11. April 2024 08:00

Monopolisierung Gäbe es ohne Wettbewerbspolitik nur noch schädliche Monopole?

Freier Marktzutritt aller Akteure muss sichergestellt werden

von Olivier Kessler

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Bildquelle: Alexander Limbach / Shutterstock Compliance-Kosten: Schaden den kleinen Markt-Playern und fördern die Monopolbildung

Entgegen der weitläufigen Sichtweise tendiert die freie Marktwirtschaft selten zur Monopolisierung. In den meisten Branchen führt Wettbewerb zu einer enormen Vielfalt an Produkten und Anbietern. Davon zeugt ein Blick in die Supermärkte unserer Tage, wo es unzählige Sorten von diversen Produkten gibt, weil die Geschmäcker der Kunden eben verschieden sind.

Zwar können auch auf dem freien Markt natürliche Monopole entstehen, jedoch meist ohne negative Folgen für die Konsumenten. Ob es zu einer natürlichen Monopolbildung kommt, hängt vom gewünschten Differenzierungsgrad des Angebots ab. Konsumenten schätzen beispielsweise ein vielfältiges Angebot im Bereich von Schuhen: Unterschiedliche Modelle und Größen bedienen hier verschiedene Anforderungen und Geschmäcker. Eine solche Vielfalt ist hingegen bei Währungen oder Telekommunikationsdienstleistungen eher weniger gefragt, zumal es sich hier um Angebote mit Netzwerkeffekten handelt, wobei der Nutzen mit der Anzahl der Nutzer steigt. In solchen Segmenten können sich durchaus monopolartige Angebotsstrukturen herausbilden, weil eine große Anzahl an Produzenten aus Sicht der Konsumenten nicht ideal ist.

Natürliche Monopole, die auf dem freien Markt entstehen, sind unproblematisch, weil sie das Ergebnis der Wahlfreiheit der Konsumenten sind. Solange ein Markteintritt für konkurrierende Mitbewerber möglich ist, kann es sich ein Monopolist nicht leisten, die Preise für seine Produkte übermäßig zu erhöhen oder bei der Qualität Abstriche zu machen. In einem solchen Fall würden Konkurrenten auf den Plan treten und versuchen, die unzufriedene Kundschaft mit vorteilhafteren Angeboten abzuwerben.

Und selbst jene Bereiche, die zu einem natürlichen Monopol tendieren, weil dort der Markteintritt von Konkurrenten schwieriger ist – wie etwa bei Eisenbahnen –, bedürfen nicht eines staatlichen Eingriffs, weil es letztlich um die Befriedigung von Bedürfnissen und nicht um eine ganz konkrete Leistung geht. Dieses Bedürfnis kann meist nicht nur mit einer einzigen konkreten Leistung, sondern mit einer Vielzahl von Angeboten aus unterschiedlichsten Branchen bewerkstelligt werden. Im Bereich des Eisenbahnverkehrs mag sich beispielsweise durchaus ein einziger Anbieter monopolartig auf einer Strecke etablieren. Jedoch fragen die Kunden in den meisten Fällen nicht eine Eisenbahnfahrt nach, sondern lediglich den Transport von A nach B. Wenn wir die Situation so betrachten, dann existiert selbst in Märkten mit vermeintlich natürlichen Monopolen ein Wettbewerb um die Gunst der Kunden. Übertreibt es der Eisenbahnanbieter mit den Ticketpreisen oder lassen die Qualität und die Kunden- oder Umweltfreundlichkeit zu wünschen übrig, so könnten Anbieter von anderen Transportmitteln, wie zum Beispiel dem eigenen Auto, Busbetrieben, Uber oder bald auch Drohnentaxis, die attraktivere Variante werden, sodass selbst vermeintliche Monopolisten sich eine schlechte Behandlung der Konsumenten nicht erlauben können.

Doch was ist mit den Absprachen der Anbieter, mit sogenannten Kartellen? Muss hier nicht der Staat einschreiten, um diese aufzulösen? Nein. Denn ein auf Preisabsprachen beruhendes Kartell ist inhärent instabil und löst sich von selbst wieder auf. Alle am Kartell beteiligten Anbieter haben einerseits ein Interesse daran, die gesamte Produktionsmenge zu reduzieren, damit die Verkaufspreise erhöht werden können. Andererseits hat aber auch jeder Kartell-Beteiligte ein Interesse, seinen eigenen Marktanteil auf Kosten seiner Konkurrenten zu vergrößern. Folglich werden sämtliche an der Preisabsprache Beteiligten versucht sein, heimlich die eigene Produktionsmenge auszuweiten, was wiederum Druck auf die Preise verursacht. Eine Preisabsprache droht also fortlaufend zu implodieren, ohne dass der Staat einschreiten müsste.

Ein Kartell ist jedoch nicht nur ständig von innen bedroht, sondern auch von außen. Heben die Kartell-Mitglieder ihre Preise gemeinsam an, stellt dies für neue Anbieter oder jene, die nicht am Kartell beteiligt sind, eine große Gewinnopportunität dar. Sie können in die Nische springen und die Leistungen zu den alten Preisen verkaufen, womit sich viele Konsumenten von den Kartell-Angehörigen abwenden und zur Konkurrenz wechseln werden.

Kartelle müssen – entgegen ihrem schlechten Ruf – übrigens nicht immer zum Schaden der Konsumenten sein. Absprachen können auch als Koordinationsvereinbarung zwischen verschiedenen Anbietern den Grad der Produktdifferenzierung auf jenes Level reduzieren, das den Präferenzen der Konsumenten tatsächlich entspricht, ohne dass dies zu einer schädlichen Monopolisierung führen muss. Fluggesellschaften beispielsweise, die in der IATA vereint sind, können Kunden dank Absprachen standardisierte Dienstleistungen anbieten wie beispielsweise übertragbare Tickets. Auch im Automobilsektor ermöglichen Absprachen den Einsatz gemeinsamer Plattformen, auf deren Basis Karosserien und Einrichtungen differenziert werden. In einer dynamischen und offenen Marktwirtschaft können Absprachen deshalb durchaus auch preisdämpfend für die Konsumenten wirken.

Absprachen zwischen Anbietern unter der Bedingung eines freien Marktzutritts zu verbieten, ist aufgrund der Fragilität von Kartellen von innen wie von außen nicht nur überflüssig, sondern schadet auch den Konsumenten.

Nicht der freie Wettbewerb führt zu schädlichen Monopolen oder zur Oligopolisierung, sondern staatliche Regulierungen. Dies geschieht vor allem dann, wenn Regulierungen, Steuern oder Zölle einen marktabschottenden Charakter aufweisen. Man denke hier beispielsweise an die Finanzbranche, wo die Compliance-Kosten derart explodierten, dass sich die kleineren Finanzdienstleister diese Kosten in vielen Fällen nicht mehr leisten können und die deshalb von den großen Playern, die sich aufgeblähte Compliance-Abteilungen noch erlauben können, aufgekauft werden. Diese Konsolidierung verschärft das „Too big to fail“-Problem zunehmend, weil die Großen immer größer werden. Zölle machen es zudem für ausländische Anbieter unrentabel, ihre Produkte in die Schweiz zu importieren, was den Wettbewerb im Inland zum Nachteil der Konsumenten behindert und es den inländischen Produzenten ermöglicht, höhere Gewinne auf dem Buckel der Kunden zu machen.

Ironischerweise fehlt also ausgerechnet dort eine Wettbewerbsbehörde, wo sie am dringendsten benötigt würde: in der Politik und im Bereich des „Service public“, wo die Kartellierung zum Nachteil der Bürger bedrohlich rasch auf dem Vormarsch ist.

Die beste politische Antwort auf die Gefahr einer schädlichen Kartellbildung ist also nicht, Gesetze zu erlassen, mit denen Monopole und Kartelle verboten werden sollen. Vielmehr gilt es, den freien Marktzutritt für alle Anbieter und die Wahlfreiheit der Konsumenten sicherzustellen. Dies impliziert nicht nur eine Beseitigung der Überregulierung im Inneren, sondern auch eine vollständige Liberalisierung des Außenhandels.


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