Förderung von Unternehmertum: Innovations- und Start-up-Hilfe als weiteres Einfallstor des Staates
Der freie Markt ist die beste Unterstützung
von Olivier Kessler

Obwohl die Idee nicht neu ist, dass das Unternehmertum die wirtschaftliche Entwicklung befeuert, haben Wissenschaftler und politische Entscheidungsträger erst seit Kurzem im breiten Stil damit begonnen, die Rolle des Unternehmers beim Aufstieg von Nationen als entscheidend zu betrachten. Es wird von vielen anerkannt, dass Unternehmer mit ihren Innovationen, ihrer Förderung des sozialen Wandels und der Schaffung von Wettbewerb die wichtigsten Treiber des Fortschritts sind.
Im Trend sind daher Maßnahmen zur politischen Förderung des Unternehmertums mit Steuermitteln. Gerechtfertigt werden solche Maßnahmen unter anderem mit dem zweifelhaften Argument des „Marktversagens“, wonach es auf einem freien Markt zu suboptimalen Ergebnissen komme — es also „zu wenig“ Gründungen und „zu wenig“ Innovationen gäbe. Eine solche Innovations- und Start-up-Förderung stellt sich leider oft als kontraproduktiver Eingriff heraus, der die wirtschaftliche Freiheit und damit die Entwicklung der betroffenen Länder unterminiert.
Es wird bei solchen Vorschlägen oftmals salopp davon ausgegangen, Staatsbeamte und Politiker verfügten über das nötige Wissen, welche Start-ups und Neugründungen in welchen Branchen besonders großes Potenzial hätten. Man nimmt an, dass die Förderung mit staatlichen Mitteln zu effizienteren Ergebnissen führen könne als bei Marktprozessen, in denen das Wissen sämtlicher Marktteilnehmer nutzbar gemacht werden kann. Solche Fördermaßnahmen ignorieren aber die weitverbreitete Tatsache, dass meistens nicht jene Firmen mit den größten Wachstumspotenzialen die Fördermittel bekommen, sondern jene mit den besten Beziehungen zur Politik. Gefördert wird also nicht das Unternehmertum, sondern die Korruption.
Die Studie „Economic Freedom, Public Policy and Entrepreneurship“ von Daniel L. Bennett and Boris Nikolaev aus dem Jahr 2019 kommt zum Schluss, dass die beste Institution zur Stärkung des Unternehmertums ein System wirtschaftlicher Freiheit sei. Dieses sei durch eine moderate Steuerbelastung und Regulierungsdichte gekennzeichnet. Es ist deshalb kein Zufall, dass in den wirtschaftlich liberaleren Ländern ein höherer Grad an unternehmerischer Tätigkeit beobachtet werden kann.
Dennoch vertreten viele staatsnahe Ökonomen und Politberater die Position, dass es ohne einen Innovationsprozesse steuernden Staat nicht gehe. Sie behaupten, in Wahrheit schaffe erst der Staat die Voraussetzung für die Entstehung von Innovationen.
Eines der bekanntesten Aushängeschilder dafür ist Mariana Mazzucato, die unter anderem die italienische Regierung berät und Professorin am University College in London ist. In ihrer vielzitierten Studie „The Entrepreneurial State“ argumentiert sie, dass es ohne staatliche Investitionen keine Infrastruktur wie Straßen gäbe, obwohl diese für privates Handeln nötig seien. Dabei geht Mazzucato jedoch salopp davon aus, dass niemand außer dem Staat Infrastruktur zur Verfügung stellen könne. Walter Block, Professor an der Loyola University New Orleans, zeigt hingegen in seinem Werk „The Privatization of Roads and Highways“, wie undurchdacht diese Annahme ist. Es gebe keinen Grund anzunehmen, dass nachgefragte Güter, die die Mobilität und den Transport von Gütern erleichterten, nicht auf eine freiwillige Nachfrage stoßen würden. Es sei nicht ersichtlich, warum hier staatlicher Zwang erforderlich sei.
Mazzucato findet außerdem jene Unternehmer suspekt, die aufgrund eines privaten Gewinns tätig seien. Viel lieber sei es ihr, wenn der Staat (der von ihr beraten wird) für die Menschen entscheide und die Geschicke nicht in den Händen profitgetriebener Unternehmer lägen. Sie vertritt dabei den Irrglauben, dass ein gut beratener Staat die Volkswirtschaft in die „richtige“ Richtung lenken könne. Es sei lediglich eine Frage des Willens, ob man eine grüne oder schmutzige Wirtschaft möchte. Die Politik müsse sich nur zu dieser Entscheidung durchringen und das war’s. In anderen Worten: Die ständig versagenden Märkte bräuchten einfach brillante Steuermänner und -frauen wie sie, damit sie sich ideal entwickelten. Diese mit höherer Weisheit ausgestatteten Ökonomen sollten mehr oder weniger unendlich viele neue Gesetzesvorschläge ausarbeiten, um die mehr oder weniger unendlich vorkommenden Fehler der Märkte zu beheben. Dass die daraus entstehende Überregulierung ein Problem für Innovation und Fortschritt ist und in Staatsversagen resultieren muss, wird von Mazuccato einfach per Annahme ausgeschlossen. Es wird so getan, als hätte das politische Eingreifen keinerlei Risiken und Nebenwirkungen.
Was Mazzucato hier als Heilrezept offeriert, ist Hokuspokus. Sie gibt den Leuten, was sie sich insgeheim wünschen: Magie, eine Unmenge von „free lunches“ und liebende Eltern in Form von Vater Staat, der die Leute von oben herab in vorausschauender Weitsicht durchs Leben führt. Es geht um die Abgabe der drückenden Last der Eigenverantwortung an eine Instanz, die sich im Sinne des Allgemeinwohls klug um diverse Angelegenheiten – wie eben Innovationen – kümmert.
Was Mazzucato und ihre neo-keynesianischen Alliierten jedoch immer schön ausklammern, ist die Frage, weshalb Staatsagenturen denn über ein besseres und fortgeschritteneres Wissen verfügen oder weshalb die Agenten des Staates mit höheren moralischen Werten ausgestattet sein sollen als private Akteure. Werden Menschen denn wirklich zu Engeln, wenn sie sich in ein Politikeramt wählen lassen oder eine Verwaltungsposition antreten? Oder woher kommt diese plötzliche Veredelung jener Menschen, denen man die Macht anvertrauen will, um über unser Schicksal, unsere Investitionen und unsere Innovationen zu entscheiden?
Mazzucato argumentiert, Privatinvestoren würden zu kurzfristig und zu lokal denken, weshalb es den langfristig ausgerichteten Staat als Korrektur brauche, um den Innovationsprozess zu verbessern. Sie erklärt dabei nicht, warum der Markteintritt von neuen Firmen ein solches Verhalten nicht bestraft. Ist es nicht der Staat selbst, der neue Akteure mit seiner Überregulierung zunehmend am freien Markteintritt hindert, sodass zum Beispiel nur noch bestehende Großkonzerne mit ihren riesigen Compliance-Abteilungen dem aufgezwungenen Bürokratiekram überhaupt nachkommen können?
Lebensverbessernde Innovationen, die hauptsächlich für den Fortschritt in der Geschichte der Menschheit verantwortlich waren, sind tendenziell nicht das Ergebnis einzelner Erfinder. Sie entstehen meistens nicht aufgrund eines revolutionären Einfalls eines einzelnen brillanten Kopfs aus dem Nichts heraus. Vielmehr sind sie – das hat der Wissenschaftsautor Matt Ridley in seinem Buch „How Innovation Works“ aufgezeigt – das Resultat offener Prozesse von Versuch und Irrtum, an denen unzählige Menschen auf freien Märkten beteiligt sind. Innovationen entstünden, so Ridley, „wenn Ideen Sex miteinander haben“. Damit das geschehen kann, muss die Gesellschaft offen sein und bleiben. Entscheidend ist eine Umgebung der intellektuellen Freiheit, der Meinungsäußerungsfreiheit, der Forschungsfreiheit, der wirtschaftlichen Freiheit sowie das Vorhandensein vieler dezentraler Finanzierungsquellen zur Realisierung allerlei unternehmerischer Ideen.
Das ist das pure Gegenteil eines großangelegten technokratischen Masterplans, der mit zentralisierten Finanzierungsquellen in den monopolistischen Händen der politischen Kaste durchgeboxt werden soll. Solche Phantastereien sind Ausdruck einer gewaltigen Anmaßung von Wissen. Die beste Innovations- und Start-up-Hilfe im Sinne aller ist es, den freien Markt unangetastet zu lassen und die Unternehmer und Innovatoren einfach machen zu lassen.
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