27. Februar 2024 12:00

Top Spin: Der verlorene Sohn Die Geschichte einer Mutter, die ihr Kind an „Hoss und Hopf“ verliert

Wie der „Stern“ versuchte, „selbständiges Denken“ als Herrschaftstreue zu framen

von David Andres

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Bildquelle: Hoss und Hopf Gehören jetzt auch zu „den Bösen“: Hoss und Hopf

„Mein Sohn ist 14 Jahre alt, smarter Typ, beliebt.“ So lautet der erste Satz des Artikels im „Stern“, den angeblich eine Mutter geschrieben hat, veröffentlicht am 11. Februar und ein Meisterstück moderner Manipulation. Der zweite Satz lautet: „Mein Sohn würde die AfD wählen.“

Schock.

Entsetzen.

Wäre es ein Bericht im Fernsehen, es setzte augenblicklich bedrohliche Musik ein, deutsche Klassik womöglich, schwer wie Brokatvorhänge, Brahms oder Bruckner. Ein Teenager, der die AfD wählen würde! Ein Sohn, den die Mutter verloren hat, nicht direkt an die Partei, sondern an einen „Guru“ im Netz, den der Kleine ständig hört und der ihm den Kopf verdreht.

Dieser „Guru“ heißt nicht André F. Lichtschlag oder Ken Jebsen, sondern Philip Hopf. Sie alle werden ihn kennen, wenigstens optisch, mit der feschen Glatze und der runden Brille hat er sich selbst eine durchaus markante Bühnenperson geschaffen, auch seine Stimmfarbe klingt unverwechselbar. Der Podcast „Hoss und Hopf“, den er gemeinsam mit Kiarash Hossainpour betreibt, hat eine immense Reichweite gewonnen. In gewisser Weise sind diese beiden Männer die erfolgreichsten Vertreter der alternativen Medien auf der politisch verfemten, unkorrekten Seite.

Die bislang ahnungslose Mutter in der Geschichte hört gemeinsam mit Mann und Sohn eine Folge der Sendung im Auto, um zu begreifen, wer ihrem kleinen Teenager da dermaßen den Kopf verdreht. Sie hören… und sie erklären. Erklären dem Sohn, dass alles, was die beiden bösen Männer dort verbreiten, fieser Populismus und völlig unwahr sei. Die Eltern sagen zu ihrem Sohn, ich zitiere: „Ja, Deutschland hat viele Geflüchtete aufgenommen, weil wir Verantwortung tragen, weil wir als reiche Nation dazu in der Lage, ja auch verpflichtet sind. Außerdem sagt ein Blick in eine deutsche Fußgängerzone überhaupt nichts über den Anteil der Geflüchteten in der deutschen Gesellschaft aus.“ Die Kriminalitätsstatistik erweise, dass Stuttgart „immer noch zu den sichersten Städten Deutschlands“ zähle, der Sohn lasse sich die Gefahren nur einreden. „Nach einer Stunde haben wir uns den Mund fusselig geredet“, schreibt die Mutter in dem Magazin, das im gleichen Artikel auch seinen „Fasch-O-Mat“ zur sicheren Erkennung von „Nazis“ verlinkt, die Eltern hätten „vor- und zurückgespult“, voller Entsetzen, denn „bis dahin dachten wir, unser Sohn sei sozial, sensibel und sattelfest erzogen. Vor allem kritisch und gewappnet gegen die dümmsten populistischen Aussagen.“

Sozial, sensibel und sattelfest – das bedeutet, so geht es im Weiteren aus dem Beitrag hervor, dass der Sohn allem misstrauen (sic!) müsse, was Typen die Philip Hopf thematisieren und allem vertrauen (sic!), was der Mainstream sagt. Den einzigen echten Fehler in der Sache, den sie dem Podcast nachweisen können, hat Hopf selber in einer späteren Sendung korrigiert, doch selbst daraus dreht die Mutter dem „Guru“ einen Strick. Dieser Mann binde seine Follower in die Verbreitung seiner Inhalte ein, indem er diese sogar darum bitte, eigene Richtigstellungen ebenfalls zu verbreiten. Unglaublich. Es ging in dieser einen Sache um eine falsch zugeordnete Spende der Bundesregierung an eine Umwelt-Organisation, die vermeintlich mit Jeffrey Epstein zu tun hatte. Was der 14-jährige Sohn bitte ebenfalls unbedingt glauben solle, wenn er sattelfest und selbständig denken möchte – dass sich Epstein in seiner Zelle natürlich selbst umgebracht hat.

Am Ende helfen alle Interventionen der Eltern nichts mehr, wie das köstliche Ende des Artikels zeigt. Da steht allen Ernstes als Schlusspointe der folgende Satz: „Zur Demonstration für die Demokratie und gegen die AfD ist unser Sohn nicht mitgegangen.“

Der Witz ist – als Kommunikationsexperte und schubladenfreier Mensch könnte ich hier, unter uns, den tatsächlichen Freidenkern, ebensogut eine Kolumne schreiben, in der ich einige Aspekte von „Hoss und Hopf“ auseinandernehme, die ich tatsächlich auch problematisch und höchst manipulativ finde. Auf einer Basis allerdings, die so ganz anders ist als die jener „Mutter“, die „aus Gründen der Persönlichkeitsrechte ihres Sohns unter Pseudonym“ diesen Beitrag formuliert haben soll. Dessen geschliffene Schreibweise und manipulativer Aufbau lassen selbstverständlich vermuten, dass der Sohn erfunden ist und die „Mutter“ eine Mitarbeiterin des „Stern“, die eine clevere Idee hatte, wie sich eventuell ein Riegel vor den Reiz einer Sendung wie „Hoss und Hopf“ und vergleichbare Formate schieben lässt. Denn der „Stern“ wird wissen, dass selbst sein Publikum hier und da, ganz heimlich, aus reiner Neugier, in die Formate der „bösen“ Seite reinhört, dass es bei geschlossener Jalousie den Westfunk einschaltet, der einem die Kinder klaut.

Auf die Idee, dass es Gratiswerbung ist, diesen Westfunk als Stimme des Teufels zu framen und dadurch besonders neugierig auf ihn zu machen, kommen die Sternchen allerdings nicht. Es sei denn, das ist alles, wie Martin Moczarski es unter seinem „Alu-Sombrero“ im Dachthekenduett gern als These aufstellt, drei mal um Bande gespielt eigentlich Absicht und „man“ möchte sogar, dass die Gegenseite gewinnt. Wer dieses „man“ sein könnte und ob eine solch inverse Taktik denkbar ist – hierzu sei die Kommentarspalte eröffnet. 

Quelle:

Einer der erfolgreichsten Podcasts impft unsere Kinder mit radikalem Gedankengut – und keiner kriegt's mit (Stern)


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