13. März 2025 06:00

Arbeitsmarkt Jobrettungsprogramme

… sind Ressourcenverschwendungsprogramme

von Olivier Kessler

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Bildquelle: IM Imagery / Shutterstock Roboterisierung: Das Ende der Arbeit?

Viele Politiker lieben es, mit den Ängsten der Bevölkerung zu spielen, um sich dabei als Retter und Beschützer aufzuspielen und damit den Eindruck zu erwecken, die Bürger bräuchten sie. Besonders effektiv lässt sich die eigene Macht zementieren oder ausweiten, wenn man gekonnt auf der Klaviatur der Verlustängste spielt: Psychologen haben nämlich herausgefunden, dass uns der Gewinn einer Sache nicht annähernd so viel Freude bereitet, wie uns der Verlust derselben Sache schmerzt. Warum also nicht die weitverbreitete Angst eines Arbeitsplatzverlusts für politische Zwecke instrumentalisieren? Eine solche Angst lässt sich besonders gut schüren, wenn man vor neuen Technologien oder Einwanderern warnt, die uns die Stelle wegnehmen würden. Nur ein beherztes Eingreifen der Politik könne solches Unheil abwenden, zum Beispiel mit Robotersteuern, restriktiven Einwanderungsgesetzen oder mit „Jobrettungsprogrammen“.

Um diesen Etikettenschwindel der Politik zu durchschauen, gilt es, einige der verbreiteten Missverständnisse aufzudecken. Ein erstes ist die Fehlannahme, dass die Anzahl der Arbeitsplätze in einer Volkswirtschaft nach oben limitiert sei. Wenn die bestehenden Aufgaben neu von Einwanderern erledigt würden, so würden die „Bisherigen“ ihre Arbeit verlieren. Doch diese Sicht der Dinge vergisst die Bedürfnisse der Arbeitskräfte, die ins Land kommen. Wenn durch Einwanderung mehr Menschen in einer Volkswirtschaft leben, so wollen auch mehr Bedürfnisse befriedigt werden. Dies bedeutet, dass sich die unternehmerischen Gelegenheiten ausweiten und damit auch die Arbeitsplätze.

Die Wirtschaft ist auch keine Konstante mit einer gegebenen Anzahl von Arbeitsplätzen, die einfach verteilt werden könnten. Die menschlichen Bedürfnisse sind weder konstant noch endlich, sondern potenziell unendlich und unterliegen ständigen Veränderungen. Selbst wenn man an den Punkt gelangen würde, an dem alle Bedürfnisse aller Menschen irgendwie gestillt wären, gäbe es auch dann immer noch Möglichkeiten, diese besser, schneller, kundenfreundlicher und umweltschonender zu erfüllen. Es gibt also immer Anlass für Verbesserungen und dadurch auch das Potenzial für neue Arbeitsplätze. Die Anzahl der Jobs ist in einer freien Marktwirtschaft nicht systemisch beschränkt, weil die menschlichen Bedürfnisse es auch nicht sind. Die Anzahl der Jobs wird vielmehr durch politische Eingriffe wie Mindestlöhne künstlich begrenzt, weshalb Staatsinterventionen als Antwort auf einen behaupteten Arbeitsplatzmangel nicht taugt.

Der Psychologe Abraham Maslow (1908–1970) ordnete in der nach ihm benannten Maslow-Pyramide auf vereinfachende Weise die verschiedenen Arten von menschlichen Bedürfnissen hierarchisch an. Primär erfüllt werden wollen die physiologischen Bedürfnisse – also die Versorgung mit Essen und Trinken. Danach kommen die Sicherheitsbedürfnisse, die sozialen Bedürfnisse, die Individualbedürfnisse und zuoberst auf der Pyramide die Selbstverwirklichungsbedürfnisse. In einer wohlhabenden Gesellschaft läuft es darauf hinaus, dass bei einer zufriedenstellenden Deckung aller anderen Bedürfnisse letztlich die Individual- und die Selbstverwirklichungsbedürfnisse an der Reihe sind – und die sind potenziell unendlich. Ohne jobvernichtende Regulierungen, wie etwa Mindestlohnvorschriften, Kündigungsschutz und überhöhte gesetzliche Anforderungen an die Arbeitgeber, wird es immer Möglichkeiten geben, Jobs zu schaffen, mit denen diese Bedürfnisse noch besser befriedigt werden können. Die Arbeit wird den Menschen also auch im Zeitalter der Digitalisierung und der Roboter nicht ausgehen.

Hinter der Annahme, Roboter würden Arbeitern die Jobs „stehlen“, steckt eine Vorstellung der Wirtschaft, bei der davon ausgegangen wird, dass die allererste Priorität des Wirtschaftslebens die Schaffung von Arbeitsplätzen sei. Doch das wichtigste Ziel einer Volkswirtschaft ist nicht das Kreieren und die Erhaltung von Jobs, sondern die Befriedigung möglichst vieler Bedürfnisse.

Es wäre Ausdruck großer Verwirrtheit, wenn die Politik das Ersetzen von Arbeit durch Roboter deshalb verhindern wollte, um bestehende Jobs, die Roboter besser, schneller und kostengünstiger erledigen könnten, zu bewahren. Damit würde die Politik den Anstieg der Lebensstandards für breite Schichten verhindern. So sind wir beispielsweise alle froh, dass Schreibmaschinen durch Computer und Laptops ersetzt worden sind, weil damit die Schreibarbeit wesentlich erleichtert werden konnte, Fehler einfacher korrigiert, Dokumente problemlos wie auch kostengünstig vervielfältigt und elektronisch verschickt werden können. Hätte der Staat den Computer zum Schutz der Arbeitsplätze in der Schreibmaschinen-Industrie besteuern oder verbieten wollen, wäre damit ein enormer gesellschaftlicher Fortschritt verhindert worden.

Nichtsdestotrotz kursieren verschiedene Vorschläge auf dem politischen Parkett, mit denen bestehende Jobs durch eine Robotersteuer gerettet werden sollen. Doch wird der Einsatz von Robotern besteuert, schadet dies den Konsumenten – also uns allen –, weil nützliche Leistungen damit künstlich verteuert werden. Letztlich tragen die Konsumenten die unnötigen Mehrkosten und können sich wegen der Steuer weniger Erzeugnisse leisten und weniger Bedürfnisse befriedigen. Ähnliches gilt für die Subventionierung, um unrentable Arbeitsplätze zu erhalten. Damit schadet man den Steuerzahlern und nimmt ihnen Mittel weg, die sie zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse effizienter hätten ausgeben können – und steckt sie in unrentable Arbeitszweige, die Dinge produzieren, die niemand (mehr) braucht.

Bei der ganzen Roboter-Diskussion geht oftmals der Nutzen vergessen, der diese Geräte für die Menschheit schaffen: Roboter erhöhen die Lebensqualität, indem sie den Menschen Arbeiten abnehmen, die lebensgefährlich, ungesund und körperlich äußerst anstrengend sind – beispielsweise Tätigkeiten in Minen, auf Baustellen oder im Haushalt. Auch brauchen Roboter keinen Schlaf und können daher problemlos nachts und ohne Pausen arbeiten, was den Output zum Nutzen aller erhöht. In der Tat kann die Substitution gewisser Arbeiten durch Roboter zu unangenehmen Situationen für die betroffenen Angestellten führen – auch wenn der Nutzen solcher Geräte für die große Masse unbestritten ist. Es wird Situationen geben, in denen man sich beruflich umorientieren muss. Sollte der Staat diese „Opfer der Modernisierung“ nun „auffangen“, sie damit aus der Notwendigkeit der produktiven Tätigkeit entlassen und sie auf das Abstellgleis des Sozialstaates befördern?

Ständige Umstrukturierung, lebenslanges Lernen und die Anpassung der Produktionsprozesse an neue Technologien und menschliche Bedürfnisse waren und sind für den Anstieg der Lebensstandards unverzichtbar. Eine freie Marktwirtschaft strukturiert sich aufgrund der ständigen Innovation fortlaufend um, verbessert die Produktionsabläufe und richtet sich permanent und konsequent an den echten Bedürfnissen der Konsumenten aus. Das ist wichtig und richtig, denn so erhöhen sich die Produktivität und die realen Einkommen aller Arbeiter. Die Erfahrung hat gezeigt, dass einzig eine freie Marktwirtschaft mit ihrer Flexibilität es schafft, hohen Wohlstand für alle zu generieren.

Auch dank den unendlichen Möglichkeiten des Internets ist heute potenziell jeder dazu befähigt, zu tiefen Kosten zu lernen und sich entsprechend der Bedürfnisse der Gesellschaft weiterzuentwickeln – auch beruflich. Jeder kann sich heute diverse Skills anhand von oftmals frei zugänglichen Lerninhalten aneignen. Die allermeisten haben heute Zugriff zu einer unglaublich umfangreichen Wissensdatenbank, wie sie die Menschheit zuvor noch nie gesehen hatte. Wer keine schwerwiegenden Gründe vorzuweisen hat, von dem sollte man erwarten können, dass er diese Chancen eigenverantwortlich beim Schopf packt.


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