12. Dezember 2024 06:00

Arbeitsplätze Ein missverstandenes Goldenes Kalb

Fragwürdige Staatseingriffe

von Olivier Kessler

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Bildquelle: Antonio Guillem / Shutterstock „Bullshit-Jobs“: Bezahlt, aber sinnlos

Für die meisten Menschen zählt ein Arbeitsplatz zu den elementaren Säulen eines zufriedenstellenden Lebens. Ohne Arbeitsstelle kein Einkommen. Ohne selbstverdientes Einkommen sind Selbstbestimmung und ein würdevolles Leben nur schwer vorstellbar. Denn auf dem Abstellgleis der Gesellschaft zu weilen und Sozialhilfe zu beziehen, verleiht kaum das befriedigende Gefühl, etwas wert zu sein und gebraucht zu werden. Gerade im Bewusstsein darum, wie wichtig eine Arbeitsstelle aus individueller Sicht ist, wird der Begriff „Arbeitsplatz“ oftmals von der Politik missbraucht, um fragwürdige Staatseingriffe zu legitimieren. Dabei wird einem regelrechten Tanz um das Goldene Kalb namens „Arbeitsplätze“ gefrönt: Praktisch alle Parteien inszenieren sich laufend mit Maßnahmen, die angeblich irgendwelche Arbeitsplätze „schaffen“ oder „retten“.

Bei diesen Inszenierungen schwirrt immer auch der Mythos mit, dass es dasselbe sei, Arbeitsplätze auszuweiten und den Wohlstand zu erhöhen. Doch hier besteht keine zwingende Verbindung zwischen den beiden Größen. Wird der gesamtgesellschaftliche Lebensstandard erhöht, können insgesamt mehr Bedürfnisse befriedigt werden. Das ist das, was die Leute eigentlich wollen. Wird jedoch ein Arbeitsplatz geschaffen, geht dies nicht immer mit einem Wohlstandsanstieg einher. Schauen wir uns das etwas genauer an.

Vor allem mit Blick auf Gesellschaften, in denen sich der Staat stark in den Arbeitsmarkt einmischt und eine prägende Rolle im Wirtschaftsleben spielt, wird dies deutlich: Dort ist oft zu beobachten, dass der Staat aus dem einfachen Grund sinnentleerte Jobs schafft und aufrechterhält, um die Leute irgendwie zu beschäftigen und ihnen damit das Gefühl der „Arbeitsplatzsicherheit“ zu verleihen, wofür sich die verantwortlichen Politiker im Gegenzug viele Wahlstimmen erhoffen.

Doch wird der Wohlstand erhöht, wenn eine Arbeitskraft eine Arbeit verrichtet, die gar keine prioritären Kundenbedürfnisse befriedigt, zum Beispiel, wenn sie den ganzen Tag Löcher aushebt und diese anschließend wieder zuschüttet? Wenn die verrichtete Arbeit für niemanden irgendeinen Nutzen schafft, kreiert sie auch keinen Wohlstand. Oder präziser gesagt: Wenn der geschaffene Nutzen unterhalb des durch den Staat direkt oder indirekt bezahlten Arbeitsentgelts liegt, wird kein Wohlstand geschaffen, sondern vernichtet.

Was ist aber mit dem Lohn, den der Mitarbeiter fürs Löcherbuddeln und -zuschütten bekommt oder für irgendeine andere Tätigkeit, für die auf dem freien Markt niemand freiwillig eine entsprechende Summe bezahlen würde? Dieser kann er doch anschließend ausgeben und die Wirtschaft damit „ankurbeln“, wodurch die Allgemeinheit wiederum profitieren würde? Wer so argumentiert, denkt nicht weit genug. Wenn der Staat zusätzliche Arbeitsplätze schafft, muss er das Geld zur Bezahlung dieser Jobs ja jemandem wegnehmen. Das bedeutet, dass der Steuerzahler diese Gelder dann nicht mehr nach eigenem Gutdünken ausgeben kann. Es entfallen in der Folge die Einnahmen bei jenen Branchen und Firmen, bei denen der Steuerzahler diese Gelder ausgegeben und die die prioritären Kundenbedürfnisse befriedigt hätten. Deswegen werden dort aufgrund der Umsatzausfälle Arbeitsplätze abgebaut oder sie können gar nicht entstehen.

Im Gegensatz zu jenen Branchen und Firmen, bei denen der Steuerzahler sein Geld freiwillig ausgegeben hätte, sind staatliche Eingriffe zur „Schaffung“ oder „Rettung“ von Jobs“ eine Ressourcenverschwendung, weil sie die Bürger dazu zwingen, nicht prioritäre Dinge zu finanzieren, die sie gar nicht freiwillig nachfragen würden. An diesem Grundsatz ändert sich auch nichts, wenn Politiker Konjunkturprogramme zur „Schaffung oder Rettung von Jobs“ in Krisenzeiten aufsetzen. Denn dabei wird vergessen, dass nicht ein künstlich angekurbelter Konsum (der ja nicht freiwillig oder nur unter Täuschung der wahren Umstände erfolgt), sondern das Sparen (nebst der Intensivierung der Arbeitsteilung und der Spezialisierung) der eigentliche Motor des Wohlstands ist und alle davon profitieren. Zu sparen bedeutet, auf den heutigen Konsum zugunsten eines Konsums in der Zukunft zu verzichten. Im Gegensatz zum sofortigen Konsum des Einkommens ermöglicht das Sparen das Erzielen eines höheren Lebensstandards: Die Mittel können investiert werden, um noch effizientere und umweltschonendere Produktionsmethoden zu entwickeln, dank denen man saubere und mehr erwünschte Güter herstellen kann.

Zwingt der Staat die Bürger dazu, weniger zu sparen und dafür in der Gegenwart mehr auszugeben – etwa indem seine Zentralbank die Zinsen unter das Marktniveau heruntermanipuliert und damit die Attraktivität des Sparens reduziert –, schmälert er das Wachstumspotenzial der Wirtschaft und macht sich der relativen Verarmung der Gesellschaft schuldig. Er mag zwar einige Jobs „schaffen“ oder „retten“ – jedoch nur auf Kosten von anderen Jobs, die dann nicht entstehen können oder abgebaut werden müssen. Es findet eine Arbeitsplatzverlagerung von kundenorientierten Sektoren hin zu weniger kundenorientierten Sektoren statt, was einem zivilisatorischen Rückschritt gleichkommt.

Gewinnorientierte Unternehmen im freien Markt stellen nachweislich Dinge her, die die Verbraucher tatsächlich wollen. Es ist daher – auch in Zeiten einer wirtschaftlichen Korrektur – entscheidend, dass der Staat nicht in die Lern- und Anpassungsprozesse der freien Marktwirtschaft eingreift, damit die Unternehmer ihre wichtige Arbeit verrichten können und sich an die sich ändernden Kundenwünsche anpassen können. Das gilt auch, wenn Politiker Arbeitsplätze „retten“ wollen, die von disruptiven Technologien „bedroht“ werden. Die populären Reaktionen auf das Aufkommen von Robotern, die angeblich bald für große Massenarbeitslosigkeit sorgen werden, ist das Erlassen einer Robotersteuer oder die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Die dazu zu erhebenden Steuern, die eine Voraussetzung für solche Rezepte sind, führen bekanntlich zu einer Bestrafung der Produktiven, denen die Gesellschaft ihren Wohlstand zu verdanken hat. Diese negativen Anreize werden folglich die Lebensstandards aller reduzieren.

Solange es keine unnötig behindernden Regulierungen wie einen Mindestlohn gibt, könnten betroffene Arbeiter sich neu in Jobs betätigen, in denen menschliche Arbeitskräfte weiterhin gebraucht werden. Einen liberalen Arbeitsmarkt vorausgesetzt, dürften alle Willigen zu einem Einkommen kommen, zumal die menschlichen Bedürfnisse potenziell unendlich sind und man sich immer irgendwie nützlich machen kann. Diese Umorientierung wird die Arbeiter zweifellos vor Herausforderungen stellen. Doch es war dank Smartphones mit Internetzugang und einer Unmenge an kostenlosen Inhalten und Online-Kursen noch nie so einfach und kostengünstig, sich neue Fertigkeiten und Kenntnisse anzueignen. Eine prosperierende Gesellschaft ist nun mal nicht mit Statik, Starrheit und Stillstand auf dem Arbeitsmarkt vereinbar. Wohlstand ist einzig und allein das Ergebnis ständigen Lernens und Anpassens und erlaubt es wiederum, sich auch solidarischer jenen gegenüber zu zeigen, die mit den nötigen Anpassungen große Schwierigkeiten haben.

Auch jenen, die sich beruflich neu orientieren müssen, geht es im Endeffekt dank diesen durch Technologie und unternehmerische Innovationen angestoßenen Veränderungen besser. So nehmen zum Beispiel Roboter Arbeitern gesundheitsschädigende und riskante Schwerst- oder Nachtarbeit, nervtötende Monotonie und andere lästige und anstrengende Arbeiten ab, die ihr Leben gefährdet und verkürzt hätten. Indem die zuvor durch Menschen erbrachten Arbeiten neu von Robotern abgedeckt werden und die Arbeiter ihre frei werdende Zeit der Befriedigung anderer Bedürfnisse widmen können, wächst der gesellschaftliche Wohlstand. Davon profitieren alle.


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