Jagger bereits einen Großteil des nächsten Albums fertig.
Hören Sie mal rein, denken Sie im Kontrast an die deutschen „Rocker“ als erweiterten Arm der Bundesministerien oder an das musikalische Jungvolk mit seiner narzisstischen Nabelschau als non-binäre Trans-Einhörner und genießen Sie diese Könnerschaft und Grandezza. Als physikalischen Tonträger können Sie das Album in zig verschiedenen Varianten verschenken, auf schwerem wie normalem Vinyl und sogar in seltenen Deluxe- und Spezialeditionen auf CD.
Quellen:
The Rolling Stones | Sweet Sounds Of Heaven | Feat. Lady Gaga & Stevie Wonder (Youtube)
The Rolling Stones — Depending On You (Lyric video) (Youtube)
"Hackney Diamonds" | Das Album in allen Formaten (jpc)
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