15. Oktober 2025 06:00

Vermögensentwicklung Armes Deutschland

Wie gut es den Deutschen wirtschaftlich wirklich geht

von Oliver Gorus drucken

Deutschland: Auf dem absteigenden Ast?
Bildquelle: Vladimka production / Shutterstock Deutschland: Auf dem absteigenden Ast?

Wann ging es uns Deutschen wirtschaftlich am besten? Der hundsgewöhnliche Ottonormalbürger glaubt, dass der Wohlstand stetig steigt. Wegen der technischen Innovation, weil er täglich zur Arbeit geht und weil Papi Staat aufpasst, dass alles seine Richtigkeit hat. Und überhaupt soll die Bundesrepublik ja offiziell eine Erfolgsgeschichte sein. Die Frage ist: Stimmt das?

Wohlstand lässt sich nicht in Euro messen. Das scheitert schon daran, dass Währungen keine stabilen Wertspeicher sind. Außerdem ist die meiner Meinung nach beste Definition von Wohlstand folgende: Wohlstand ist die Menge der erschwinglichen Optionen.

Damit gibt es zwei Dimensionen, in denen sich der Wohlstand bewegen kann: Der Wohlstand steigt erstens, wenn das Angebot an Gütern sich vergrößert, weil ich dann mit dem gleichen Geld eine größere Zahl von Optionen habe. Gibt es nur einen Trabant oder einen Wartburg zu kaufen, ist der Wohlstand geringer, als wenn ich wie heute unter rund 200 Automarken weltweit auswählen kann. Und natürlich ist der Wohlstand im Vergleich zur Pferdekutschenzeit dadurch höher, dass ich überhaupt ein Auto kaufen kann, weil es mittlerweile erfunden wurde und als kaufbares Produkt existiert.

Aber der Wohlstand steigt auch zweitens, wenn ich mir aus dem verfügbaren Angebot mehr leisten kann. Das entscheidende Maß dafür ist nicht das Einkommen, sondern das, was der Staat mir davon übriglässt, also das Vermögen. Und das lässt sich leichter messen als das von jedem Einzelnen subjektiv bewertete Angebot an Gütern.

Damit wird auch klar, dass der allgemeine Wohlstand sinkt, wenn zum Beispiel gleichzeitig Millionen Einwanderer Wohnraum beanspruchen, während gleichzeitig das Angebot von Wohnraum insgesamt verknappt wird, indem Bauvorschriften und diverse andere Markteingriffe das Bauen verteuern: Geld wird durch Sozialleistungen umverteilt von Einheimischen zu Zugewanderten, das verringert den Wohlstand in der zweiten Dimension, dem Vermögen, und das Angebot wird außerdem verknappt, das verringert den Wohlstand in der ersten Dimension. Das ist einfach verständlich, und die Leute spüren das, die Mietpreise und die Immobilienkaufpreise liefern die temporären Preissignale dafür.

Staatliche Marktinterventionen senken ohnehin generell den Wohlstand, das ist bei uns Freiheitlichen ein völlig unumstrittener Fakt, wenngleich diese Erkenntnis außerhalb unserer Bubble eher unbekannt ist. Da es heute viel mehr staatliche Marktinterventionen gibt als zu Beginn der Bundesrepublik, müsste das den Anstieg des Wohlstands dämpfen, der Produktivitätsfortschritt aber müsste ihn antreiben, die Inflation wiederum müsste ihn dämpfen, der zunehmend internationale Wettbewerb müsste ihn antreiben und so weiter: Am Wohlstand zerren viele Kräfte in gegensätzliche Richtungen. Wie soll man da einen Gesamtüberblick über den aktuellen Moment von Tagespolitik und Konjunktur hinaus bekommen, um über größere Zeiträume hinweg vergleichen zu können?

Wenn man zum Beispiel die Anzahl an Arbeitsstunden als Maß verwendet, die man aufwenden muss, um ein Auto, einen Herrenanzug oder ein Haus zu kaufen, übergeht man, dass man auf der Angebotsseite Äpfel mit Birnen vergleicht: Ein Auto, ein Herrenanzug oder ein Haus hat heute einen anderen relativen Wert als 1950 oder 1912, ist aus anderem Material und von anderer Qualität und hat andere Produkteigenschaften. Wie kann ich also das Vermögen der Menschen über Jahrhunderte hinweg sinnvoll bewerten?

Was bei solchen langfristigen Berechnungen wirklich hilft, ist das Gold, weil es über Jahrhunderte hinweg der konstanteste Wertspeicher ist. Also konkret: Wie hat sich Nettoprivatvermögen (also das Vermögen nach Abzug der Schulden) pro Kopf entwickelt, wenn ich es in Unzen Gold messe? Die KI Grok hat mir dabei geholfen, in vielen Quellen zu wühlen, von Piketty über Bundesbank- und Federal-Reserve- und Reichsfinanzministerium-Archiven bis zum DIW Berlin und Destatis.

Wenn Sie, wie die meisten, vermuten, dass das Privatvermögen heute höher ist als 1950 oder dass es höher ist als zur Kaiserzeit: Der Schein trügt.

Nach einem Tiefpunkt durch die Zerstörungen des Kriegs und Währungsreform und Lastenausgleich wuchs das Vermögen der Deutschen umgerechnet in Gold in der Wirtschaftswunderzeit tatsächlich zwanzig Jahre lang deutlich, nämlich von etwa 45 Unzen Gold um 1950 auf etwa 65 Unzen um 1970. Doch seitdem geht es schleichend bergab. 2017 war das Jahr mit der laut Wirtschaftswissenschaftlern höchsten Produktivität in der Geschichte der Bundesrepublik, aber das Privatvermögen lag nur noch bei etwa 55 Unzen Gold. Heute, im Jahr 2025, liegt es bei 42 Unzen, also niedriger als zur Nachkriegszeit. Nochmal zum Mitschreiben: Das Vermögen der Deutschen ist seit Gründung der Bundesrepublik bis heute gesunken. Doch. Gesunken.

Bevor Sie sich fragen, wo das Vermögen denn hin ist, denn Sie wissen doch, es ist ja nicht weg, es ist nur woanders, schauen Sie bitte noch weiter zurück, vor die Zeit der beiden Weltkriege: Die Deutschen gingen 1871 in die Kaiserzeit mit einem Nettoprivatvermögen von umgerechnet 29 Unzen Gold. Die Gründerzeit machte das Reich dann reich: Deutschland stieg zeitweise zur führenden Wirtschaftsmacht der Welt auf. Das Vermögen der Deutschen wuchs bis 1914 stetig an und betrug am Vorabend des Kriegs 52 Unzen.

Also: 22 Prozent höher als heute. Und das bei einer fast gleichen Vermögensverteilung wie heute: 1914 lag der Gini-Koeffizient bei etwa 0,74, heute liegt er bei 0,72. Der Zuwachs an Wohlstand für alle im Deutschen Reich hat sogar die Wirtschaftswunderzeit in den Schatten gestellt. Hätten Sie das gewusst?

Bleibt eine Frage: Wo also ist heute das ganze Vermögen? Zwei Hinweise: Die deutschen Staatsausgaben betrugen 1914 etwa 34 Millionen Unzen Gold. 2024 lagen sie bei etwa 594 Millionen Unzen Gold. Das ist siebzehnmal mehr.

Und: Das Nettoprivatvermögen der USA betrug 2024 pro Kopf rund 200 Unzen Gold. Das ist knapp das Fünffache des deutschen.

Noch Fragen zum Erfolgsmodell Bundesrepublik?


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