22. Juni 2024 10:00

Ökonomie Bundeskanzler fordert höheren Mindestlohn

Mindestlöhne als Hemmschuh für Integration

von Karl-Friedrich Israel (Pausiert)

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Bildquelle: FrankHH / Shutterstock Erst seit 1. Januar 2024 gilt ein Mindestlohn von 12,41 Euro: Nun fordert Scholz eine erneute Erhöhung

In der letzten Woche habe ich einen kurzen Überblick über die Effekte von Preiskontrollen gegeben und diese am Beispiel von Zinsmanipulationen illustriert. In der Zwischenzeit ist eine weitere bedeutende Art von Preiskontrollen in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte gerückt. Bundeskanzler Olaf Scholz fordert eine stufenweise Erhöhung des Mindestlohns von gegenwärtig 12,41 Euro auf 15 Euro pro Stunde.

Scholz begründet dies mit den üblichen Gefühlsduseleien, denen man oberflächlich nicht widersprechen möchte, die aber inhaltlich den Kern des Problems verfehlen: „Natürlich müssen diejenigen, die hart arbeiten und wenig verdienen, bessere Löhne haben.“ Das müssen sie natürlich nicht, aber fast jeder würde zustimmen, dass es schön wäre, wenn sie höhere Löhne bekämen. Scholz findet, „dass jemand, der sich anstrengt, ordentlich behandelt werden muss – und ein ordentlicher Lohn gehört dazu“. Auch das würde niemand bestreiten. Ich würde sogar sagen, dass Leute, die sich nicht anstrengen, ordentlich behandelt werden sollten. Der Bundeskanzler fügt hinzu: „Und ehrlicherweise, 14 oder 15 Euro sind auch nicht die Welt. Da kann man auch nicht weit kommen.“ Parteigenossin Saskia Esken pflichtet dem Kanzler beherzt bei: „Wir können es nicht zulassen, dass der Mindestlohn zu niedrig bleibt!“

Wenn ein zu niedriger Mindestlohn so ein großes Problem darstellt, warum dann nur 15 Euro? Wieso erhöhen wir ihn nicht gleich auf 25 oder besser noch 45 Euro pro Stunde? Ich persönlich wäre ja dafür, dass alle, die gegenwärtig weniger verdienen, fortan mindestens 45 Euro pro Stunde bekommen. Ich denke, dass die hart arbeitenden Menschen in Deutschland das verdient haben. Olaf Scholz und Saskia Esken sollten sich noch vehementer für eine Erhöhung des Mindestlohns einsetzen. Oder etwa nicht? 15 Euro pro Stunde sollen gerecht sein? Das soll sozialdemokratisch sein?

Wer sich auf diese Art dem Thema Mindestlohn nähert, erkennt sofort, wo das entscheidende Problem liegt. Nicht ein zu niedriger, sondern ein zu hoher Mindestlohn birgt die eigentliche Gefahr in sich. Bei einem Mindestlohn von 100 Euro pro Stunde wäre jedem intuitiv klar, was passieren muss. Ein Großteil der Arbeitnehmer würde aus dem offiziellen Arbeitsmarkt herausgedrängt werden, weil ihre Arbeitskraft nicht produktiv genug eingesetzt werden könnte, damit es sich für einen potenziellen Arbeitgeber lohnen würde, sie einzustellen. Ein solcher Mindestlohn würde massive Arbeitslosigkeit hervorrufen. Wir hätten also ein Überangebot von Arbeitskraft, das auf eine zu schwache Nachfrage träfe. Dies ist die Folge eines jeden Mindestpreises, der über dem eigentlichen Marktpreis festgelegt wird.

Menschen müssen aber natürlich ihr Überleben sichern. Wenn sie keine Beschäftigung im offiziellen Arbeitsmarkt finden, dann gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Entweder geraten sie in die Fänge des Sozialstaates, oder sie beginnen, ihren Lebensunterhalt in der Schattenwirtschaft zu bestreiten. Sehr häufig bietet sich eine Kombination aus beidem an. Beide Lösungen stehen einer selbstbestimmten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und einer reibungslosen Integration in die gesellschaftliche Arbeitsteilung im Wege.

Wenn der Mindestlohn auf 15 Euro festgesetzt wird, ist das Problem seinem Wesen nach nicht anders, es hat nur ein geringeres Ausmaß. Menschen, die keine ausreichend große Grenzproduktivität erzielen, werden aus dem Arbeitsmarkt gedrängt. Dies betrifft vor allem junge Menschen ohne Berufserfahrung, Menschen mit Behinderungen und schlecht ausgebildete Menschen. In einem Land wie Deutschland betrifft es außerdem zu einem erheblichen Teil Migranten, da sie tendenziell schlechter ausgebildet sind und mit weiteren Problemen wie Sprachbarrieren zu kämpfen haben. Zu Recht hatte Milton Friedman den Mindestlohn einmal als das schlimmste „Anti Negro“-Gesetz der USA bezeichnet. Auch dort hatte es den Effekt, die afroamerikanische Minderheit aus dem Arbeitsmarkt zu drängen.

All das hindert Esken und Scholz nicht daran, sich lautstark für einen höheren Mindestlohn einzusetzen und dabei so zu tun, als würde man damit gerade den Schwächsten helfen. Genau das tut man nicht. Man verbaut ihnen stattdessen durch den Mindestlohn die Chance, sich durch produktive Arbeit in die Gesellschaft zu integrieren.

Man könnte vermuten, dass durch die Zeit der hohen Inflation der reale Effekt des Mindestlohns in Deutschland schwindet. Der Mindestlohn wird nominal festgelegt, und bei hoher Inflation sinkt der reale Mindestlohn stark. Genau dies ist ein Beweggrund, höhere Mindestlöhne zu fordern. Betrachtet man aber die Entwicklung des Mindestlohns in Deutschland seit seiner Einführung im Jahr 2015, so kann man feststellen, dass er kontinuierlich schneller gestiegen ist als die offiziellen Inflationszahlen. Am 1. Januar 2015 wurde der Mindestlohn in Deutschland auf 8,50 Euro festgelegt. Im Januar 2022 lag er bei 9,82 Euro und im Januar dieses Jahres wurde er auf 12,41 Euro angehoben. Das entspricht also einer Steigerung von durchschnittlich 4,3 Prozent pro Jahr. Der harmonisierte Verbraucherpreisindex ist in derselben Zeit um durchschnittlich 2,9 Prozent pro Jahr gestiegen. Anhand der offiziellen Zahlen kann man also argumentieren, dass die Mindestlohnsteigerungen die Inflation überkompensiert haben. Natürlich sind die Inflationszahlen selbst hochgradig problematisch. Und man könnte auch argumentieren, dass bei einem alternativen Inflationsmaß der reale Mindestlohn immer noch gesunken sei. Vom makroökonomischen Standpunkt wäre das sogar wünschenswert, denn auf diese Weise verliert der Mindestlohn seine schädliche Wirkung.    

Es steht außer Frage, dass viele Menschen nur einen relativ niedrigen Lebensstandard erreichen, wenn sie von ihren eigenen Arbeitseinkommen leben. Aber dieses Problem wird durch einen Mindestlohn nicht gelöst. Preiskontrollen wie Mindestlöhne sind eines der ineffizientesten Mittel zur Bekämpfung sozialer Probleme. Sie grenzen aus und verhindern eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration.       

Scholz pocht auf Erhöhung des Mindestlohns (Tagesschau)

The Racist History of Wage Laws (Mises Institute)


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