06. Januar 2024 22:00

Freiheitsindex Mehr Mut zur eigenen Meinung!

Konsequenzen auch mal aushalten

von Thorsten Brückner

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Bildquelle: Viktoria Sokolova / Shutterstock Durchbrechen Sie die Schweigespirale: Wagen Sie es, anderer Meinung zu sein!

Eine Mehrheit der Deutschen traut sich nicht mehr, öffentlich ihre Meinung zu äußern. Nur noch 40 Prozent glauben laut dem Allensbach-Freiheitsindex 2023, man könne in Deutschland frei reden. 44 Prozent gaben an, mit Meinungsäußerungen in der Öffentlichkeit besser vorsichtig zu sein. 1990 glaubten noch 78 Prozent, man könne frei seine Meinung sagen. 

Es geht bei der Erhebung um die sogenannte gefühlte Meinungsfreiheit. Denn obgleich die freie Rede auch durch den Staat zuletzt immer weiter eingeschränkt worden und unter Beschuss geraten ist, bezieht sich die Klage, man könne nicht mehr alles sagen, was man politisch so denke, doch in erster Linie auf die Angst vor sozialer Ausgrenzung. Angst davor, Freunde zu verlieren, wenn man seine politische Gesinnung zu erkennen gibt. Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, wenn der Chef mitbekommt, was man so in sozialen Netzwerken postet. Oder allgemein Angst davor, als „Rechter“, „Nazi“, „Antisemit“ oder „Klimaleugner“ zu gelten. Ich lache mittlerweile nur noch darüber, wenn mir jemand ein derartiges Label anheften möchte. Doch nicht jeder hat so ein dickes Fell. Bezeichnend finde ich vor allem folgenden Wert: Stimmten 2019 noch 50 Prozent der Deutschen der Aussage „Ich spreche so, wie ich möchte, und lasse mir dabei nichts vorschreiben“ zu, sind es heute nur noch 33 Prozent. 

Diese Ängste sind im aktuellen Meinungsklima nicht unbegründet. Ein Meinungsklima, das unter maßgeblicher Mitwirkung des Staates geschaffen wurde, der bei der Ausgrenzung unerwünschter Meinungen den Taktstock schwingt und damit oft indirekt auch vorgibt, welche Musik in der Privatwirtschaft gespielt wird. Dazu kommt ein hierzulande ohnehin eher schwach ausgeprägter Respekt vor Meinungen, die der eigenen widersprechen.

Für mich ist es absolut nachvollziehbar, warum immer mehr Menschen momentan mit ihrer Meinung lieber hinter dem Berg halten. Gleichzeitig befürchte ich, dass die Angst, nichts mehr sagen zu können, so zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird. Denn je mehr Menschen im Zweifel lieber aus Furcht vor sozialen Konsequenzen ihren Mund halten, desto einfacher wird es für den Staat und seine zivilgesellschaftlichen Spießgesellen, den Korridor des Sagbaren immer weiter zu verengen. Viele Menschen merken oft erst, wenn sie eine Meinung öffentlich äußern, wie wenig alleine sie damit dastehen oder zumindest, dass sich die antizipierte Ablehnung nicht bewahrheitet. Und gleichzeitig macht man durch das schambefreite Eintreten für die eigenen Ansichten auch anderen Mut, sich ohne vorherige Selbstzensur zu äußern.

Anstatt die berühmte Schweigespirale zu perpetuieren, kann sie durch Menschen, die furchtlos für ihre Überzeugungen eintreten, auch durchbrochen werden. Der Verlust an gefühlter Meinungsfreiheit ist kein Naturereignis, das über uns kommt, sondern ein Prozess, dem wir auch entgegenwirken können. In dem Zusammenhang fand ich die Rezeption der Studie in vielen alternativen Medien etwas einseitig und weinerlich. Denn dass es um die gefühlte Meinungsfreiheit so schlecht bestellt ist, ist eben nicht nur die Schuld der Politik, sondern hat auch viel mit unseren eigenen Ängsten zu tun. Wohin es führt und welchen Meinungen man das Feld überlässt, wenn man lieber den Schwanz einzieht, zeigt der Freiheitsindex auch. 75 Prozent der Grünen-Anhänger halten all diese Erwägungen nämlich für völligen Unsinn und glauben, man könne seine Meinung in Deutschland doch frei und ohne Furcht vor Ausgrenzung sagen. Zum Vergleich: Von den AfD-Anhängern glauben das nur elf Prozent. 

Dass das Öffentlichmachen der eigenen Auffassung manchmal unangenehme Konsequenzen mit sich bringt, habe ich in meinem Leben wiederholt erfahren müssen. Einmal haben mir private politische Wortmeldungen in den sozialen Netzwerken sogar eine Abmahnung eines Arbeitgebers eingebracht, auf die ich damals übrigens so stolz war, dass sie noch Jahre danach bei mir daheim gerahmt an der Wand hing. Meine Meinungsfreiheit habe ich dadurch allerdings nicht als beschnitten empfunden. Ich hätte ja jederzeit den Job wechseln können (was ich unmittelbar darauf auch getan habe). Für seine Meinung vor Gericht gezerrt oder gar eingesperrt zu werden, ist eben schon noch einmal eine ganz andere Hausnummer.

Sicher hätte ich heute noch die ein oder andere Freundschaft mehr, hätte ich mich etwas weniger kompromisslos über die staatlichen Covid-Schikanen geäußert und vielleicht hin- und wieder mal eine Maske aufgesetzt. Aber am Ende des Tages ist es doch wichtiger, in den Spiegel schauen zu können, als sich krampfhaft an einem Job oder falschen Freundschaften festzuklammern. Natürlich ist das für einen Alleinstehenden leichter als für einen Familienvater, der noch stärker auf das Einkommen angewiesen ist oder Angst davor hat, dass den Kindern aufgrund der eigenen Meinung Unannehmlichkeiten in Schule oder Kindergarten widerfahren. Aber selbst da denke ich mir: Im Zweifel für die eigenen Überzeugungen einzustehen und bereit sein, dafür auch Konsequenzen auszuhalten, ist etwas, was ich meinen Kindern von klein auf vorleben möchte. Aber ich sehe schon, dass bestimmte Lebenssituationen einen eher in Kompromisse treiben als andere. 

Wenn heute in der Brauerei oder bei Treffen mit Freunden das Thema Politik aufkommt, schweige ich mittlerweile oft. Nicht aus Angst vor Ächtung. Sondern weil mich Debatten, vor allem wenn sie sich um Politiker oder Parteien drehen, ziemlich anöden. Und ehrlich gesagt frustrieren sie mich gerade auch sehr, weil sie mir wieder vor Augen führen, dass das ganze System, die Hoffnung auf den politischen Erlöser, nur dank der Amnesie der Menschen überleben kann und sich das vermutlich auch nie ändern wird. Da hoffen jetzt selbst Kritiker des autoritären Covid-Staates der vergangenen Jahre darauf, dass Impfzwang-Befürworter und Lockdown-Sympathisant Friedrich Merz sie von den Zumutungen der Ampel befreit. Und seiner Partei werden plötzlich wieder Kompetenzen ausgerechnet beim Thema Einwanderung zugeschrieben. Offenbar von Leuten, die die vergangenen acht Jahre im Koma verbracht haben oder solche, die sich nach zwei Jahren Ampel schon nicht mehr erinnern können, wer die 16 Jahre davor regiert hat.

Auch weitere Daten aus dem Freiheitsindex machen wenig Mut mit Blick auf die eigenen Mitmenschen. 64 Prozent wollen staatliche Mietobergrenzen, und tatsächlich hätten nur 38 Prozent der Deutschen ein Problem damit, wenn der Staat die Preise kontrollieren würde. Das sind dann allerdings schon eher Themen, die bei mir die Lust wecken, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Denn anders als parteipolitische Präferenzen, die viele ja genauso wenig jemals reflektiert haben wie ihre Teilnahme am politischen System, ist eine Konversation über Mietobergrenzen und Preisbildung keine Zeitverschwendung. Es sind zwei Themen, die sich hervorragend dazu eignen, Menschen anschaulich zu erklären, warum sie sich mit sozialistischen Lösungsansätzen mittelfristig ins eigene Knie schießen. 


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