26. März 2025 10:00

„Reality-Show“ Die Sache mit dem Stiefel und seiner multipolar dreigeteilten Sohle

Doch vorher zum denkfabrizierten Spocht

von Axel B.C. Krauss

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Bildquelle: Ben_Je / Shutterstock Multipolare Weltordnung: Wird gezielt von globalistischen Thinktanks vorangetrieben

Das Kürzel „CFR“ dürfte vielen bekannt sein. Es steht für eine Denkfabrik namens „Council on Foreign Relations“, den „Rat für auswärtige Beziehungen“, bei dem es sich um den wichtigsten außenpolitischen Thinktank der USA handelt. Er ist der amerikanische Sprössling des RIIA (Royal Institute of International Affairs), auch bekannt als „Chatham House“, wiederum hervorgegangen aus den „Round Table“-Gruppen des British Empire, etc cetera yadda yadda. Das muss nicht alles noch mal aufgedröselt werden, da es längst Allgemeinwissen sein sollte.

Jedenfalls plädierte der CFR im Januar 2025 für eine neue Denkweise in der US-Außenpolitik, um, wie es in einem Artikel von Thomas E. Graham vom 30. Januar 2025 hieß („Remaking the World Order: No Small Feat“), „Europa zu ermutigen, die Verantwortung einer Großmacht zu übernehmen, die über die nötige harte Macht verfügt, um die meisten Sicherheitsrisiken in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu bewältigen“.

Kurze Zeit später, im März, sorgte ein sogenannter Eklat im Weißen Haus zwischen Trump, seinem Außenminister JD Vance und dem ukrainischen Apparatschik Selenskyj dafür, dass die USA die militärische Hilfe für die Ukraine angeblich einstellten. Zumindest offiziell-politisch. Dies galt jedoch nicht für US-Rüstungsunternehmen wie „Anduril“, das von Peter Thiel finanziell gesponsort wurde, der außerdem JD Vance ins Weiße Haus pamperte. Jedenfalls wurde offiziell proklamiert, Washington würde der Ukraine keine Waffen mehr liefern, während Anduril mit der britischen Regierung einen Vertrag über die Lieferung von Angriffsdrohnen des Typs Altius-600M und -700M an das osteuropäische Land abschloss.

In der EU wurde die Entscheidung Trumps scharf verurteilt, die direkt danach aber einen 800 Milliarden schweren Plan namens „ReArm Europe“ auflegte, um sich, man könnte sagen, zu ermutigen, die Verantwortung einer Großmacht zu übernehmen, die über die nötige harte Macht verfügt, um die meisten Sicherheitsrisiken in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu bewältigen (überhören Sie bitte das zufällige Echo).

Der CFR setzt sich seit langer Zeit vehement für das „Multipolaritäts“-Modell ein, da die auf internationalen Regeln basierende Ordnung – die IRBO (International Rules-Bases Order) –, also das bisherige „unipolare Modell“, rapide auseinanderfalle. Thomas Graham definiert fünf regionale Pole für ein „multipolares globales Regierungssystem“: USA, China, Indien, Russland und Europa. Der CFR argumentiert, die USA könnten durch eine Außenpolitik mit dem Ziel, Chinas Macht einzuschränken, Indien als geopolitische Macht zu fördern, Russlands Macht zu erhalten und diejenige Europas zu stärken, zur Multipolarität beitragen.

Neben dem CFR setzt sich auch dessen nicht weniger einflussreicher „Bruder“-Thinktank der Trilateralen Kommission für diese vorgeblich multipolare Ordnung ein. Dort wurde die Welt bereits 1973 in drei Blöcke eingeteilt: Nordamerika, Europa und der asiatische/pazifische Raum. Auch das sollte nicht verwundern, schließlich trägt die Kommission nicht umsonst das „trilateral“ im Namen, was so viel bedeutet wie „auf drei Ebenen“. Sie wurde vorrangig mit dem Ziel der Förderung ebendieses multipolaren Modells gegründet und arbeitet seit Jahrzehnten daran.

Man kann auch gerne weiter zurückschauen. Ein Jahr später, 1974, erklärte der amerikanische Historiker Carroll Quigley in einem Interview mit Rudy Maxa, einem Reporter der „Washington Post“, ausführlich, wie die „Drei-Mächte-Welt“ bereits vor dem Zweiten Weltkrieg ins Auge gefasst wurde. Die grundlegende Idee war, einen transatlantischen, einen vereinigten europäischen und einen sowjetischen Block zu schaffen, die dann gemeinsam die globale „Machtgleichgewichtsstruktur“ bilden und dominieren sollten.

Die offizielle Darstellung von „Experten“ und der Massenmedien lautet, der derzeitige Isolationismus und die „America First“-Philosophie der Trump-Regierung sei eine Art Abwehrreaktion gegen die Multipolarität oder stelle ihre „pessimistische“ Interpretation dar. Wohingegen die positive, „optimistische“ Lesart deutlich näher am ursprünglichen multipolaren Modell und den Intentionen des „UN-Zukunftspakts“ liege. Interessant ist allerdings, dass beide Strömungen – sowohl die angeblich negative als auch die positive – die multipolare Weltordnung trotz ihrer Unterschiede letztendlich nur vorantreiben.

Iain Davis bemerkte dazu in seiner gewohnt herausragend recherchierten zweiteiligen Artikelreihe „Das dunkle Maga-GovCorp-Technat“ trocken: „Es ist schwer zu sagen, ob die Pressekonferenz zwischen Trump (dem ehemaligen Reality-TV-Star) und Selenskyj (dem ehemaligen Schauspieler und TV-Komiker) komplett inszeniert war oder nicht. Offensichtlich wurden beide Präsidenten zumindest vor ihrem recht außergewöhnlichen öffentlichen Streit gebrieft. Unbestritten ist, dass die Entwicklung der globalen politischen Reaktion genau dem Modell und den Vorschlägen der Denkfabriken entspricht. Die extrem schnelle Reaktion auf die außenpolitische Wende der USA gegenüber der Ukraine hat die militärische Vereinigung und Aufrüstung der EU vorangetrieben. Dies steht in völligem Einklang mit den Strategien und Plänen, die von globalistischen Thinktanks ausgearbeitet wurden. Vielleicht treffen zufällige Ereignisse aufeinander und jede Entscheidung ist nichts weiter als eine Reaktion, aber die Beweislage widerspricht der bloßen ‚Zufallstheorie‘ völlig.“

Es wird langsam sehr, sehr langweilig. Das war natürlich kein Vorwurf gegenüber Davis, sondern gegenüber der Multipolaritäts-Agitprop und den damit eng verbundenen, unermüdlich verbreiteten Falschbehauptungen vor allem über den Brics-Block, der einen angeblichen Gegenentwurf zum Westen darstelle. Was mich betrifft, so genieße ich jetzt einfach diese „Reality-Show“. Dagegen ankämpfen zu wollen, ist meiner Meinung nach sinnlos – dafür ist die Desinformationsdichte bereits viel zu hoch. Es genügt, solche Informationen einfach zu präsentieren. Wer sie unbedingt ignorieren und weiterhin glauben will, es mache einen Unterschied, ob man den Stiefel von Herrschaftssystem A im Gesicht spürt oder von System B – oder ob seine Sohle von einer multipolaren Schere dreigeteilt wird –, soll das halt tun.

Und nicht vergessen: Nutzen Sie unbedingt „X“, das bald in eine „Alles-App“ nach dem Vorbild von Chinas „WeChat“ umgewandelt werden wird. Dort kann man sich noch frei austauschen! Vorwärts in die multipolar-doppelplusgute „Vielfalt“ der Systeme, egal, ob politisch oder auf „Social Media“!

Bis nächste Woche.


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