„Gender Pay Gap“: Werden Männer und Frauen für gleiche Arbeit ungleich entlohnt?
Geschlechterdiskriminierung als wiederkehrender Aufreger
von Olivier Kessler
Offizielle Aussagen seitens des Bundes erwecken den Eindruck, Geschlechterdiskriminierung sei ein gewichtiger Faktor bei der Erklärung von Lohnunterschieden zwischen Männern und Frauen. Gemäß dem eidgenössischen Gleichstellungsbüro betrage der Anteil dieser Diskriminierung am Lohnunterschied rund sieben Prozent. So hoch ist der Anteil der durchschnittlichen Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern, der nach den Daten der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung nicht erklärt werden kann. Daraus wird ohne weitere Überprüfung geschlussfolgert, dass es sich dabei um vorurteilsbehaftete Diskriminierung – also um Sexismus – handeln müsse.
Diese Behauptung hält einer wissenschaftlichen Untersuchung allerdings nicht stand. Vielmehr weisen Studien auf individuelle Faktoren hin. Der Grad und der Gegenstand der Ausbildung, die Berufswahl, die Karriere- und Einkommensziele, der Arbeitseinsatz, das Verhandlungsgeschick, die Weiterbildungsbemühungen und die Mobilität entscheiden etwa über das persönliche Lohnniveau. Männer und Frauen weisen im Durchschnitt unterschiedliche Lohnniveaus auf, weil sie individuell unterschiedliche Präferenzen haben und deshalb unterschiedliche Entscheidungen treffen.
Es kann daher nicht zielführend sein, durch eine Regulierung der Arbeitgeber die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen als Gruppen schließen zu wollen. Warum dem Arbeitgeber hier eine Verantwortung zugeschrieben werden sollte, ist nicht ersichtlich. Denn es ist nicht „die Wirtschaft“, die diskriminiert. Vielmehr sind es die Arbeitskräfte selbst, die mit ihrem Verhalten eine Differenzierung bewirken.
Die Politik und die Verwaltung, die die Behauptung äußern, dass es einen gewichtigen „Diskriminierungseffekt“ gebe, verschließt sich seit Jahren bekannten Fakten und dem aktuellen Stand der Forschung. Die entsprechende Untersuchung fußt auf den unvollständigen Daten der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung und ignoriert nicht nur die theoretischen Einwände, sondern blendet auch verfügbare empirische Fakten und Erkenntnisse aus.
Es wäre folglich übereilt, die sieben Prozent der angeblich nicht erklärbaren Gehaltsunterschiede einer vorurteilsbelasteten „Diskriminierung“ zuzuschreiben. Wahrscheinlicher ist, dass auch andere Faktoren eine Rolle spielen, die von den Untersuchungen des Bundes schlichtweg nicht berücksichtigt werden.
Doch unabhängig davon, welche Gründe hinter der Lohnungleichheit liegen: Sollte der Staat nicht dafür sorgen, dass gleiche Arbeit auch gleich entlohnt wird? Wäre das nicht einfach ein Gebot der Fairness? Diese Forderung mag auf den ersten Blick durchaus sympathisch erscheinen. Doch das Vorhaben scheitert spätestens bei der Umsetzung.
So etwas wie „gleiche Arbeit“ gibt es nämlich gar nicht. Man kann unmöglich objektiv messen, wie jemand seine Arbeit macht, weil hier unzählige Faktoren am Werk sind. Eine Rolle spielen dürften beispielsweise: Effizienz, Fleiß, Kundenorientierung, Auffassungsgabe, Intelligenz, Problemlösungsfähigkeiten, Genauigkeit, persönliches Netzwerk, Teamwork-Fähigkeiten, Social Skills, Ausstrahlung, Verfügbarkeit, Erreichbarkeit, Pünktlichkeit, Anzahl gearbeiteter Stunden und Abwesenheiten.
In der Realität machen in der heutigen Dienstleistungsgesellschaft zwei Angestellte auch nur in den allerseltensten Fällen bei der Arbeit genau das Gleiche mit exakt denselben Ergebnissen. Selbst bei monotonen Fließbandarbeiten gibt es Unterschiede: etwa bei der Exaktheit, Geschwindigkeit oder der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft gegenüber anderen Mitarbeitern. Aufgrund dieser Tatsache ist es ein Ding der Unmöglichkeit, die Leistungen verschiedenster Arbeitskräfte miteinander zu vergleichen und anschließend objektiv festzustellen, dass aufgrund des Geschlechts diskriminiert werde.
Deshalb ist es auch für einen allmächtigen Staat unmöglich, dafür zu sorgen, dass für „gleiche Arbeit“ der „gleiche Lohn“ bezahlt wird – einmal abgesehen davon, dass solche egalitaristisch anmutenden Staatsinterventionen schwerwiegende Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit darstellen und einen erheblichen Schaden am wirtschaftlichen Gefüge anrichten können.
Vorurteilsbelastete „Diskriminierung“ auf einem freien Arbeitsmarkt schadet ohnehin in erster Linie dem Diskminierenden. Ökonomisch gesehen macht es aus Sicht des Arbeitgebers gar keinen Sinn, Frauen oder irgendeine gefühlte oder reale Minderheit generell zu benachteiligen. Verfügt eine Mitarbeiterin beispielsweise über die vom Arbeitgeber gewünschten Qualitäten, würde sich der Arbeitgeber ins eigene Knie schießen, wenn er die Arbeitnehmerin unterbezahlen würde, weil dann die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sie von einem besser zahlenden Konkurrenten abgeworben wird.
In einem liberalen Arbeitsmarkt und unter Wettbewerbsbedingungen ist eine pauschale Benachteiligung eines Geschlechts deshalb gar nicht erst möglich. Wenn Frauen als Gruppe für die gleiche Arbeit tatsächlich weniger verdienen würden, würde ihr Wert für die Arbeitgeber geradezu steigen, wobei der Gewinnvorteil durch den Wettbewerb schnell verschwinden und nicht dauerhaft bestehen würde.
Die Einführung von Antidiskriminierungsgesetzen zwischen Privaten könnte Lohnungleichheiten nicht eliminieren, denn diese führen nicht zu mehr Lohngerechtigkeit, sondern münden in einen Kampf zwischen Gruppen. Sie führen zur politischen Durchsetzung von Sonderinteressen auf Kosten anderer. Wenn einzelne Menschen nur noch als Teile von unterschiedlichen Gruppen angesehen werden, nehmen die individuelle Freiheit und die Eigenverantwortung ab, während politische Verteilungskonflikte zunehmen.
Antidiskriminierungsgesetze zwischen Privaten führen dazu, dass insbesondere die Minderheiten, die man schützen möchte, unter die Räder kommen. Paradoxerweise ist deshalb gerade die Abschaffung solcher Antidiskriminierungsgesetze und sonstiger gesetzlicher Sonderprivilegien das wirkungsvollste Mittel gegen Diskriminierung und Lohnungleichheit.
Nicht Regulierungen und Verbote schaffen Abhilfe, sondern in erster Linie der freie Wettbewerb. Damit werden Anreize für ein tolerantes, respektvolles Miteinander geschaffen, ohne dass man sich damit nachteilige Nebenwirkungen einhandelt.
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