Die wahren Aktienkurse: Jahre des Siechtums
Die abwärts treibende Wirtschaft in Zahlen
von Oliver Gorus drucken

Viele Leute schauen auf die Entwicklung der Aktienindizes, sehen eine langfristig positive Entwicklung, eine sich beschleunigende Aufwärtsbewegung und leiten daraus beruhigt ein irgendwie positives Grundgefühl ab: Die Wirtschaft wächst ja noch. Die Unternehmenswerte beziehungsweise die Marktkapitalisierungen nehmen zu. Der Wohlstand scheint zu wachsen. Es läuft noch. Irgendwie. – Aber dieses Grundgefühl ist völlig irregeleitet und durch Ausblenden von Fakten und geschönte Kulissen von der Realität abgekoppelt wie ein Politikerhirn von der Lebenswirklichkeit der Bürger. Die Aktienindizes errechnen sich nämlich aus den Nominalwerten der Marktkapitalisierungen der Unternehmen, das heißt, sie sind nicht kaufkraftbereinigt, berücksichtigen also nicht die Verschlechterung der Währungen, die durch die inflationäre Ausweitung der Geldmenge verursacht werden.
Was bedeuten die Indizes eigentlich?
Der DAX, also der Index der zunächst 30 und seit 2021 40 deutschen Aktiengesellschaften mit der höchsten Marktkapitalisierung, wurde 1988 eingeführt. Er setzte den seit 1959 publizierten Aktienindex der Börsenzeitung fort. Der 31. Dezember 1987 wurde als 1.000 Punkte definiert, die so normierte Kurve konnte von dort aus auch rückwärts gezeichnet werden. Während des austrudelnden Wirtschaftswunders, das ungefähr in den ersten 20 Jahren der Bundesrepublik stattfand und für einen echten Wohlstands- und Vermögenszuwachs der Deutschen sorgte, dümpelte der so berechnete DAX in einer volatilen Seitwärtsbewegung noch unter 500 Punkten herum. Ab Mitte der 70er, also kurz nach der Entkoppelung des Dollars vom Goldpreis und des darauf folgenden Zusammenbruchs des Bretton-Woods-Systems, hob der DAX dann ab: Der Chart strebte unaufhaltsam nach oben, verlief dabei immer steiler, wie bei einer exponentiellen Kurve, durchbrach Mitte der 80er den Wert von 1.000 Punkten, Ende der 90er den Wert von 5.000 Punkten, um 2015 den Wert von 10.000 Punkten und vor kurzem den Wert von 20.000 Punkten. Das allerdings ist die Entwicklung des Performance-Index, der die ausgeschütteten Dividenden enthält und anders als zum Beispiel der Dow Jones kein reiner Kursindex ist. Durch den Dividenden-Effekt performt der DAX viel höher als die reinen Aktienkurse. Und je länger die Normierung von 1987 zurückliegt, desto heftiger ist der Dividendeneffekt. Das täuscht gewaltig: Während heute der DAX-Performance-Index bei über 20.000 Punkten liegt, steht der DAX-Kursindex gerade mal bei rund 9.000 Punkten.
Der MDAX wurde 1996 eingeführt, er umfasst heute die auf die 40 DAX-Unternehmen folgenden 50 Unternehmen mit den nächstgrößeren Marktkapitalisierungen. Auch dieser Index wurde auf den 31. Dezember 1987 normiert und ist darum mit dem DAX vergleichbar. Von den 90 in diesem Sinne größten Aktiengesellschaften (DAX plus MDAX) entfallen etwa 80 Prozent der Marktwerte auf die DAX-Unternehmen und etwa 20 Prozent auf die MDAX-Unternehmen. Nimmt man den DAX und den MDAX zusammen, dann entstammen diese 90 Unternehmen aus allen Branchen und beinhalten neben den Schwergewichten vor allem viele mittelgroße Industrieunternehmen, die für die deutsche Wirtschaft typisch sind. Wie hat sich nun der Wert dieser Unternehmen als gut geeigneter Indikator für die Gesamtwirtschaft entwickelt?
Zeugnis des Siechtums
Mithilfe der KI Grok habe ich (bei aller gebotenen Vorsicht im Umgang mit diesen bisweilen halluzinierenden Helferlein) diese beiden Kurs-Indizes gewichtet zusammengefasst und die Entwicklung der letzten 20 Jahre, also die Merkeljahre, die bekanntlich noch nicht vorbei sind, kaufkraftbereinigt. Dafür habe ich den über die Jahrhunderte stabilsten Wertspeicher verwendet, nämlich Gold. (Und ja, auch Gold unterliegt einer Inflation, jährlich werden nämlich etwa 3.000 Tonnen Gold aus der Erdkruste ins Menschenreich geholt, was etwa zwischen 1,5 und 2 Prozent der bislang zusammengesammelten Goldmenge entspricht. Aber die Weltbevölkerung wächst parallel dazu auch noch, wenn auch nicht mehr so schnell und knapp unterhalb der Goldinflation, die dadurch nicht ganz wettgemacht, aber immerhin gedämpft wird. Abgesehen davon ist Gold (und Silber) in der Menschheitsgeschichte das praktikabelste und wertstabilste Tauschmittel. Auch heute noch.) Als Datenquellen habe ich Macrotrends, Yahoo Finance, Statista, den London Bullion Market und die Handelsvereinigung World Gold Council verwendet. Ich habe die Durchschnittskurswerte pro Jahr und die Durchschnittsgoldpreise pro Jahr verwendet, habe also pro Jahr einen Datenpunkt erhalten. Die Gewichtung ist 80 DAX zu 20 MDAX. Und für das noch unvollständige Jahr 2025 habe ich mit dem Indexwert der ersten drei Quartale gerechnet.
Was herausgekommen ist: 2005 lag der wie beschrieben errechnete, kaufpreisbereinigte Index-Wert der 90 wertvollsten deutschen börsennotierten Unternehmen bei 12,14 Punkten pro Unze Gold. Die börsennotierten Unternehmen hatten zunächst noch Schwung aus der Regierung Schröder mit den Reformen der Agenda 2010 und stiegen bis 2007 auf den Höchstwert von 15,99 Punkten pro Unze Gold. Doch dann ging es steil bergab bis zum Tiefpunkt 2012. Danach wieder aufwärts bis etwa 2017/2018. Das war für die Unternehmen das letzte einigermaßen gute Jahr. Anschließend begann eine erneute Talfahrt, die bis heute andauert. Das deckt sich mit der Kurve der Produktivität, die seit 2017 stetig abnimmt. Auch das reale BIP pro Kopf liegt heute unter dem Wert von 2017. Seit sieben, acht Jahren geht die Wirtschaft den Bach hinunter. Heute liegt der Index bei 7,07 Punkten pro Unze Gold.
Die 90 wertvollsten deutschen Aktiengesellschaften haben also in den Merkeljahren über 40 Prozent ihres wahren Wertes verloren. Während also die Kurven alle so schön nach oben zeigen, lebt die Wirtschaft in Wahrheit seit zwanzig Jahren von der Substanz und schafft keine neuen Werte. Der Wohlstand nimmt in Wahrheit ab. Das Privatvermögen pro Kopf nimmt in Wahrheit ab. Das Einzige, was wächst, ist der Staat.
Abwärts treibend
Das Arbeitszeugnis der Union fällt drastisch aus. Alles deutet darauf hin, dass die vielfältigen Probleme, die in der Regierungszeit der von Merkel geführten CDU-Regierungen angelegt wurden, nun kumulativ wirken und der Wirtschaft am Fundament nagen. Die Ampelregierung und die Regierung Merz haben dem Abwärtstrend der letzten beiden Jahrzehnte nicht nur nichts entgegenzusetzen, sie verschärfen die Lage durch neue Schulden, neue Regulierungen, höhere Steuern und Abgaben und höhere Energiepreise noch zusätzlich. Den unheilvollen Einfluss der Regierungen kann man an vielen Zahlen ablesen, beispielsweise daran, dass in den letzten 20 Jahren das Wachstum des Staatssektors immer über dem Wachstum der Wirtschaft lag. Der planwirtschaftliche Staat wurde also immer fetter, die marktliche Privatwirtschaft wurde immer weiter verdrängt, die Staatsquote stieg auf um die 50 Prozent. Die Interventionsspirale quietschte wie Bremsbeläge, laut Auskunft der Bundesagentur für Arbeit dienen mehr als die Hälfte aller in den letzten drei Jahren neu geschaffenen Stellen in der Wirtschaft alleine der Aufgabe, Bürokratie- und Regulationsvorgaben des Staats abzuarbeiten.
Die wesentlichen Fehlentscheidungen der Merkeljahre, die der Wirtschaft strukturell am meisten geschadet haben, waren zweifellos der Atomausstieg und die Energiewende, die unkontrollierte Masseneinwanderung in die Sozialsysteme und die Coronamaßnahmen. Dazu kommt eine weiche Währung, deren Geldmenge in den letzten 25 Jahren mehr als vervierfacht wurde, und eine planwirtschaftlich-dirigistische und demokratisch nicht legitimierte autoritär-etatistische EU, die den Unternehmen und den Konsumenten das Leben zur Bürokratiehölle macht.
Die CDU ist die seit Gründung der Bundesrepublik staatstragende Partei, die alle wesentlichen Entscheidungen verantwortet. Sie kann sich das Wirtschaftswunder als Orden an die eigene Brust heften: Es waren schon Adenauer und Erhard, nicht die türkischen Gastarbeiter, die erst später dazukamen. Doch heute bringt die CDU kein glaubwürdiges und vertrauenswürdiges Führungspersonal mehr hervor und hat sich durch die Brandmauer jeder strategischen Option entledigt. Als motorisch eingeschränkter Steigbügelhalter der eigentlich abgewählten Sozialisten kann sie die deutsche Wirtschaft nicht mehr aus der Abwärtsspirale befreien, denn dazu müsste sie selbst einen furchtlosen Ritter in den Sattel hieven, der dann drastische Maßnahmen ergreift, ähnlich wie Javier Milei das in Argentinien gerade tut. Aber dazu haben schwächliche, parasitär von den Problemen der Bürger zehrende dekadente Politiker wie Friedrich Merz und die hinter ihm lauernden und die Messer wetzenden Nachfolger-Seilschaften nicht einmal ansatzweise die Kraft.
Die deutsche Wirtschaft ist gefesselt wie die CDU, und die CDU ist wie ein Abbild Deutschlands: ein Stück mürbes Treibholz, das auf einen Wasserfall zutreibt.
Quellen:
Gewichteter inflationsbereinigter Kurs von DAX + MDAX (2005–2025, Jan.–Sep.) – Oliver Gorus – X.
Kommentare
Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.
Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.