Wirtschaftssysteme: Kapitalismus ist die Triebfeder des Fortschritts
Eine Erfolgsgeschichte
Kein anderes Wirtschaftssystem hat den einfachen Leuten so viel Wohlstand gebracht wie der moderne Kapitalismus. Dieses schafft laufend neuen Reichtum durch den Prozess der „kreativen Zerstörung“, wie es der von Josef Schumpeter (1883–1950) geprägte Begriff benennt. Technologischer Fortschritt ist der Motor der unternehmerischen Geldwirtschaft. Massenproduktion für die Massen ist sein Kennzeichen.
Das kapitalistische System zeichnet sich dadurch aus, dass es anpassungsfähige und effiziente Firmen fördert und die weniger produktiven Betriebe ausmerzt. Der Grundkonflikt des modernen Kapitalismus besteht nicht im Kampf der Kapitalisten gegen die Proletarier, sondern im Konflikt zwischen denjenigen, die sich erfolgreich dem Wandel anpassen und Pioniergewinne erlangen und denen, die zurückfallen, weil sie es versäumen, sich anzupassen. Dies gilt nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die Beschäftigten. Auch die Arbeitnehmer müssen sich der Herausforderung stellen, sich möglichst vorausschauend den Konsequenzen der kreativen Zerstörung, die die Dynamik des Fortschritts kennzeichnet, anzupassen und konkret solche Fähigkeiten zu erlangen suchen, die vermehrt gefragt sind. Arbeitslosigkeit muss nicht Schicksal sein. Und dies gilt auch für Länder. Wenn Regierungen an die Macht kommen, die sich dem Fortschritt widersetzen, setzen sie ihr Land schachmatt.
Die unternehmerische Geldwirtschaft ist ein beständiges Ringen um die höchstmögliche Produktivität. Die marktwirtschaftliche Konkurrenz besteht darin, die Kundenwünsche besser und kostengünstiger zu treffen. Langfristig kommt diese Produktivität allen zugute, vor allem den breiten Massen, doch gelangt der Vorteil zu unterschiedlichen Zeiten an die Begünstigten. Kurzfristig gibt es zwar Verlierer, langfristig aber macht der Kapitalismus alle zu Gewinnern. Einer der größten Feinde des kapitalistischen Fortschritts ist die menschliche Ungeduld.
Der Kapitalismus ist ein dynamisches System. Unsicherheit und Risiko sind der Preis des Fortschritts. Die Vergangenheit war in dieser Hinsicht nicht anders. Im Gegenteil: Die sogenannte „gute alte Zeit“ war noch unsicherer als unsere gegenwärtige. Mehr als heute war man den Krankheiten ausgeliefert, den Unbilden des Wetters und den Schwankungen der Nahrungsproduktion. Ein Leben in Hunger, Not und Armut kennzeichnete über Jahrtausende das Leben der Mehrheit der Menschheit. Niemals und nirgendwo herrscht auf dieser Welt ein System vollständiger Sicherheit. Not und Sorge sind der ewige Begleiter des menschlichen Daseins. Auch der freie Kapitalismus führt nicht zum sorglosen Leben. Dem freien Kapitalismus geht es darum, die Menschheit von extremer Armut zu befreien.
In der vorkapitalistischen Zeit war die Ungleichheit größer als heute. Zwar ist es richtig, dass der Kapitalismus als unternehmerische Geldwirtschaft zu konzentrierten Anhäufungen von Vermögen und Einkommen führt, aber diese sind heute eher geringer als in der Vergangenheit, vor allem aber sind sie nicht dauerhaft. Vor der industriellen Revolution war die Oberschicht sehr klein; die große Mehrheit der Bevölkerung lebte in extremer Armut und Not. Seitdem hat die Armut in allen den Regionen abgenommen, die das Wirtschaftssystem der unternehmerischen Geldwirtschaft konsequent übernommen und ausgestaltet haben. Frühere Systeme machten einige wenige reich, alle anderen waren aber bitterarm.
Seit der Industrialisierung ist die Welt hinsichtlich der Einkommensverteilung sowohl reicher als auch gleicher geworden. Diese Entwicklung kam dadurch zustande, dass sich mehr Länder der kapitalistischen Wirtschaftsordnung annähern. Der Kapitalismus macht zwar einige sehr reich, den Rest aber viel wohlhabender, als es je in der Vergangenheit die Mehrheit der Bevölkerung war.
Heute besteht das Vermögen der Superreichen hauptsächlich im Aktienbesitz. Der Börsenwert der zugrunde liegenden Unternehmen wird von Nachfrage und Angebot auf den Finanzmärkten bestimmt. Dabei kommt es zu enormen Schwankungen, weil der Kurswert einer Aktie nicht allein auf den Unternehmenswert bezogen ist, sondern von einer Vielzahl anderer Faktoren mitbestimmt wird, wobei der vorherrschende Zinssatz eine hervorragende Rolle einnimmt. Zudem bemisst sich der Wert eines Investitionsprojektes danach, inwieweit die Investition dazu beiträgt, den subjektiven Nutzen der Endverbraucher zu befriedigen. Die Kostenrechnung ist zwar ein unentbehrliches Hilfsmittel, um die Gewinnchancen eines Projektes abzuschätzen; das endgültige Urteil über die Unternehmensgewinne fällt jedoch der Konsument. Dies trifft auch auf Investitionsgüter zu, die insofern einen Wert besitzen, wie sie als Zwischengüter zur Produktion von Verbrauchsgütern beitragen. Die einzelnen Beiträge zur Wertschöpfung über die gesamte Produktionskette sind erst dann abgegolten, wenn der Endverbraucher das Gut bezahlt hat. Vom Kauf durch die Verbraucher hängt es ab, ob sich die Investition gelohnt hat oder nicht.
Der moderne Kapitalismus dient dem Volk, indem die Massenproduktion den Massenkonsum ermöglicht und weil die Arbeiter aufgrund von Innovationen im Verfahrensbereich, die zu Produktivitätssteigerungen führen, steigende Löhne erzielen. Im modernen Kapitalismus ist der Unternehmer der Träger der Innovation. Den Unternehmer zeichnet – im Unterschied zum Erfinder oder Administrator – die Fähigkeit aus, neue Produkte und neue Produktionsverfahren gewinnträchtig auf den Markt zu bringen. Innovation beinhaltet kreative Zerstörung, da es die herrschenden Marktverhältnisse aufbricht und bestehende Produktangebote und Produktionsverfahren obsolet macht. Die Vorteile der Innovation kommen dem Konsumenten zugute in Form von Massenproduktion und Massenkonsum und durch eine höhere Produktivität, die zu steigenden Einkommen führt.
In volkswirtschaftlicher Sicht hat die Führung eines Betriebes zwei Funktionen zu erfüllen: erstens, den zukünftigen Bedarf der Nachfrager abzuschätzen, und zweitens, die angebotenen Güter möglichst kostengünstig herzustellen. Um diese Aufgaben zu erfüllen, ist experimentelles Verhalten im Sinne von Versuch und Irrtum erforderlich, so wie es im marktwirtschaftlichen Wettbewerbsprozess geschieht. Wird der Wettbewerb abgeschafft, verlieren die Betriebe sowohl die Orientierung darüber, was die Verbraucher wünschen als auch darüber, wie die hergestellten Güter am kostengünstigsten hergestellt werden können.
Kapitalismus bedeutet permanente Revolution. In der Marktwirtschaft gibt es keinen Stillstand und kein Gleichgewicht. Neue Firmen treten auf den Plan; etablierte Firmen verschwinden. Neue Güter werden produziert und bestehende Güter modifiziert oder sie verschwinden aus dem Markt, genauso wie es mit neuen Produktionsmethoden geschieht. Im Zuge dieser Dynamik ändert sich laufend die Struktur der Wirtschaft, und was gestern noch galt, ist heute schon nicht mehr gültig. Dies heißt, dass es für Neuankömmlinge stets neue Chancen gibt. In der Marktwirtschaft werden die Karten immer wieder neu verteilt. Desgleichen geschieht bei den konjunkturellen Krisen, wenn die Vermögenspreise fallen. Diese Krisenzeiten eröffnen neuen Firmen mit neuen Ideen neue Chancen. Anstatt über die Krisen zu lamentieren, soll man sie als das begreifen, was sie sind: nämlich Phasen der wirtschaftlichen Umgestaltung.
Der Kapitalismus ist nicht vollkommen. Es gibt aber kein anderes Wirtschaftssystem, bei dem die Vorteile so sehr die Nachteile überwiegen. Vom kapitalistischen Wirtschaftssystem profitiert vor allem die breite Masse der Bevölkerung. Im Kapitalismus gelangen in die Hände selbst der Armen Güter, die früher nur den sehr wohlhabenden Familien vorbehalten waren. Der Kapitalismus produziert nicht nur Massenware, sondern auch neue und verbesserte Güter.
Wohlstand drückt sich nicht allein dadurch aus, dass man quantitativ mehr konsumiert, sondern dass man auch den Zugang zu besserer Qualität der Güter und zu einer größeren Vielfalt an Produkten hat. Heutzutage führt ein mittelgroßer Supermarkt ein Sortiment, das in die Zehntausende von verschiedenen Produkten geht.
Wirtschaftswachstum ist ein falscher Begriff, wenn es bedeuten soll, dass es um mehr desselben geht. Wachstum im Kapitalismus besteht in der Nutzung neuer besserer und billigerer Güter. Die Grundlage des wirtschaftlichen Wachstums ist bessere Produktivität, der technische Fortschritt in allen seinen Varianten. Antikapitalismus bedeutet Rückschritt. Kapitalismus wählen heißt Fortschritt wählen.
Antony P. Mueller: „Kapitalismus, Sozialismus und Anarchie“ (KDP 2021)
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