04. April 2023 08:00

Guter Einkauf: Detroit: Become Human Ein Blick in die Zukunft

Ein spielbarer Film über die KI als alltäglicher Androidenbegleiter

von David Andres

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Zweitausend Seiten Drehbuch. Das soll erstmal einer nachmachen im derzeitigen Hollywood. Zweitausend Seiten möglicher Handlung, von denen der Spieler nur dann jemals alle zu Gesicht bekommt, wenn er „Detroit: Become Human“ immer wieder durchlebt und dabei ganz bewusst andere Entscheidungen trifft. Ein Mitte 2018 erstmals erschienenes Meisterwerk, das mir deswegen nachträglich zu empfehlen in den Sinn kommt, weil ich die Einschätzung des Kollegen Oliver Gorus aus seinem Beitrag „Warum ChatGPT und Kollegen nicht die Weltherrschaft übernehmen“ vom 29. März nicht teile.

In der Dystopie des spielbaren Films aus der Feder von David Cage erleben wir eine nahe Zukunft, in der Androiden ein so selbstverständlicher Teil des Alltags geworden sind, wie es die Smartphones seit langem sind und künstliche Intelligenzen wie „ChatGPT“ seit Beginn des Jahres. Die als Haushaltshilfen, Krankenpfleger, Beamte, Soldaten, Handwerker und nicht zuletzt auch als Prostituierte arbeitenden Androiden sind von Menschen nur noch durch eine kleine LED-Anzeige an der Schläfe zu unterscheiden. Sie haben den Turing-Test längst bestanden, denken komplex und selbstbewusst und offenbaren im Laufe des Spieles mehr Empathie als die Humanoiden. Sie werden aber auch zu Mördern, weshalb der Spieler als einen von mehreren Charakteren einen Androiden lenkt, der als Ermittlungshelfer der Polizei diesen Morden nachgeht.

Ferner spielt man, immer abwechselnd als drei Plotlinien verschachtelt, die Haushaltshilfe Kara und den Pfleger Markus. Kara arbeitet bei einem Opfer der Hochtechnologisierung, dem ehemaligen Taxifahrer und einfachen Arbeiter Todd, der Jobs und Frau an die Androiden verloren hat. Für seine junge Tochter ist der nach Alkohol und der Droge „Red Ice“ süchtige Choleriker eine Gefahr. Der Pflege-Android Markus wiederum bewegt sich in ganz anderen ökonomischen Gefilden – er kümmert sich in einer beeindruckenden Villa um den Maler und Freigeist Carl Manfred, einen Mann der Elite, der seinen Androiden vom Erfinder dieser KI-Wesen, Elijah Kamski, höchstpersönlich geschenkt bekam. Vergleichbar also damit, dass Elon Musk hierzulande Gerhard Richter seinen persönlichen Begleiter übergibt. Markus bedeutet dem Künstler mehr als sein eigener, verlotterter Sohn. Die Stadt, in der alles spielt, ist mit Detroit mehr als vielsagend gewählt – diese ehemalige Metropole der Autoindustrie ging bereits vor dem Aufstieg der KI als Opfer des Fortschritts vor die Hunde. 

„Detroit: Become Human“ ist nicht nur deshalb eine Kaufempfehlung, weil es auch fünf Jahre nach Erscheinen noch zeigt, was Spiele narrativ können, sondern auch, weil es eine überaus denkbare Zukunft zeichnet. Nehmen wir das Tempo, in dem „ChatGPT“, „Bard“ und all die anderen künstlichen Intelligenzen sich entwickeln werden, kombinieren wir es mit der Hardware von „Boston Dynamics“ und mit den finanziell breit unterstützten Ideologien der Transhumanisten, dann läuft es genau auf dieses Szenario hinaus. Inklusive einer weiteren Spaltung der Gesellschaft in Fans dieser doch ganz harmlosen und supernützlichen nächsten Bequemlichkeit nach Alexa, digitalem Geld, „ChatGPT“, „Earthlink“, selbstfahrendem Auto, „Smart Home“ und erbitterte, militante Gegner, welche die Androiden tätlich angreifen und zu zerstören trachten.

Würde man das Spiel heute nochmal neu schreiben und einen libertären und zugleich satirischen Geist in die zweitausend Seiten bringen, ließe sich noch einbauen, wie das wirtschaftlich-politische Establishment, das diese Entwicklung pusht, den Androiden aus reinem, ethischen Edelmut schnell Personenrechte zuspricht und somit alle Gegner als Rassisten gegen diese neue Spezies brandmarkt.

„Detroit: Become Human“ erhalten Sie für PCs zum Download im Vollpreis sowie in gebrauchtem Zustand für die PlayStation Vier bereits für wenige Euro im Netz oder im Second-Hand-Shop Ihres liebsten Kiezes. 

Quellen:

Warum ChatGPT und Kollegen nicht die Weltherrschaft übernehmen (Freiheitsfunken)

Google Bard: Die Antwort auf ChatGPT? (entwickler.de)

Boston Dynamics. Changing your idea of what robots can do. (Unternehmensseite)


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