Fass ohne Boden: Tag der Befreiung
Wie wir der Arbeit für den Staat gedenken…
von David Andres drucken

… und die Befreiung davon zur Jahreshälfte feiern sollten.
In diesem Jahr fiel der „Steuerzahlergedenktag“ auf den 13. Juli, den vergangenen Sonntag. Jedes Jahr ruft der Bund der Steuerzahler diesen symbolischen Gedenktag aus, der den Kipppunkt markiert, ab dem der Bürger den ersten Cent für die eigene Tasche verdient. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er ausschließlich für Steuern und Sozialabgaben gearbeitet. Im Durchschnitt natürlich – den individuellen Stichtag kann sich der Interessierte mit dem Kalkulator des Bundes der Steuerzahler berechnen lassen und mit dem „BdSt-Belastungsbarometer“ herausfinden, wie stark sein Einkommen im Vergleich zu denen der Mitbürger belastet ist. Eigentlich müsste die arbeitende Bevölkerung diesen Tag mit symbolischen Festen begehen. Ironische Feste. Feierlichkeiten voller Sarkasmus und öffentlichkeitswirksamer Verachtung des Staates, auf denen die Menschen ihren „Tag der Befreiung“ feiern. Angesichts dessen, womit dieser Begriff besetzt ist, würde allein die Empörung über den Namen bereits ordentlich öffentlichen Aufruhr auslösen – und das Anliegen somit bekannter machen.
Man muss sich das vorstellen – von den ersten Tagen des Jahres an, über die Vorboten des Frühlings mit dem Krokus und den Maiglöckchen, dem wechselhaften April, dem feiertagsreichen Mai und den sich aufbäumenden Sommer bis zum Beginn der Sommerferien, geht jeder erwirtschaftete Euro an das Fass ohne Boden, das dieser Kolumne ihren Namen gibt und sich Staat nennt.
Der Spitzensteuersatz liegt in Deutschland bei 42 Prozent und greift derzeit bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 62.810 Euro für Ledige. Auf sehr hohe Einkommen ab 277.826 Euro im Jahr fällt die Reichensteuer von 45 Prozent an. Die Staatsquote, die angibt, wie groß der Anteil der staatlichen Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist und die alle verpflichtenden Zahlungen erfasst – also neben den Steuern auch die Sozialabgaben (wie die gesetzliche Krankenversicherung) oder die Rundfunkgebühr – lag 2023 in Deutschland bei etwa 49,5 Prozent. Will sagen: Fast die Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung ist bereits durch staatliche Ausgaben gebunden.
Den Stammlesern dieses Magazins und den Stammdenkern der libertären Lebenshaltung muss ich nicht erklären, inwiefern diese Arbeit von uns allen bis Juli eine vergebliche Liebesmüh darstellt. Interessierte Mitlesende von außerhalb unserer Blase, die irgendwie über diesen Artikel stolpern, mögen sich allerdings einmal Folgendes fragen: Wie steht es um jene basalen und elementaren Strukturen, von denen sich noch am ehesten rechtfertigen lässt, sie über Steuern zu finanzieren? Wie steht es um die von Ihnen auch fleißig mitgenutzte Infrastruktur, für die Sie bis Juli arbeiten gehen?
Als überall in Deutschland beschäftigter Vielfahrer finde ich auf den Hauptverkehrsadern des Landes keine einzige Etappe mehr vor, die nicht durch eine Baustelle verengt wird – auf der freilich nie jemand baut. Sicher kann jeder aus Spaß an der Freude auf der leeren A31 nach Emden fahren, aber auf den wichtigen Strecken herrscht größtenteils Stop and Go. Wer eine Brücke überquert, braucht gute Nerven, da er nie weiß, ob sie die nächste ist, die zusammenkracht. Derweil sitzen Schüler in zahlreichen Großstädten nicht mal mehr in ihrer maroden Schule, sondern gleich in „vorübergehend“ aufgestellten Containerbauten, die so lange stehen, dass sie manche Schulbiografie komplett prägen. Der famose Thomas Panke hat auf seinem Kanal „Der Held“ darüber einige sehenswerte Wutreden publiziert. Auf den Bahnhöfen kommt man nur sehr schleppend voran und kann sich trotz Kameraüberwachung und Security nicht sicher sein, ob der kleine Abstecher, den man geplant hat, nicht von einem kleinen Abstecher mit Messer beendet wird.
Immerhin – die Bundeswehr wird in den kommenden Jahren durchaus durchdacht aufgestockt. Die Kaufpläne ergeben durchaus Sinn, was die Auswahl der Waffensysteme angeht, auch wenn die 19 Exemplare des Luftabwehrpanzers Skyranger 30, die bis 2028 fertig sein sollen, im Ernstfall sicherlich schnell zum Wodka-Frühstück verspeist sind. Standorte und Kasernen wurden derweil in den vergangenen zwanzig Jahren ohne Not aufgelöst und aufgegeben, Schützenpanzer in großem Umfang verschenkt. Mit der geplanten, neuen Wehrpflicht muss man somit vieles neu aufbauen, einrichten und frisch besorgen… ein Fass, dessen Boden man teils selbst ausgeschlagen hat.
Im öffentlich-rechtlichen Zwangsfernsehen wird der ein oder andere von Ihnen vielleicht noch ein Format finden, das zu seinen persönlichen Favoriten gehört. Zum großen Teil aber bezahlen wir dort unsere eigene politische Umerziehung sowie die Honorare von Schlagerstars, Quasselprofis und mittelprächtigen Schauspielern, die noch mittelprächtigere Drehbücher herunterspielen – oftmals finanziert von der ebenfalls öffentlichen „Filmförderung“. Trotz neuer gigantischer „Sondervermögen“, die den normalen Steuereinnahmen von derzeit rund 980 Milliarden Euro noch aufgeschlagen werden, sieht sich die aktuelle Koalition nicht in der Lage, die Stromsteuer auch für Privathaushalte zu senken, wie sie es im Koalitionsvertrag angekündigt hat.
Mein Vorschlag besteht also wirklich darin, ab 2026 den „Tag der Befreiung“ mit Pauken und Trompeten zu begehen, rund um ein paar aufgestellte Fässer ohne Boden und ein paar volle, aus denen das Bier fließt, bezahlt von den ersten eigenen Euros des Jahres.
Quellen:
Steuerzahlergedenktag 2025: Ab wann arbeiten Bürger wieder für das eigene Portemonnaie? (Cap Inside)
Bundesministerium der Finanzen
Der Held (Youtube)
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