Guter Einkauf: Handeln unter Nachbarn: Aufruf zum Plattformenboykott
Zurück in die reale Welt
von David Andres
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Kürzlich lag mir eine Replik in den Fingern, eine Antwort auf den Beitrag von Thorsten Brückner mit dem Titel „Kulturkampf um die Redneck-Plörre“. Der Kollege macht sich dort ein wenig lustig über den vermeintlich verbissenen Kulturkampf in den Vereinigten Staaten, wo konservative Seelen gerade die Biermarke Budweiser boykottieren, da sie sich dem woken Zeitgeist anbiederte und Werbung mit der Trans-Influencerin Dylan Mulvaney machte. Der Boykott des Bieres war offenbar dermaßen wirksam, dass der Chef des Mutterkonzerns Anheuser-Busch Inbev (AB Inbev), Michel Doukeris, nicht nur die zuständige Führungskraft bei Budweiser feuern ließ, die alles darauf trimmen wollte, die Marke „inklusiver“ zu machen, sondern zugleich auf lächerlichste Weise zurückruderte, indem er das Posting des Trans-Stars rein technisch als „Beitrag“ und nicht als gebuchte „Werbung“ definierte.
Konsum, das ist die einzig existente Demokratie, ein tägliches Abstimmen mit den Füßen und der Geldbörse und daher, anders als Kollege Brückner es sieht, rundum zu begrüßen. In diesem Sinne rufe ich hiermit dazu auf, fortan Handelsplattformen wie „eBay-Kleinanzeigen“ und „eBay“, aber auch Gebrauchtwarenankäufer wie „momox“ oder Spezialplattformen wie die Musikbörse „Discogs“ insofern zu boykottieren, als dass Sie darauf nichts daheim Aussortiertes mehr verkaufen sollten.
Nun mögen manche, die keinen Premium-Account von YouTube haben und daher die besonders penetrant ausgespielte Werbung von eBay-Kleinanzeigen (bald nur noch „Kleinanzeigen“) sehen, denken, es ginge mir darum, dass dieser digitale Trödelmarkt nun auch seine Kampagne rund um ein Storytelling mit schwulen Paaren aufbaut, während die Basis der real existierenden Nutzer aus durchschnittlichen Hetero-Mittelstands-Familien sowie südländischen „was letzte Preis?“-Krämern besteht. Nein, weit gefehlt. Es geht darum, dass seit Beginn des Jahres Plattformen wie eBay-Kleinanzeigen entlang des neuen „Plattformen-Steuertransparenz-Gesetz (PStTG)“ auf einmal „bestimmte personen- und transaktionsbezogene Daten seiner Nutzer an die zuständigen Steuerbehörden melden“ müssen. Und zwar immer dann, wenn die Umsätze 2.000 Euro aufwärts „nach Abzug von Gebühren, Provisionen oder Steuern betragen“ oder wenn pro Jahr mehr als „30 Transaktionen“ anfallen.
Haben Sie schon mal einen Haushalt aufgeräumt? Nebenher Dinge, die sie einst neuwertig und teuer erwarben, einfach irgendwann für einen Bruchteil des Kaufpreises wieder veräußert? Machen Sie sich die Mühe, einen Stand auf dem realen Trödelmarkt aufzustellen, wenn Sie dort schon erwarten, unter dreißig Verkaufsvorgängen zu bleiben?
eBay-Kleinanzeigen selber versucht, seine Nutzer in den Erläuterungen zu dem Gesetz zu beruhigen. „Selbst wenn du die Grenzwerte erreichen solltest“ heißt es da im üblichen, anbiedernden Duz-Jargon, „dürfte die Übermittlung der Informationen an die Steuerbehörden in der Regel keine Folgen für deine persönliche Steuerschuld haben. Denn private Veräußerungsgeschäfte mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs sind von der Steuerpflicht ausgenommen. Auch für die Veräußerung von Gegenständen, die nicht dem täglichen Gebrauch dienen, gilt oft Steuerfreiheit. Ohnehin müsstest du lediglich Gewinne versteuern – wenn du also durch den Verkauf mehr erlöst als du zuvor beim Kauf bezahlt hast. Auch in diesen Fällen gelten Freibeträge.“
Mit anderen Worten – es kann alles gut ausgehen, doch zuvor hast du dich nun auch hier der Prüfung durch das System zu stellen und nackt zu machen. Die steuerliche Identifikationsnummer müssen sämtliche Plattformen schließlich ebenfalls erheben.
Die Plattformen selber können natürlich nichts für dieses neueste bürokratische Monster, das Tausende Beamte damit beschäftigen wird, Nutzertransaktionen zu prüfen, aber wir sollten dennoch augenblicklich alles Trödeln in der virtuellen Kommunikationswelt einstellen. Nicht weitermachen und Buch führen bis zum 29. Verkauf. Nein, aufhören. Denn stellen wir uns vor, dass nun Millionen von Nutzern alle diese Plattformen verlassen; nicht umsonst intensivieren sie gerade ihre Werbung.
Was dann?
Kann es denkbar sein, dass die Lobbyisten von Amazon (deren Marketplace ist ja ebenfalls betroffen), eBay oder eBay-Kleinanzeigen (das wie „mobile.de“ längst dem börsennotierten Internetkonzern Adevinta gehört) dann womöglich in Brüssel einmarschieren und den dortigen Gesetzesmachern, deren Schwachsinn in die einzelnen Staaten durchsickert, ein wenig die Flötentöne lesen?
Sei‘s drum, ob das geschieht – für uns sollte dieser weitere Übergriff des Staates bedeuten, uns in Sachen Trödelei und Ausmisten wieder komplett ins Analoge und Reale zurückzuziehen. Lokale Gebrauchtwarengeschäfte, gedruckte Kleinanzeigen im Ortsblättchen, die im vergangenen Sommer von mir an dieser Stelle gelobten Trödelmärkte, und – nicht zu unterschätzen – das Handeln und Sich-Umhören unter Nachbarn.
Und falls jemand von Ihnen den eingangs erwähnten Budweiser-Boykott auch hierzulande mitmachen möchte: Dem Anheuserkonzern gehören unter anderem Beck’s, Franziskaner, Hasseröder, Diebels und Corona. Das Bier, nicht das Virenpatent.
Auf einen guten Sommer.
Quellen:
Informationen zum Plattformen-Steuertransparenzgesetz bei eBay (ebay)
Informationen zum Plattformen-Steuertransparenzgesetz bei eBay Kleinanzeigen (ebay-Kleinanzeigen)
DAS melden Ebay & Co ans Finanzamt (Chat, Angebotspreis etc!) (TaxPro) (YouTube)
Kulturkampf um die Redneck-Plörre (Freiheitsfunken)
Guter Einkauf: Der Trödelmarkt | Von Mensch zu Mensch (eigentümlich frei)
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