10. Februar 2023 19:00

Schuldenturmbau zu Babel: Teil 1 Inflation durch Staatsverschuldung

Präzise Inflationsdefinition – wider die Sprachverwirrung!

von Benjamin Mudlack

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Die Menschheitsgeschichte ist geprägt von Größenwahn, Allmachtsphantasie, Täuschung, Betrug und auch von Selbstüberschätzung einzelner Menschen. Das kreditbasierte Wirtschaften und das Auftürmen immer größerer Schuldenberge der heutigen Zeit erinnern an den Turmbau zu Babel – allerdings in dem Fall eher an eine umgedrehte Pyramide. Je niedriger die Eigenkapitalquoten, also je mehr Fremdkapital und Schulden im Spiel sind, desto spitzer und wackeliger wird die Pyramide. Man könnte umgekehrt auch sagen: Je größer das Eigenkapital ist, desto stabiler und solider ist das Fundament auf dem das jeweilige Projekt (oder die Volkswirtschaft als solche) errichtet worden ist.

Doch zurück zur Analogie des Turmbaus zu Babel und der damit verbundenen Allmachtsphantasie. Die Menschen sollen seinerzeit das Ziel gehabt haben, einen Turm zu errichten, um Gott buchstäblich näherzukommen. In der Interpretation wird das Turmbau-Projekt beziehungsweise dessen Narrativ als Versuch der Menschheit angesehen, Gott sogar gleichzukommen. Wegen dieser Selbstüberhebung soll Gott den Turmbau unblutig zum Stillstand gebracht haben, indem er eine Sprachverwirrung hervorgerufen haben soll. Die damit verbundenen unüberwindbaren Verständigungsschwierigkeiten sollen zur Aufgabe des Projektes geführt haben. Aus dem Grund sollen sich dann die am Projekt beteiligten Menschen über die ganze Erde zerstreut haben.

Heute ist die Fortsetzung der Schuldenturmbauten nur noch durch Sprachverwirrung möglich

Genau betrachtet, kann man neben der Sprachverwirrung auch von einer Definitionsverwirrung und der Verbreitung statistischer Verfälschungen sprechen. Selbige begünstigen die Geldverschlechterung, die man im Mittelalter auch als Münzverwirrung (Münzverschlechterung durch Herabsetzung des Edelmetallgehaltes) bezeichnete.

Die Menschen werden seit Jahren beruhigt, indem man ihnen versichert, die Zentralbank habe die Geldwertstabilität im Griff. Im Griff heißt in dem Fall, dass Geldwertstabilität auf einen Kaufkraftverlust von zwei Prozent pro Jahr definiert ist. Durch welche Mittel und Modelle man dieses Ziel auch immer exakt erreichen möchte, bleibt im Nebel. Und es gilt festzuhalten, dass die Menschen auch bei zwei Prozent langsam und schleichend enteignet werden. Jedoch sind die Menschen der Auffassung, dass eine gewisse Preissteigerung normal sei.

Dieser Glaubenssatz wurde ihnen jahrzehntelang durch permanente Wiederholung über das Bildungssystem und durch stetige Medienarbeit vermittelt. Die mathematischen Modelle der Europäischen Zentralbank zur Erreichung der Zwei-Prozent-Zielmarke sind nachweislich gescheitert, wie auch jüngst der ehemalige Chef-Ökonom der Deutschen Bank Prof. Dr. Thomas Mayer konstatierte. Und auch die Kommunikationspolitik war extrem unglaubwürdig. Noch im Jahr 2021, als die Preissteigerungen bereits stark sichtbar wurden, sprachen offizielle Vertreter der EZB von einer vorübergehenden Situation. Das Schlimmste sei überstanden. Wir wissen mittlerweile, dass mit dieser Prognose gewaltig danebenlagen. Ich würde sogar noch weitergehen als der von mir sehr geschätzte Thomas Mayer. Es ist für eine zentralverwaltende Stelle gar nicht möglich, sämtliche Implikationen zu berechnen, um die Zielmarke zu erreichen. Menschliches Handeln und die Auswirkungen auf Preisentwicklungen lassen sich unmöglich berechnen oder prognostizieren.

Auch die von statistischen Ämtern veröffentlichten Preissteigerungsraten sind auf Basis von höchst subjektiv zusammengestellten Warenkörben ermittelt. Sie berücksichtigen viele Güterklassen (zum Beispiel Vermögensgüterpreise: Immobilien, Aktien und so weiter) nicht, und es macht eher den Eindruck, dass die veröffentlichte Zahl künstlich heruntergerechnet wird.

Wenn wir nun zur Umkehr der Sprachverwirrung kommen, dann wird das Motiv deutlich. Die heute weitverbreitete Definition der Inflation weist erhebliche Unschärfen auf. Die ökonomischen Analysten der heutigen Kommunikationswelt beziehen ausschließlich Stellung zu den veröffentlichten Preissteigerungsraten. Und diese wird dann auch noch fälschlicher- und irreführenderweise als Inflation bezeichnet. Der Entwicklung der Geldmenge widmen die benannten Herrschaften keine Aufmerksamkeit beziehungsweise weisen sie gar einen monetären Zusammenhang zu den Preissteigerungen zurück. Gestatten Sie mir anhand der nachfolgend skizzierten Punkte, das Geschehen um die Geldentwertung zu präzisieren:

Erstens: Die Differenzierung und klare begriffliche Abgrenzung zwischen Geldmengenwachstum und Preissteigerungen sind essenziell. Die oft medial in Erscheinung tretenden Protagonisten sprechen ausschließlich von Inflation und meinen damit die Preissteigerung.

Zweitens: Geldmengenwachstum entsteht durch zusätzliche Kreditvergabe. Gerade in der jüngeren Vergangenheit zeichneten im Euro-Raum hauptsächlich die Staaten für die Ausweitung der Geldmenge verantwortlich.

Drittens: Durch die staatliche Kreditaufnahme (zusätzliche Verschuldung) steigt die Geldmenge. Dieser Vorgang ist als Inflation zu bezeichnen – eine Begrifflichkeit, die an das Lateinische „inflare“ angelehnt ist. Inflare bedeutet so viel wie aufblasen, anschwellen lassen oder aufblähen. Wenn man die Menge eines Gutes ausweitet, dann sinkt der Grenznutzen jeder einzelnen Einheit des jeweiligen Gutes. Das ist ein Naturgesetz, das auch für Geld gültig ist. Das Geld wird durch die mengenmäßige Ausweitung verschlechtert.

Viertens: Die Inflation ist die Ursache für das Symptom der dann eintretenden Preissteigerungen. Die durch die Ausweitung der Staatsschulden (und Kreditausweitung im Allgemeinen) gestiegene Geldmenge wird nachfragewirksam und verknappt in den Märkten, in denen es zu einer höheren Nachfrage kommt, das Angebot. In der Folge steigen durch die Verknappung die Preise. Es stellt sich ein entsprechend höherer Marktgleichgewichtspreis ein. In welchen Märkten das stattfindet, kann im Vorfeld niemand prognostizieren, und auch eine nachträgliche Erfassung kann nur rein subjektiver Natur sein. Im Grunde sind die veröffentlichten Preissteigerungsraten eine politisch motivierte statistische Illusion ...

Wenn dann die Preissteigerungen in der Bevölkerung zu Unmut führen und ein Macht-/oder Zustimmungsverlust für die politischen Parteien droht, dann werden politische Umverteilungsmaßnahmen gefordert. Die sogenannten verschiedenen Entlastungspakete sind dafür ein Beispiel.

Auch diese Maßnahmen, da nicht durch Steuereinnahmen gedeckt, führen zu einer Ausweitung der Staatsschulden. Die Geldmenge wird weiter inflationiert, der Schuldenturm wächst und die Politik erweckt den Anschein, alles im Griff zu haben. Es handelt sich bei dem Wort Entlastungspaket nach meiner Einschätzung wiederum um eine Ausprägung der Sprachverwirrung. Vordergründig ist von Entlastung die Rede. Jedoch fallen die Mittel nicht vom Himmel. Entweder werden Menschen durch Steuern belastet, damit andere entlastet werden können, oder aber die Mittel werden durch neue Schuldenaufnahme auf Kosten der Geldmengeninflationierung geschaffen. Der Grenznutzen und Tauschwert jedes einzelnen Euro sinkt, und in der Folge werden die Menschen zeitverzögert durch den Kaufkraftverlust (bedingt durch die Preissteigerungen) zur Ader gelassen. Die sprachliche Täuschung scheint per heute ebenso wie die monetäre Täuschung zu funktionieren.

An Zahlen festgemacht und auf den Zeitraum von 2010 (Beginn der Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Euro) bis Ende 2022 bezogen:

  • Die Staatsverschuldung stieg in der Euro-Zone von etwas über 8.000 Milliarden Euro auf nun knapp 12.000 Milliarden Euro. Das entspricht einer Zuwachsrate von nahezu 50 Prozent.
  • Die Geldmenge stieg um 71 Prozent auf derzeit etwas über 16.000 Milliarden Euro.
  • Die Häuserpreise stiegen in dem Zeitraum im Bundesdurchschnitt um ungefähr 110 Prozent.
  • Der durchschnittliche Nettolohn stieg um 39 Prozent. Die Diskrepanz zu den Steigerungen im Häuserpreisbereich ist beachtlich und hat eine enteignende Wirkung. Es wird schwerer für die arbeitende Bevölkerung, ein Haus zu erwerben, um finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen.
  • Die von den Behörden errechnete Wirtschaftsleistung steigt sehr langsam an. Allein der Umstand der Preissteigerungen auf breiter Front erhöht automatisch die errechnete Wirtschaftsleistung. Bereinigt um das Geldmengenwachstum, sieht es düster aus. Die Schuldenquoten (Relation Staatsverschuldung zu Wirtschaftsleistung) steigen folglich gewaltig.

Der Schuldenturm der Bundesrepublik Deutschland beläuft sich per September 2022 auf einen offiziell ausgewiesenen Betrag von über 2.300 Milliarden Euro. Würde Deutschland wie ein Unternehmen bilanzieren, so könnten Sie die Länge des Schuldenturms über den Daumen mit dem Faktor sechs multiplizieren. Er wäre also sechsmal so hoch wie amtlich angegeben!

Die Stiftung Marktwirtschaft errechnete für 2022 eine versteckte Staatsverschuldung von 14.200Milliarden Euro. Die Politik rechnet den Menschen die Staatsverschuldung schön, und auch dieser Punkt ist als Verwirrung und Täuschung zu bezeichnen. Zusätzliche staatliche Schuldenaufnahme als Sondervermögen zu etikettieren, ist auch nichts anderes als eine weitere Form der Sprachverwirrung.

Insofern sind der kritische Bürger und auch derjenige Bürger, der aufklärt und erklärt, gefragt. Es benötigt eine klare Abgrenzung dessen, was Inflation ist, wie sie entsteht und welche Folgen daraus resultieren. Darüber hinaus braucht es ein Ende der Schönrechnerei und Schönfärberei durch Sprachverwirrung.

Während die Sprachverwirrung den Turmbau zu Babel ohne Gewalt beendet haben soll, so hält die Sprachverwirrung der heutigen Zeit den Schuldenturmbau noch aufrecht. Global gesehen, sprechen wir von den höchsten Schuldentürmen der Menschheitsgeschichte. Jedoch gelten nach wie vor die Naturgesetze. Alles, was zu hoch und ohne solides Fundament (zu wenig Eigenkapital – zu viele Schulden) gebaut wurde, wird die Erdanziehungskraft eines Tages zu Fall bringen. Die Natur wird sich früher oder später – man weiß nicht wann – wiederum als Lehrmeister erweisen und die Schuldentürme zum Einsturz bringen. Die Sprachverwirrung und Allmachtsphantasien sind nicht auf die Geld- oder Fiskalpolitik zu begrenzen. Sie sind ein fester Bestandteil unseres Lebens und des Geschäftes der politischen Unternehmer – also von denen, welche die Bewirtschaftung der Menschen (Zitat Franz Oppenheimer, Doktorvater Ludwig Erhards) als Geschäftsmodell für sich und ihre sogenannten „Stakeholder“ (Sonderinteressengruppen) identifiziert haben.

Mit den nachfolgenden Fragen verabschiede ich mich in das Wochenende und kümmere mich für die nächste Woche um den zweiten Teil des Schuldenturmbaus zu Babel:

  • Seit wann differenzieren Sie zwischen Geldmengenwachstum (Inflation) und Preissteigerungen als kaufkraftraubendes Element?
  • Würden Sie einen hohen Turm ohne solides Fundament betreten oder Ihr Haus auf Sand bauen?
  • Sind Sie der Auffassung, dass sich der Mensch auf die Dauer von Naturgesetzen und somit der Realität lossagen kann?
  • Wenn Schuldentürme in der Menschheitsgeschichte wackelten, kam es oft auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Sind Sie sich dieser Tatsache bewusst?
  • Glauben Sie, dass es denkbar wäre, dass die Schulden des Staates eines Tages gegen die Guthaben der Menschen getauscht werden?

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