Öffentlich-rechtliche Abgaben: Entlasten Unternehmenssteuern die restlichen Steuerzahler?
Unternehmen an der Wurzel der freiheitlichen Wohlstandsordnung – nicht der Staat
von Olivier Kessler
Weil in der öffentlichen Diskussion aufgrund des internationalen Drucks vonseiten der EU und der OECD vor allem sogenannte „Steuerprivilegien“ im Fokus stehen, wird oftmals vergessen, dass juristische Personen auch in der Schweiz hohe Unternehmenssteuern bezahlen müssen. Neben der Kapitalsteuer ist für eine Firma vor allem die Gewinnsteuer zentral. Im Jahr 2016 lagen die dadurch vom Staat ergatterten Beträge in der Schweiz bei über 20 Milliarden Franken. Die ordentliche Gewinnsteuerbelastung (inklusive Bundessteuer) für Unternehmen liegt 2020 an den Kantonshauptorten im Landesmittel bei 15 Prozent. Der maximale effektive Vorsteuersatz variierte dabei zwischen 11,5 Prozent im Kanton Appenzell Innerrhoden bis hin zu 21,6 Prozent im Kanton Bern.
Unternehmenssteuern bieten nicht nur regelmäßig Anlass für neue Drohungen internationaler Organisationen, wonach man die Schweiz bei anhaltender Standortpolitik auf Schwarze Listen setzen werde. Auch tummelt sich in entsprechenden Diskussionen ein besonders hartnäckiges Klischee: nämlich der Mythos, dass Firmen die Last von Unternehmenssteuern zu tragen hätten und dadurch die restlichen Steuerzahler entlasten würden. In Wahrheit bezahlen Unternehmen keinen einzigen Rappen an Steuern, auch wenn dies offiziell mit dem Begriff der „Unternehmenssteuern“ impliziert wird. Unternehmen per se sind niemals die echten Träger irgendeiner Steuerlast, da es sich bei ihnen lediglich um Vertragsbündel handelt. Es sind immer die hinter einer Firma stehenden und mit ihr handelnden Menschen, die indirekt zur Kasse gebeten werden. Und dies sind Personen, die bereits auf regulärem Weg besteuert werden.
Bei den wahren Trägern der Unternehmenssteuerlast handelt es sich unter anderem um Arbeitnehmer, die aufgrund der erhobenen „Unternehmenssteuern“ weniger Lohn erhalten, als sie ohne solche Steuern bekommen hätten. Auch sind es die Kunden eines Unternehmens, die einen höheren Preis für die gekauften Produkte bezahlen müssen, denn ohne den Ausgabenposten „Steuern“ hätten die Herstellungskosten und damit der im Wettbewerb entstehende Kaufpreis für das Produkt tiefer liegen können. Weiter gehören die Zulieferer zu den wahren Trägern der „Unternehmenssteuern“, die weniger Einnahmen erzielen, weil sich das Unternehmen aufgrund der Steuern nicht mehr die gleich hohen Ausgaben für Lieferanten leisten kann. Vielleicht sind die Leidtragenden auch Arbeitsuchende, weil das Unternehmen aufgrund der zusätzlichen Steuern weniger Investitionen tätigen und Arbeitsplätze schaffen kann. Es ist daher ein völliger Unfug, wenn behauptet wird, Unternehmenssteuern würden die restlichen Steuerzahler entlasten.
Vielmehr halsen Unternehmenssteuern den Individuen heimlich eine zusätzliche Steuerlast auf. Denn diese rauben den Bürgern unbemerkt und durch die Hintertür nochmals einen Anteil ihrer Freiheit, nachdem sie bereits für die „offensichtlichen“ Steuern wie etwa die Einkommenssteuer und die Mehrwertsteuer haben in die Tasche greifen müssen. Unternehmenssteuern führen daher zu einer größeren Intransparenz über die wahren Steuerlasten einer Person. Keiner weiß so genau, welchen Anteil des Preises eines Produkts nun zur Begleichung von Steuern aufgewendet wird. Niemand kann mit Sicherheit sagen, wie hoch sein wahrer Lohn gewesen wäre, wenn es keine Unternehmenssteuern gegeben hätte – geschweige denn, dass man auf die Idee kommt, dass Unternehmenssteuern daran schuld sein könnten, dass man nicht mehr verdient. Kein Lieferant weiß, wie viel mehr er dem Unternehmen ohne solche Steuern hätte verrechnen können. Je mehr Steuern den Unternehmen aufgehalst werden, desto größer die Verschleierung der wahren Steuerlast pro Kopf.
Diese Intransparenz und Verkomplizierung der Steuerrechnung dient in Wahrheit der Aufblähung des Staatsapparates, weil damit seine echten Kosten versteckt werden. Der öffentliche Widerstand gegen sein parasitäres Wachstum wird durch diese Verschleierung gedämpft. Ein Blick auf die Steuerrechnung reicht nicht mehr aus, um sich über das wahre Ausmaß der Kosten ins Bild zu setzen. Vielmehr wird das Errechnen der tatsächlichen individuellen Lasten zu einem Ding der Unmöglichkeit, weil die Lastenverteilung bei jedem Unternehmen wieder etwas anders ausfallen dürfte.
In Unternehmen, denen auf dem Arbeitsmarkt eine umfangreiche Arbeiterschaft zur Verfügung steht, dürften die Kosten vermehrt auf die Mitarbeiter abgewälzt werden. Dies, weil sofort wieder ein Ersatz zur Verfügung stünde, wenn man den Mitarbeitern aufgrund der Unternehmenssteuerlasten tiefere Löhne ausbezahlt und sich diese deswegen vom Unternehmen abwenden. Anbieter, die in einem eher monopolartigen Markt unterwegs sind, haben hingegen weniger Probleme, die Kosten auf ihre Kunden abzuwälzen, zumal diese wenig Ausweichmöglichkeiten haben. Unternehmenssteuern schaffen hier also eine problematische Undurchschaubarkeit, was dem Gebot eines transparenten und zurückhaltenden Staates gänzlich widerspricht.
Die Sichtweise, Unternehmen müssten dem Staat oder der Gesellschaft „etwas zurückgeben“, anstatt nur einseitig von den Rahmenbedingungen eines Landes zu profitieren, ist völlig verzerrt und ignoriert die tatsächlichen Gegebenheiten. Profitable Unternehmen erweisen der Gesellschaft und dem Staat bereits einen enormen Dienst – auch wenn sie keinen Rappen an Unternehmenssteuern bezahlen. Dank ihrem Wirken schaffen sie vor Ort Arbeitsplätze und damit Einnahmequellen für eine Vielzahl von Menschen, die es ohne das unternehmerische Engagement nicht gäbe. Auch ermöglichen sie Bürgern zusätzliche Investitionsmöglichkeiten: Indem Menschen Anteile an produktiven Unternehmen erwerben können, erhalten sie eine Möglichkeit, ihr Vermögen zu vermehren und dadurch am Wachstum des Wohlstandes teilzuhaben. Unternehmen, die auf dem lokalen Absatzmarkt Produkte verkaufen, bringen auch den Konsumenten einen entsprechenden Zusatznutzen, weil diese Güter den Lebensstandard der lokalen Bevölkerung anheben – wenn dem nicht so wäre, würden diese nicht freiwillig gekauft.
Nicht zuletzt sind Unternehmen aufgrund ihrer Kreativität, ihrer Innovationen und ihrer Wertschöpfung die Grundlage für sämtliche staatliche Einnahmen. Denn ohne unternehmerisches Handeln wäre Armut die Norm und dann gäbe es auch keine Einkommen, keine Vermögen und keine Konsumausgaben, die besteuert werden könnten. Ohne unternehmerisches Engagement hätte der Staat folglich keine Mittel, mit der er irgendetwas anstellen könnte. An der Wurzel der heutigen freiheitlichen Wohlstandsordnung stehen deshalb die Unternehmen und nicht der Staat.
Es sollte daher primär der Staat sein, der gegenüber den Unternehmen Dankbarkeit zeigen sollte. Diese Dankbarkeit könnte er beispielsweise dadurch zum Ausdruck bringen, indem er die Unternehmenssteuern ersatzlos abschafft. Dies wäre nicht nur gerecht, sondern hätte auch noch den positiven Effekt, dass der Standort Schweiz dadurch aufgewertet würde. So würden wiederum weitere innovative Unternehmer angezogen, die zusätzlich Wohlstand für breite Bevölkerungsschichten schaffen.
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