21. November 2023 17:00

Kognitive Kriegsführung – Teil 2 Der Weg in die Selbstzerstörung von Herrschaft ist beschritten

Ein bisschen individueller Widerstand reicht, ihn zu beschleunigen

von Christian Paulwitz

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Bildquelle: Shutterstock Ausbruch aus dem kognitiven Kriegskäfig: Widerstand beginnt bei jedem selbst

Vor einer Woche habe ich in Grundzügen angerissen, was man unter „kognitiver Kriegsführung“ versteht, und weiter, dass sie als strategisches Feld bereits definiert ist und bearbeitetet wird. Sie richtet sich gegen den Menschen selbst und die Bekämpfung seiner Autonomie auf jeder Ebene, macht ihn zum Kriegsschauplatz, um Einfluss zu nehmen auf seinen Verstand, seine Gefühle, seine Wahrnehmung von der Welt und schließlich sein Handeln. Heute möchte ich noch stärker die Konsequenzen diskutieren, die sich aus dieser neuen Realität ergeben, dass das Schlachtfeld einmal eröffnet worden ist.

Hier gibt es zunächst die persönliche Konsequenz, die ausdrückliche Entscheidung zu fassen, sich nicht manipulieren zu lassen. Nach Sören Kierkegaard gibt es nur zwei Möglichkeiten, der Täuschung zu erliegen: Entweder man glaubt, was nicht wahr ist, oder man weigert sich zu glauben, was wahr ist. Hinzufügen möchte ich, wie schon mehrfach in meiner Kolumne diskutiert, dass Wahrheit an sich objektiv, auf der rationalen Ebene zu erkennen ist und unabhängig von Emotionen besteht. Dies anzuerkennen ist die notwendige Voraussetzung dafür, sich der Täuschung überhaupt widersetzen zu können.

Der erste Schritt ist dann, wie Jonas Tögel in seinem Buch anmerkt, eine möglicherweise vorhandene Weigerung zu überwinden, sich einzugestehen, selbst – wie im Grunde jeder Mensch – manipulierbar zu sein, und den Energieaufwand aufzubringen, den der geistige Widerstand erfordert. Da man als Mensch ständig von seinen sozialen Interaktionen beeinflusst wird und darauf angewiesen ist, Informationen aufzunehmen und zu bewerten, um sich ein Bild von der Realität zu machen und Entscheidungen zu treffen, ist es unmöglich, sich vollständig der Manipulation zu entziehen. Aber man kann durch den fortgesetzten Prozess der Informationssuche und -bewertung sich immer wieder korrigieren, wenn man falsch liegt. Als zweiten Schritt empfiehlt Tögel, „dem Rat der NATO-Strategen zu folgen“ und die Geschehnisse auf der Welt als miteinander vernetzte Ereignisse zu betrachten. Im Falle von Konflikten und Kriegen seien nicht nur die militärischen, oder allgemein die offenkundig sichtbaren Aspekte politischer Aggression zu beachten, sondern auch die sozialen, (geo-) politischen, wirtschaftlichen und informationellen Gesichtspunkte.

Nun bin ich persönlich gerne etwas zurückhaltend, um aus korrelierenden Interessen und Ereignissen sofort eine Ursache-Wirkung-Beziehung abzuleiten. Die Details einer Verschwörung können ja nur tief an ihr beteiligte Personen kennen. Wichtig ist erst einmal, aufgrund von Wissen über korrelierende Aspekte eine gewisse Skepsis gegenüber allzu holzschnittartigen Erklärungsmustern zu entwickeln, die die emotionale Ebene besonders stark ansprechen und zu einer Parteinahme drängen. Das führt zum nächsten Schritt, der aus der Erkenntnis folgt, dass ein kognitiver Krieg geführt wird – unter den Bedingungen der digitalen Massengesellschaft praktisch ständig, in allen politischen Fragen. Man kann sich ihm letztlich nicht entziehen, sondern nur entscheiden, als Opfer an ihm teilzunehmen, oder Widerstand zu leisten, angefangen an sich selbst und der Energieleistung, der Propaganda nicht einfach zu folgen. Allein die Diskussion über die Zentralisierung der Bekämpfung sogenannter Falschnachrichten zeigt bereits die Institutionalisierung der kognitiven Kriegsführung.

Widerspruch ist gefragt, um der Wirkung des kognitiven Krieges entgegenzutreten. Der digitale Raum dient nicht nur der Verbreitung von Propaganda, sondern ist auch Raum für Widerspruch. Um eine konstruktive Wirkung zu entfalten, muss er auf rationaler Ebene geführt werden und geeignet sein, zum Überdenken von Positionen anzuregen. Gerade in sozialen Netzwerken, aber auch in der physischen Öffentlichkeit ist der Adressat eines begründeten Widerspruchs nicht unbedingt der unmittelbare Diskussionspartner, sondern die Mitleser und Zuhörer. Erstes Ziel ist die Erschwerung der einfachen Parteinahme, das Spaltungsziel der Machtausübenden, das die Gefolgschaftsbildung zur Folge hat. Letzte Woche habe ich in diesem Sinne auf das Aufbrechen von Kollektivbetrachtungen durch die Diskussion von objektivem Recht und Unrecht aus Sicht betroffener Individuen als Möglichkeit hingewiesen. Kollektivbildende Gegenbetrachtungen verschärfen dagegen die Frontbildungen und Spaltungsnarrative und sind zu vermeiden. Wer einmal mit Überzeugung Partei ergriffen hat, ist nur sehr schwer daraus zu lösen und dagegen weitaus offener für alles, was seine Haltung bestätigt.

Die kognitive Kriegsführung ist als folgerichtige Entwicklung aus der Stellung der Machtfrage unter den Bedingungen einer Massengesellschaft und den technischen Möglichkeiten der Digitalisierung entstanden. Mit der Dominanz des Politischen, das der Staat heutiger Prägung in jeden Bereich des Lebens gebracht hat, ist sie omnipräsent geworden und wird, nachdem sie einmal als Werkzeug gefunden wurde, an Raum weiter zunehmen, bis sie ihre Grundlage zerstört hat. Denn der Machtanspruch, der zum kognitiven Krieg geführt hat, trägt die Selbstzerstörung der Macht mit sich, weil die menschliche Zivilisation aus Gründen des Selbsterhalts nun den Machtanspruch selbst ablehnen muss, um in Zukunft überhaupt existieren zu können.

Einen ersten Vorgeschmack von der neuen Qualität der Trennung des Menschen von der Wahrheit haben wir mit dem Corona- und Impfnarrativ bekommen, gegenwärtig mit dem CO2-/Klimakult, der unter anderem beliebige und sich widersprechende Begründungen für die Rationierung von Energie mit sich bringt, und vielleicht noch unfassbarer mit der Genderideologie und der aktuellen Bedrohung durch den Staat und seine Gesetze nicht nur gegen den Verstand allgemein, sondern auch unmittelbar physisch besonders gegen Kinder und Jugendliche. Es ist bereits jetzt ein Maß an Realitätsleugnung erreicht, das selbstzerstörerisch ist und unmöglich über längere Zeit durchzuhalten ist.

Doch wo die geistige und ethische Krise besonders groß scheint, sind auch die Chancen in der Veränderung besonders hoch. Anders als die konventionelle Propaganda wendet sich der kognitive Krieg gegen den Menschen selbst, die Trennung seiner gesamten Person von der Wahrheit und der Suche nach ihr, die die Grundlage seines Lebens und Überlebens ist, während der Machtanspruch an sich durch die Verfügbarkeit der Mittel der kognitiven Kriegsführung eine neue Dynamik zur Entwicklung der totalitären Ausprägung bekommen hat. Mit einer solchen Herrschaftsausübung kann man sich immer weniger arrangieren. Denn mit Ayn Rand gesagt: Man kann die Realität ignorieren, aber man kann nicht die Konsequenzen ignorieren, die durch das Ignorieren der Realität entstehen. Es mag noch ein schmerzhafter Prozess bis dahin sein, aber das Ergebnis in der Zukunft wird nahezu sicher die Entstehung einer neuen Kultur der Freiheit und der Ablehnung von Herrschaft an sich sein – weil dies von einer Frage der Bequemlichkeit zu einer direkten Überlebensfrage wird. Die Behauptung von dem, was wahr ist, wird lebenswichtig für den Menschen und die menschliche Zivilisation. Sie wird den Weg finden, und der Schlüssel liegt in der wachsenden Zahl von Individuen, die durch ihren Widerstand ihren Beitrag leisten. Er ist gar nicht so klein, und der Einzelne ist mächtiger als er glaubt.

Buchhinweis: Jonas Tögel: Kognitive Kriegsführung

Das Schlachtfeld sind auch Sie – Kognitive Kriegsführung (Teil 1) (Freiheitsfunken)


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