11. März 2025 18:00

Freiheit der Popkultur Ted Lasso

Der Feel-Good-Rocky

von Sascha Blöcker

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Bildquelle: KI: Grok (X)

Ich werde häufig nach meinen Lieblingsfilmen und -serien gefragt, und es ist nie leicht, diese Fragen zu beantworten. Warum? Filme und Serien können uns nur da abholen, wo wir uns im Augenblick des Anschauens befinden. Wenn ich also gerade frisch verliebt und in lustiger Stimmung bin, dann wird ein tiefgründiges Drama weniger in mir auslösen als in einem Moment, in dem auch ich durch ein „Drama“ gehe. Allerdings können Filme und Serien auch dafür sorgen, dass ich meine Situation anders angehe. So schaue ich mir, wenn ich wieder mal meinen faulen Arsch nicht hochbekomme, um einen Artikel zu schreiben oder Sport zu machen, immer wieder „Rocky“ an. „Rocky“ motiviert mich und Millionen weitere Menschen, er lässt uns glauben. Wenn mich also Leute fragen: Was ist deine Lieblingsserie? So antworte ich meist nach Gefühlslage.

Wenn ich aber sehe, dass ein Freund durch eine schwere Zeit geht, so greife ich mir ein Sechser Bier und eine Flasche Jack Daniels und besuche ihn. Da über Gefühle zu sprechen nicht meine Stärke ist, lasse ich andere sprechen. Und in einem Szenario, in dem jemand niedergeschlagen ist, gibt es für mich einen ganz besonderen Sprecher: Ted Lasso.

Wenn Sie die Serie bis heute nicht gesehen haben, überspringen Sie den Text bis zum Punkt „Handwerklich“ und sparen Sie sich die Serie für schwere Zeiten auf.

Überblick

„Ted Lasso“ ist eine amerikanische Comedy-Serie, die von Jason Sudeikis, Bill Lawrence, Brendan Hunt und Joe Kelly entwickelt wurde und am 14. August 2020 auf Apple TV+ Premiere feierte. Ursprünglich basiert sie auf einem Werbespot-Charakter, den Sudeikis für „NBC-Sports“ spielte, doch die Serie entwickelte sich zu einer tiefgründigen und herzerwärmenden Geschichte über Optimismus, Menschlichkeit und Zusammenhalt. Sie umfasst drei Staffeln (2020–2023) und wurde für ihren einzigartigen Ton und ihre Charakterentwicklung mehrfach ausgezeichnet, darunter mehrere Emmys, etwa für „Beste Comedyserie“.

Die Serie folgt Ted Lasso, einem amerikanischen College-Football-Trainer aus Kansas, der überraschend als Cheftrainer des fiktiven englischen Fußballclubs AFC Richmond in der Premier League engagiert wird – obwohl er keinerlei Erfahrung mit Fußball hat. Was zunächst wie ein absurder fish-out-of-water-Plot (Fisch auf dem Trockenen) wirkt, entpuppt sich als eine Geschichte über persönliche Entwicklungen, Teamgeist, Freundschaft und die Kraft des positiven Denkens.

Handlung

Staffel Eins: Der Neuanfang

Die Serie beginnt mit Ted Lasso, gespielt von Jason Sudeikis, der zusammen mit seinem Assistenten Coach Beard, gespielt von Brendan Hunt, nach London reist, um AFC Richmond zu übernehmen. Hinter seiner Anstellung steckt jedoch ein Plan: Die neue Clubbesitzerin Rebecca Welton, gespielt von Hannah Waddingham, hat Ted absichtlich engagiert, weil sie glaubt, dass ein unerfahrener Amerikaner den Club ruinieren wird. Dies ist ihre Rache an ihrem Ex-Mann Rupert Mannion, gespielt von Anthony Head, einem skrupellosen Frauenschwarm, der den Club einst besaß und immer noch liebt.

Ted trifft auf ein dysfunktionales Team: Der Starspieler Jamie Tartt, gespielt von Phil Dunster, ist egoistisch und arrogant, der erfahrene Kapitän Roy Kent, gespielt von Brett Goldstein, ist mürrisch und verbittert, und die Mannschaft insgesamt ist zerstritten und demotiviert. Hinzu kommen kulturelle Missverständnisse – Ted versteht weder die Regeln des Fußballs noch die britische Mentalität, was zu komischen Situationen führt, zum Beispiel seine Abneigung gegen Tee oder seine ständigen Motivationssprüche.

Doch Ted bleibt unerschütterlich positiv. Mit seinem Motto „Believe“ und kleinen Gesten – wie selbstgebackenen Keksen für Rebecca oder Ermutigungen für den schüchternen Equipment-Manager Nathan „Nate“ Shelley – gewinnt er nach und nach die Herzen der Menschen. Rebecca beginnt, ihre Sabotagepläne zu hinterfragen, als sie Teds aufrichtige Güte erlebt. Jamie wird durch den Druck seines neuen Trainers und den Einfluss von Roy gezwungen, über sein Verhalten nachzudenken, während Roy selbst durch Ted lernt, seine Führungsrolle anzunehmen.

Die Staffel endet mit einem bittersüßen Finale: AFC Richmond steigt in die Zweite Liga – Championship – ab, doch Ted hat das Team und die Menschen um sich herum geeint. Rebecca und Ted entwickeln eine Freundschaft, und die Grundlage für eine bessere Zukunft ist gelegt.

Staffel Zwei: Tiefergehende Entwicklung

In Staffel Zwei steht AFC Richmond vor der Herausforderung, wieder in die Premier League aufzusteigen. Ted bleibt optimistisch, doch die Serie nimmt eine ernstere Wendung und vertieft die Charaktere. Neue Figuren wie die Sportpsychologin Dr. Sharon Fieldstone werden eingeführt, um das Team mental zu stärken – und um Ted mit seinen eigenen inneren Dämonen zu konfrontieren.

Wir erfahren mehr über Teds Vergangenheit: Der Tod seines Vaters durch Suizid, als Ted ein Teenager war, hat ihn tief geprägt und erklärt seinen unermüdlichen Drang, andere glücklich zu machen. Er kämpft mit Panikattacken, die er zunächst verheimlicht, bis er sich Dr. Sharon öffnet. Diese Verletzlichkeit macht ihn noch menschlicher und zeigt, dass sein Optimismus kein Schutzschild, sondern eine bewusste Entscheidung ist.

Rebecca findet in dieser Staffel persönliches Glück, unter anderem durch eine Romanze mit dem jungen Spieler Sam Obisanya. Roy, nun im Ruhestand, wird Co-Trainer und kämpft mit seiner Identität außerhalb des Spielfelds, während seine Beziehung mit Keeley Jones (Juno Temple), der PR-Managerin des Clubs, an Tiefe gewinnt. Jamie kehrt zum Team zurück, reifer und bereit, sich zu beweisen, was zu einer komplexen Dynamik mit Roy führt.

Ein Schockmoment ist Nates Wandel: Der einst schüchterne Nate wird selbstbewusster, aber auch arroganter. Am Ende der Staffel verrät er Ted, indem er der Presse von dessen Panikattacken erzählt und nimmt ein Angebot als Cheftrainer beim rivalisierenden Team West Ham United an, das nun Rupert gehört. Die Staffel endet mit einem Unentschieden im entscheidenden Spiel, aber der Fokus liegt auf den persönlichen Triumphen und Rückschlägen der Charaktere.

Staffel Drei: Der Höhepunkt

Die dritte und bisher letzte Staffel konzentriert sich auf AFC Richmonds Rückkehr in die Premier League und den Kampf gegen starke Gegner – insbesondere West Ham unter Nates Führung. Ted bleibt der emotionale Anker, doch die Serie zeigt ihn zunehmend reflektierend über seine Rolle und sein Leben in England, fern von seinem Sohn Henry in den USA.

Rebecca strebt danach, Rupert endgültig zu besiegen, nicht durch Rache, sondern durch den Erfolg des Clubs. Roy übernimmt mehr Verantwortung als Trainer und arbeitet an seiner emotionalen Reife. Jamie wird zum wahren Teamplayer und erlebt einen der emotionalen Höhepunkte der Staffel, als er mit Roy und anderen Spielern zusammenarbeitet.

Nate durchläuft eine Erlösungsreise: Nach einem schlechten Gewissen über seinen Verrat kehrt er zu seinen Wurzeln zurück, versöhnt sich mit Ted und findet seinen Platz außerhalb des Rampenlichts. Die Staffel gipfelt in einem dramatischen Spiel gegen West Ham, das Richmond gewinnt, gefolgt von einem emotionalen Abschied: Ted entscheidet sich, nach Kansas zurückzukehren, um bei seinem Sohn zu sein, überlässt das Team aber in guten Händen bei Roy, Beard und den Spielern.

Das Finale zeigt, wie Teds Einfluss alle verändert hat – von Rebeccas neuem Lebensmut über Roys Offenheit bis hin zu Nates Demut. Die Serie schließt mit einem Gefühl von Vollendung, ohne alle Fragen zu beantworten, was ihren bittersüßen Charme ausmacht.

Handwerklich

Es ist nur vordergründig eine Fußballgeschichte, eigentlich geht es um Menschen. Wenn ein Film oder eine Serie den Schwerpunkt auf Charaktere legt, dann sind handwerklich zwei Dinge relevant:

Erster Punkt: das Storytelling. Wer Geschichten über Menschen schreibt, muss Menschen verstehen. Sie dürfen keine Stereotypen sein, aber natürlich ist es bei jedem von uns so, dass wir nach außen schon auf unsere Darstellung achten und deshalb nur die wenigsten unsere gesamte Bandbreite kennen. So müssen meiner Meinung nach auch Figuren geschrieben werden, und das gelingt der Serie „Ted Lasso“ ganz ausgezeichnet. Denn genau wie wir Menschen im echten Leben erst mit der Zeit näher kennenlernen und hinter ihren „Schutzpanzern“ schauen dürfen, so ist es auch mit den Charakteren in der Serie.

Zweiter Punkt: das Schauspiel. Die beste Geschichte bringt nichts, wenn du niemanden hast, der sie glaubhaft präsentiert. Die Darstellung in der Serie ist durchweg gut bis sehr gut, was dafür sorgt, dass die Figuren uns auch etwas bedeuten. Dennoch möchte ich meine Favoriten hier einmal auflisten:

Ted Lasso, gespielt von Jason Sudeikis, bekannt aus „Kill the Boss“ und „Wir sind die Millers“.

Rupert Mannion, gespielt von Anthony Head, bekannt aus „Buffy“ und „Die Eiserne Lady“.

Roy Kent, gespielt von Brett Goldstein, ist nicht besonders bekannt.

Die Geschichte hinter Ted Lasso

Wer sich jetzt auf die Suche nach „Ted Lasso“ macht, der wird eventuell auf die alten Werbespots stoßen, bei denen es darum ging, den englischen Fußball in den USA zu bewerben. Dieser Ted Lasso ist aber eigentlich ein ganz anderer als der, den wir in der Serie bekommen haben. Zum Glück. Verantwortlich für diese und weitere Änderungen ist niemand Geringerer als Bill Lawrence. Der Name sagt Ihnen was? Ja, er ist das Genie hinter „Scrubs – Die Anfänger“. Er war es auch, der Jason Sudeikis überzeugt hat, eben keine Sport-Comedy zu machen, sondern eine Work-Comedy. So wie „Scrubs“ eine ist. Da ist es auch kein Zufall, dass Zach Breff (Dr. John Dorian), der Regisseur für die zweite Folge von „Ted Lasso“ war.

Staffel Drei

Staffel Drei hat so ihre Probleme, was im Schwerpunkt daran liegt, dass Bill Lawrence eigentlich schon an einem ganz anderen Projekt gearbeitet hat: „Shrinking“ mit Harrison Ford und Jason Segel. Dennoch habe ich als Zuschauer die dritte Staffel gebraucht. Und wer die ersten beiden Staffeln gesehen hat, weiß genau, wie es ausgeht, denn wir kennen die Figuren, wir verstehen jede einzelne ihrer Entscheidungen. Deshalb war das Ende folgerichtig und gewissermaßen unausweichlich. Ich verdanke dieser Serie zu viel, um ihr in irgendeiner Form böse zu sein.

Fazit

„Ted Lasso“ ist eine absolute Feel-Good-Serie, die aber an keiner Stelle dumm oder zu albern ist. Es ist die Geschichte eines zugegebenermaßen leicht überspitzten American-Spirit-Coaches, der ebendiesen nach Europa trägt. Aber nicht in belehrender Art und Weise, sondern als eine Art Geschenk. Er selbst bleibt natürlich auch nicht derselbe und bringt am Ende auch ein Stück England mit nach Amerika. Was ein schöner Abschluss ist, wenn man bedenkt, dass genau das der Grund dafür war, dass die Figur Ted Lasso erfunden wurde. Auch ich, der mit Fußball wirklich gar nichts anzufangen weiß, habe mich dann irgendwann dabei erwischt, wie ich in die Fangesänge mit eingestiegen bin. Und genau wie Ted habe ich mehr als eine Staffel gebraucht, um die Abseitsregel zu verstehen. Nur kann ich mich bis heute nicht damit abfinden, dass Spiele unentschieden ausgehen.

„Ted Lasso“ ist etwas ganz Besonderes und wer die Serie gesehen hat, möchte unweigerlich etwas mehr wie Ted sein. Mir ging es auf jeden Fall so, und ich glaube, diese ganz besondere Serie hat mich zu einem gütigeren Menschen gemacht. Heben Sie sich „Ted Lasso“ für schwere Zeiten auf, er kann Wunder bewirken, und deshalb ist die Serie mehr als eine Sportserie – es ist eine Feier des Menschlichen, verpackt in herzlichem Humor und bewegenden Momenten. Über drei Staffeln hinweg zeigt sie, wie ein Außenseiter nicht nur ein Team, sondern eine ganze Gemeinschaft verändern kann. Die Serie endet mit Teds Rückkehr nach Hause, aber sein Vermächtnis lebt in den Figuren und Zuschauern weiter.


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