Der Hegemon USA hungert nach noch mehr: Nicht nur „Make America Great Again“, sondern „greater than ever before“
Der Griff nach Grönland ist kein leeres Gerede von Trump – ganz schön verrückt das alles
von Klaus Peter Krause drucken

Der erste Gedanke zu seiner ersten Äußerung in Sachen Grönland: Der spinnt, dieser Trump. Aber nein, tut er nicht. Die USA haben sich im Lauf ihres Bestehens schon etliches Territorium außerhalb ihres Staates einverleibt. Trumps offene Bekundung, den Dänen Grönland abkaufen zu wollen, erstmals bekannt geworden kurz vor Weihnachten 2024, dann zum Thema geworden im neuen Jahr, reiht sich ein in die Erwerbungen, Aneignungen oder Annexionen fremder Gebiete in früheren Zeiten. Der anfänglich eher als Wunsch geäußerte Gedanke mutierte im weiteren Verlauf zu einem Verlangen, einer Forderung, einem Drängen, einem Drohen gar mit einer gewaltsamen Annexion. Auch soll es nicht nur Grönland sein, sondern Kanada und die Panama-Kanal-Zone gleich mit. Wenn schon, denn schon. Nicht nur „Make America Great Again“, sondern „greater than ever before“. Der Hegemon USA hungert nach noch mehr. Schon 2019 in seiner ersten Amtszeit als Präsident der USA hatte Trump vorgeschlagen, Grönland zu kaufen. Dänemark hatte abgelehnt, was Trump damals dazu veranlasste, einen Besuch in Dänemark abzusagen. Nun, am 20. Januar 2025, hat er seine zweite Amtszeit begonnen – mit einer herausfordernden Rede, frei gehalten, ohne Manuskript, ohne Spickzettel, konzentriert.
Grönland auch im Machtvisier von China und Russland
Die USA sehen sich als Hegemon und wollen es – angesichts des Aufstiegs von China – auch bleiben, gegenüber Russland ohnehin. Beide Staaten haben die Arktis mit Grönland ebenfalls im Machtvisier. Grönland ist die größte Insel der Erde, seine Fläche ist rund sechsmal so groß wie die der Bundesrepublik Deutschland. Seine geographische und strategisch bedeutsame Lage sowie seine vermuteten Bodenschätze ziehen die drei Großmächte an wie ein Magnet. Aber Trump, nunmehr zum zweiten Mal US-Präsident, greift nach Grönland ganz unverfroren und offen, wohl, um den anderen beiden zuvorzukommen. Er geht dabei vor wie als Geschäftsmann gewohnt: zunächst das Höchste fordern, als stünde es ihm wie selbstverständlich zu, dann, wenn er auf Widerstand stößt, einen Kompromiss aushandeln und sich über den für ihn selbstverständlichen und gelungenen „deal“ diebisch freuen. Irgendwo habe ich gelesen, Trump, der ehemalige Immobilienmagnat, betreibe sein Ansinnen wie einen Immobilienerwerb. Das klingt so, als brauchten die USA nur ein paar Grundstücke.
Dänemark abweisend: Grönland steht nicht zum Verkauf
Der Widerstand kam natürlich prompt. Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sagte abweisend: „Grönland steht nicht zum Verkauf.“ Das war nicht ganz so unfreundlich wie 2019, als sie Trumps damaliges Ansinnen barsch als „absurd“ abtat. Nun bei Trumps neuem Vorstoß bekam sie verbalen, wenn auch wohl wenig hilfreichen Beistand aus Berlin und Paris: Der Schweizer-Info-Dienst Uncut-News berichtete (siehe untenstehenden Link), Deutschland und Frankreich warnten, die europäische Souveränität sei unantastbar und Trump könne die Grenzen nicht einseitig ändern. Es sei sogar die Rede davon gewesen, dass die EU einen gemeinsamen Verteidigungspakt zum Schutz des dänischen Hoheitsgebiets ins Leben rufen könnte. Das führte Uncut-News anschließend zu der süffisanten Frage: „Und was ist mit dem gegenseitigen Verteidigungspakt der Nato? Werden die Nato-Mitglieder Dänemark gegen den faktischen Nato-Führer, die USA, verteidigen?“
Ganz schön verrückt das alles
Und dann lese ich dort auch noch: „Drei Jahre lang haben die USA und die Nato in der Ukraine ein Blutbad angerichtet, das sich zu einem nuklearen Dritten Weltkrieg auszuweiten droht – und das alles auf dem angeblich heiligen Altar der Verteidigung der Souveränität und der Grenzen der Ukraine vor einer angeblichen russischen Aggression. Und dann kommt Trump daher und droht vermeintlichen Verbündeten mit der Annexion ihrer Gebiete. Die Absurdität dieses Vorfalls entlarvt die Falschheit der westlichen Behauptungen über die Einhaltung des Völkerrechts und die Achtung von Grenzen.“ Ganz schön verrückt das alles.
Trump „ernst nehmen, aber nicht unbedingt wörtlich“
Dänemarks Regierung hat sich aber schnell auf die Realitäten besonnen und ist auf Trump zugegangen. Am 15. Januar hat die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen mit Trump telefoniert und anschließend von einem „offenen Gespräch“ gesprochen. Die Lage sei ernst. Dänemark wolle keinerlei Konflikte mit den Amerikanern im Handelsbereich. Und darüber hinaus wohl erst recht nicht, wie zu ergänzen wäre. Auch der dänische Außenminister Lars Løkke Rasmussen hat am 16. Januar gesagt, die Regierung nehme die Situation ernst. Doch gelte es, eine Eskalation eines Wortgefechts mit Trump zu vermeiden, um die Interessen des Königreichs zu wahren. Man müsse Trump „ernst nehmen, aber nicht unbedingt wörtlich“. Amerika habe auf Grönland Sicherheitsinteressen, dafür werde man eine Lösung finden. Die dänische Regierung versuche, „weder Trump zu verärgern noch die Unabhängigkeitsbestrebungen Grönlands anzufachen“, war in der „FAZ“ zu lesen.
Offenbar sehen viele Grönländer in Trumps Griff nach Grönland eine Chance
Grönland, im 18. Jahrhundert von Dänemark kolonialisiert, gehört zwar zu Dänemark, ist aber innerhalb des Königreiches autonom und, anders als Dänemark, nicht Mitglied der Europäischen Union. 1985 hatte Grönland die EU verlassen. Wohl sind Grönländer dänische Staatsbürger, aber keine EU-Bürger. Grönland regiert sich seit 1979 selbst, hat eine eigene Regierung und ein eigenes Parlament, möchte sich aber trotzdem von Dänemark lösen und die volle Souveränität erreichen. Offenbar viele Grönländer sehen in Trumps Griff nach Grönland eine Chance dafür. Doch müssen sie abwägen, ob sie von den USA als amerikanischer Bundesstaat vereinnahmt werden wollen oder ihre Freiheit erhalten möchten (und können), sobald sie sich ganz von Dänemark gelöst und die volle Souveränität erreicht haben. Und ebenfalls zu überlegen hätten sie, ob sie mit ihrer gegenwärtigen Autonomie innerhalb Dänemarks wie bisher vielleicht nicht doch besser aufgehoben sind.
Grönland hat es auf seinem Weg in die volle Souveränität schon weit gebracht
Die volle Freiheit Grönlands von Dänemark gilt nicht mehr als unwahrscheinlich. Die Grönländer haben ein Selbstbestimmungsrecht. Rechte kann man zwar haben, doch kommt es darauf an, sie auch durchzusetzen. Aber bis dahin dürfte es Grönland derweilen gebracht haben. Die Ministerpräsidentin Frederiksen hat zur Zukunft Grönlands inzwischen gesagt, diese werde durch die Grönländer bestimmt und von niemandem sonst. So weit war Dänemark bisher nicht gegangen. Also können die Grönländer darüber abstimmen, was sie in Zukunft wollen: frei sein, amerikanisch werden oder weiter als USA-Vasallenstaat leben wie Dänemark und die anderen EU-Länder. Am ehesten wird dabei wohl eine der beiden letztgenannten Optionen herauskommen.
Viel Freiraum in Grönland haben die USA schon seit 1951
In einer Pressekonferenz in Florida hat Trump gesagt: „Man weiß nicht einmal, ob Dänemark einen Rechtsanspruch auf Grönland hat, aber wenn ja, sollten sie es aufgeben, weil wir es für die nationale Sicherheit brauchen.“ Den Einsatz militärischer Gewalt zur Beschlagnahme des Gebiets schloss Trump nicht aus. Einen Luftwaffenstützpunkt auf Grönland haben die USA bereits, in Thule. Er verfügt über ein Frühwarnsystem gegen beziehungsweise für ballistische Raketen, denn über die Insel führt der kürzeste Weg zwischen Europa und dem Norden des amerikanischen Kontinents. Einen freien Zugang zu ganz Grönland aufgrund eines Verteidigungsabkommens mit Dänemark aus dem Jahr 1951 haben die USA ohnehin schon. Nun soll es ein bisschen mehr sein. Aus sicherheitspolitischer Sicht allerdings erschließt sich das Ansinnen Trumps nicht, war in der „FAZ“ zu lesen. Mutmaßlich gehe es ihm bei dem Vorstoß auch um die bisher weitgehend unerschlossenen Rohstoffe, darunter Gold, Metalle, Uran und seltene Erden.
Macht korrumpiert …
Das Ausgreifen der USA auf andere Territorien und ihr kriegerisches Eingreifen in fremden Ländern geschehen stets mit der hehren Begründung, die Freiheit zu sichern, freilich nur die eigene, nicht die der anderen, und stets durch noch mehr Macht für sich selbst. Aber „Macht korrumpiert, und absolute Macht korrumpiert absolut“. Der Ausspruch stammt vom britischen Historiker Lord Acton: „Power tends to corrupt and absolute power corrupts absolutely.“ So ist das nun mal und schon immer so gewesen. Die USA machen davon vollen Gebrauch.
Uncut-News: Trumps Drohung mit der Annexion Grönlands auf dänischem Fußabtreter
Klaus Peter Krause: „Grönland kaufen“ und „Wie die USA wurden, was sie sind“
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