12. Juli 2025 06:00

Intoleranz als Tugend Die Menschheitsfamilie als Falle

Von Nächstenliebe und anderem Schwachsinn

von Manuel Maggio drucken

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Bildquelle: Redpixel.Pl / Shutterstock Eine sich liebende Menschheitsfamilie: Eine Illusion?

Liebe Leser der Freiheitsfunken, ich muss mich hier an dieser Stelle bei Ihnen entschuldigen. Ich bin Ihnen vier Wochen lang meine Kolumne schuldig geblieben und melde mich nun also aus meiner ungeplanten Sommerpause zurück. Ich brauche Ihnen da auch nichts vorzumachen – irgendwann ist einfach mal die Luft raus, und genauso erging es mir die letzten Wochen. Mein Anspruch beim Schreiben ist es, Sie als meine Leser zu bereichern, ich möchte Sie nicht mit belanglosem Zeug nerven und Ihre kostbare Lebenszeit mit unwichtigen Gedanken verschwenden. Doch was ist, wenn eigentlich schon alles gesagt wurde? Immer und immer wieder die gleichen Kamellen rauszuhauen, bringt da dann auch nichts mehr. Also habe ich es einfach sein lassen und die letzten Wochen auf das Schreiben verzichtet. Ich werde mich darum bemühen, Sie nun wieder regelmäßig mit meinen Gedanken einmal pro Woche zu versorgen.

In meiner heutigen Kolumne möchte ich mich des Themas der Toleranz annehmen. Nichts wird so sehr gefordert und propagiert wie sie, doch was steckt wirklich dahinter? Was ist das Wesen der Toleranz? Brauchen wir sie wirklich oder kann zu viel davon sogar gefährlich werden? Bei dem Begriff muss ich auch stets sofort an den Kabarettisten Gerhard Polt und seinen Sketch gleichen Namens denken. Hier erklärt er Toleranz ungefähr so: „Wenn sie zehn Weißbier und sieben Schnäpse trinken und dann einen Schweinsbraten mit vier Knödeln essen und danach noch eine Portion Rinderbraten vertragen, dann ist ihr Magen sehr tolerant. Jemand anders trinkt nur einen Kamillentee und muss sich dann sofort übergeben.“ Auch wenn dies natürlich nicht ganz der eigentlichen Definition von Toleranz entspricht, geht es im Wesenentlichen um das Aushalten von etwas, was mich stört. Ein aktuelles Beispiel aus meinem Alltag: Zurzeit regen mich unsere Nachbarn sehr auf. Die Kids machen das Treppenhaus immer extrem dreckig, und alles wird mit Rollern, Kinderwagen und sonstigem Kram vollgestellt. Bis jetzt war ich immer tolerant und habe nichts gesagt, doch wieso eigentlich? Wem hilft die Toleranz an dieser Stelle weiter? Wenn diesen Missstand niemand anspricht, dann werden die Rotzlöffel der Nachbarin sicher nicht ordentlicher, und wenn ich mich weiter nur im Stillen über den Saustall im Treppenhaus aufrege, dann bekomme ich am Ende noch selbst einen Konflikt und werde krank. Toleranz bedeutet also auch, Missstände zu ignorieren und sie auf keinen Fall zum Thema zu machen, auf gut Deutsch: die Fresse halten und sich alles im Namen der Toleranz gefallen lassen.

Während ich diese Zeilen schreibe, fallen mir unzählige Beispiele für negative Folgen dieser Form von unterwürfiger Toleranz ein, aber kein einziges Beispiel, in dem wir als Menschen von Toleranz im Sinne von Freiheit und Verantwortung profitieren können. Aus dem oben genannten Sketch von Gerhard Polt stammt auch sinngemäß folgende Aussage: Sind Sie tolerant? Nein! Nur ein Rindviech ist immer tolerant, als Mensch muss man auch einmal ganz klar Nein sagen können.

Wenn ich mir diese Welt so ansehe, dann könnte es wirklich eine Lösung für die Anspannung und Missstände sein, wenn wir uns darum bemühten, so intolerant wie nur möglich zu sein, zu nichts mehr einfach nur Ja sagten, alles, was uns stört, ansprächen und auf Menschen, die sich unmenschlich verhalten, auch mal gezielt mit dem Finger zeigten und das Licht auf ihre dunklen Machenschaften lenkten.

Kommen wir noch mal auf meine Nachbarskinder zurück: Oft habe ich mir überlegt, wie das mit den Zehn Geboten und der Nächstenliebe eigentlich in so einem Fall gemeint sein könnte. Angeblich steht ja in der Bibel: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Irgendetwas hat mich daran schon immer gestört, denn alleine der Umstand, dass jemand neben mir steht, kann nicht Grund genug sein, diesen zu lieben. Die Gefahr, hier auch Psychopathen auf den Leim zu gehen und dann diesen auch noch Liebe zu schenken, wäre beim Ernstnehmen dieses Gebots doch enorm gegeben. Kann das Moses, oder wer auch immer die Zehn Gebote auf die Steinplatten geritzt hat, wirklich so gemeint haben? Liegt in der blinden Liebe zu gefährlichen Menschen nicht auch eine große Gefahr? Was soll das für ein Kriterium sein, der Nächste? Umgeben von Idioten, macht das alles keinen Sinn, oder wie sehen Sie das? Meine Frau interessiert sich auch für das Thema Bibelrückübersetzungen, und dort wird dieses Gebot mit einem kleinen, aber doch sehr feinen Unterschied wiedergegeben. So heißt es dort: „Liebe deinen Weggefährten wie dich selbst.“ Ein Weggefährte hat eine Beziehung zu mir und meinem eigenen Lebensziel, was eine ganz andere Qualität als einfach nur der Nächste hat. Bei dieser Formulierung ist nichts mehr willkürlich, sondern ich suche mir meine Weggefährten sehr genau aus. So macht das auch mit der Liebe wieder Sinn, dieses Gebot ist in sich logisch und wertvoll.

Ich hoffe, Sie halten das alles aus. Zunächst fordere ich Sie zu Intoleranz auf und dann stelle ich auch noch die Sinnhaftigkeit der Zehn Gebote in Frage. Doch eventuell erkennen Sie ein Muster, denn wenn Sie mir bis hierher folgen konnten, dann ist es für Sie sicher kein Problem mehr, sich von der romantischen Idee einer Menschheitsfamilie zu lösen. Denn die Familie ist etwas sehr Konkretes, die Verbindungen innerhalb einer Familie haben etwas mit Fleisch und Blut zu tun und sind unser stärkster und natürlichster Bund mit anderen Menschen. Diesen Familienverbund jetzt auf einmal auf die gesamte Menschheit auszuweiten, ist im weitesten Sinne sogar gesellschaftlicher Selbstmord. Die Abgrenzung von anderen Menschen ist wichtig, damit wir in einem engen Kreis auch als soziale Wesen funktionieren. Niemals würde ich einem fremden Menschen auf der Straße so viel Vertrauen wie einem Familienmitglied schenken, denn dies wäre grob fahrlässig. Natürlich ist es ein romantischer Gedanke, mit allen Menschen friedlich am Lagerfeuer zu sitzen, doch dies würde ebenso Kriegstreiber, Gewalttäter, Mörder, Vergewaltiger und sonstige Kriminelle in diese Menschheitsfamilie einschließen. Auf eine solche Gesellschaft beim Lagerfeuer kann ich getrost verzichten, das garantiere ich Ihnen.

In diesem Sinne beende ich meine Kolumne mit dem Vorsatz: Mehr Intoleranz, weniger blinde Nächstenliebe und mehr echte Bindung anstatt Träumerei von einer Menschheitsfamilie.


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