Anmaßung und Machbarkeitswahn: Die Hybris der Regierenden
Blinder ideologiegetriebener Aktionismus
von Andreas Tögel drucken

Im Jahr 1984 erschien das wohl bekannteste Buch der amerikanischen Historikerin und Pulitzerpreisträgerin Barbara Tuchman: „Die Torheit der Regierenden“ (Originaltitel: „The March of Folly“). Anhand historischer Ereignisse „von Troja bis Vietnam“ beschreibt sie darin Fehlentscheidungen politischer Verantwortungsträger, die schwerwiegende Folgen nach sich zogen. Einer der hauptsächlichen Gründe für diese Fehlentscheidungen liegt in der Neigung der Regierenden, ihre Möglichkeiten maßlos zu überschätzen. Abseits utopischer Kopfgeburten – also im real existierenden irdischen Jammertal – kann der Glaube eben keine Berge versetzen. Der Wille allein reicht eben oft nicht aus, um ein beliebiges Ziel zu erreichen. Die beste Intention kann, sofern untaugliche oder gar kontraproduktive Mittel gewählt werden, das Gegenteil des Gewünschten bewirken.
Die Vergeblichkeit von anlassbedingt erlassenen Gesetzen bietet dafür gute Beispiele. So führt etwa der fromme Wunsch, „leistbares Wohnen“ für jedermann sicherzustellen, indem man Mietpreisdeckel einführt, Vermieter enteignet und den Wohnbau verstaatlicht, niemals zum angepeilten Ziel – jedenfalls sprechen die verfügbaren empirischen Erfahrungen dagegen. Das Los von Geringverdienern durch gesetzlich oktroyierte Mindestlöhne zu verbessern, gelingt auch nicht (der US-Ökonom Thomas Sowell hat sich in seinem Buch „Basic Economics“ ausführlich mit dieser Frage beschäftigt und kommt zu einem eindeutigen Urteil). Faktisch liegt der gesetzliche Mindestlohn – nämlich dann, wenn er den Marktpreis für die jeweilige Tätigkeit überschreitet – infolge der daraus resultierenden Arbeitslosigkeit bei null.
Doch nicht nur in Wirtschaftsfragen erheben die Regierenden – getrieben von ihrem Willen, nach der nächsten Wahl nicht vom steuerfinanzierten Futtertrog vertrieben zu werden – den Wunsch zum Vater ihrer Gedanken. Auch und besonders auf dem Gebiet der inneren Sicherheit regiert der Machbarkeitswahn. Gedrängt von einer stets aufregungsbereiten Medienszene, suchen die politisch Verantwortlichen ihr Heil allzu oft in blindem Aktionismus. Motto: Es ist etwas passiert, also muss etwas geschehen! Da infolge der ungebremsten Massenzuwanderung aus gewaltaffinen Stammeskulturen die Zahl der tätlichen Angriffe auf offener Straße explosionsartig zunimmt, wird es zur Mode, an bestimmten „Brennpunkten“ Messerverbotszonen einzurichten. Überflüssig festzustellen, dass davon natürlich kein nennenswerter Effekt ausgeht (wie zahlreiche Beispiele in Wiener Messerverbotszonen beweisen). Immerhin kann die Regierung darauf verweisen, nicht untätig geblieben zu sein.
Nach dem Schulmassaker in der steirischen Hauptstadt Graz erfolgte prompt der Ruf nach einer Verschärfung des Waffengesetzes, was zwar die Zahl der Bluttaten im Lande nicht reduzieren wird – wie schon die vielen Verschärfungen in der Vergangenheit belegen –, aber die Regierung wenigstens nicht dem Vorwurf aussetzt, in der Untätigkeit zu leben.
Der nächste Geistesblitz im Gefolge des Grazer Schulmassakers: Die Zahl der Schulpsychologen soll verdoppelt werden. Genial. Haben diese famosen Psychologen schon bisher (außer Kosten) nichts gebracht, soll die Verdoppelung ihrer Zahl künftig jedes Verbrechen à la Graz verhindern. Die Analogie zur Zahl der zwecks Stromerzeugung installierten Windräder ist unübersehbar: Sie bringen bei Flaute zwar nichts, trotzdem wird ihre Anzahl erhöht. Drastischer kann sich ideologiegetriebener Irrsinn nicht offenbaren.
Mit dem Gedanken, dass ein Leben in Freiheit mit Risiken aller Art verbunden ist, kann die politische Klasse mitsamt ihren medialen Herolden offensichtlich nicht leben. Kein noch so rigides Regulativ kann Wohnungsnot oder Arbeitslosigkeit beenden, wenn die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür nicht stimmen. Kein noch so restriktives Waffengesetz wird je einen missbräuchlichen Schusswaffengebrauch verhindern, wenn eine entsprechende Neigung des Täters besteht. Und die Beschäftigung zusätzlicher Tausendschaften von Psychologen wird nicht verhindern, dass ein zu allem entschlossener Täter seinen Mitmenschen Schaden zufügt. Einzig messbarer „Erfolg“ des Engagements zusätzlicher Schulpsychologen ist die Erhöhung der Zahl unproduktiver Kostgänger des Staates zulasten der Steuerzahler.
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