Entstaatlichung: Freiheit braucht Antipolitik
Für eine Repräsentanz der Nichtwähler

Das neue Jahrtausend wird jenen Gesellschaften gehören, die den administrativen Staat ablegen und sich auf einen Kapitalismus zubewegen, der frei vom Staat und von der Politik ist.
Antipolitik bedeutet Ablehnung der Politik. Im „Antipolitiker“ manifestiert sich allerdings der Widerspruch, dass man nicht umhinkommt, politisch zu denken und zu handeln, wenn man Politik ablehnt und sie eingrenzen oder ganz abschaffen will. Im Verlaufe der Geschichte wurde schon manche Institution abgeschafft oder zumindest stark eingegrenzt, die Jahrtausende davor noch als unverzichtbar galt. Könnte das auch für die Politik gelten? Wohl kaum. Politik ist Bestandteil des Menschen als soziales Wesen. Worum es geht, ist Politik als Parteienpolitik. Die Politik zu delegitimieren bedeutet so, den Parteipolitiker zu kriminalisieren, so wie Mörder und Räuber als Verbrecher kriminalisiert werden. Aber auch solch legalistisches Denken führt in Widersprüche. Schließlich lebt Politik durch das Gesetz und für das Gesetz. Als Antipolitik kommt so die Ächtung infrage. Antipolitik bedeutet dann, den Politiker, der Politik zu seinem Geschäft macht, zu ächten und zu verachten und seinem Treiben möglichst viel Widerstand entgegenzusetzen. Der Karrierepolitiker erträgt eher Hass als Verachtung, er nimmt eher Verfolgung hin, als missachtet zu werden. Wenn man sich in der Gegenwart umschaut, wird man sehen, dass die Antipolitik schon ziemlich weit fortgeschritten ist. Wenn man eine Ziffer dafür haben möchte, so sehe man auf die wachsende Anzahl der Nichtwähler. Antipolitik ist präsent, aber noch ohne Macht. Dies würde sich ändern, wenn man auch den Nichtwählern Stimmen gibt, indem man die ihnen theoretisch zustehenden Abgeordnetensitze per Los unter denen verteilt, die parteipolitisch ungebunden sind und sich dafür bereit erklären. Antipolitik richtet sich so gezielt gegen die Parteipolitiker und setzt sich für eine Repräsentanz der Nichtwähler ein.
Prinzipien der Antipolitik sind Freiwilligkeit und Zwangsfreiheit. Die Parteipolitiker direkt anzugreifen, widerspricht dem Grundkonzept der Antipolitik. Die politische Forderung der Antipolitik besteht vielmehr darin, den prozentualen Anteil der Nichtwähler an den Stimmberechtigten zur Auslosung freizugeben. Die Bürger können so selbst entscheiden, ob sie lieber von den Parteipolitikern oder von zufällig ausgewählten privaten Bürgern, das heißt parteipolitisch ungebundenen Nicht-Politikern vertreten sein wollen.
Auch wenn eine Mehrheit der durch Los bestimmten Abgeordneten vorerst nicht zu erwarten ist, ist es nicht unrealistisch anzunehmen, dass eine wirksame Opposition gegen die Ausweitung des Staates zustande käme. Es ist zu vermuten, dass kaum eines der verheerenden Gesetze und der bürger- und freiheitsfeindlichen Maßnahmen, die in den letzten beiden Dekaden von Regierung und Bundestag durchgesetzt wurden, durch das Parlament gekommen wären, wenn es schon eine entsprechende Repräsentation von durch Zufall bestimmten Abgeordneten gegeben hätte.
Der gegenwärtig herrschende Parteienstaat ist weder demokratisch noch marktwirtschaftlich. Das Parlament ist nicht repräsentativ. Wir haben Parteiendemokratie und Staatskapitalismus. Dass die Regierung nicht den Wünschen ihrer Wähler gemäß agiert, liegt gleichsam in der Natur der Sache. Nicht eine Partei, die versucht, Unheil zu vermeiden, gewinnt Wahlen, sondern die, die großzügig Gelder für die eigene Klientel bereitstellt. Unheil vermeiden, unnötige Ausgaben einschränken, Frieden stiften, Kriege vermeiden zählen nicht.
Der interventionistische Staat hat sich der Wirtschaft bemächtigt. Doch diese Wirtschaftspolitik der Regierung selbst provoziert viele der Übel, die sie angeblich heilen soll. Weil wegen der staatlichen Interventionen die Preise, Löhne und Zinssätze nicht mehr als verlässliche Indikatoren dienen, werden die Marktanpassungsmechanismen verzerrt und die Wirtschaftsakteure begehen Fehler. Verzerrungen breiten sich in der gesamten Wirtschaft aus, und je länger und intensiver die staatlichen Eingriffe wirken, desto schwieriger wird es, die Produktionsstruktur marktwirtschaftlich auszurichten. Der künstliche Boom, den die Regierungen angezettelt haben, wird zum Auftakt der nächsten Pleite.
Eine freie Wirtschaft in einer freien Gesellschaft erfordert drei große institutionelle Veränderungen.
Erstens: Die Auswahl des Vertretungsorgans der Gesellschaft durch ein Verfahren der Zufallsauswahl
Zweitens: Ein privates Geldsystem, das die Zentralbanken ersetzen soll
Drittens: Die Bereitstellung von Recht und Sicherheit durch private Anbieter
Um eine staatsfreie Gesellschaft zu etablieren, muss Einsicht an erster Stelle stehen. Die Legitimität einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung kann nicht – wie es bei allen anderen politischen Systemen der Fall ist – von der Anwendung von Gewalt ausgehen, sondern braucht als Grundlage die freiwillige Mitarbeit des Volkes, um als spontane Ordnung zu entstehen.
Der Versuch, einen „verbesserten Sozialismus“ zu errichten, wie es das Ziel des globalistischen Plans einer Weltregierung ist, wäre noch tödlicher als der Sozialismus des 20. Jahrhunderts. Aber auch die milderen Formen des Sozialismus und Faschismus, wie sie heute als Interventionismus praktiziert werden, stellen keine brauchbare Alternative dar.
Um den Weg in den sozialen und wirtschaftlichen Niedergang, der seit Langem beschritten wird, aufzuhalten, ist eine Ordnung notwendig, die den Kapitalismus nicht durch noch mehr Sozialismus verwässert, sondern einen Kapitalismus schafft, der frei ist von den sozialistischen Beimischungen. Je mehr sich der Staat aus dem Wirtschaftsleben zurückziehen würde, desto geringer würde die Steuerlast werden. Die derzeitigen Systeme des Gesundheitswesens, der Bildung, der Renten, der Justiz, des Bauwesens und der Sozialfürsorge, um nur einige zu nennen, sind zu kostspielig geworden. Sie lasten wie Blei auf den Schultern der Werktätigen.
Dabei bilden die neuen Technologien zahlreiche Alternativen, die die Kosten senken und gleichzeitig die Dienstleistungen verbessern würden. Wenn aber mit dem jetzigen System so weitergemacht wie bisher, wird der Staat weiterwachsen und die Privatwirtschaft verdrängen. Mit der wachsenden Größe des Staates werden die Parteien und die von ihnen gebildeten Regierungen immer mächtiger. Unaufhaltsam wandelt sich so die sogenannte „liberale Demokratie“ in einen neuen Totalitarismus.
Der Antipolitik geht es nicht nur um Wirtschaft, sondern auch darum, wie die menschliche Freiheit angesichts der neuen Technologien erhalten werden kann. Die Eindämmung der Staatsmacht ist eine notwendige Voraussetzung für die Freiheit. Wo dies scheitert, droht ein neues Zeitalter der Sklaverei. Wenn hingegen die anarchokapitalistische Wende gelingt, können wir eine neue Ära der Freiheit und des Wohlstands begrüßen.
Rückblickend zeigt sich, dass die Französische Revolution mit ihrer Parole „Liberté, Egalité, Fraternité“ den Anfang der Abkehr von den ursprünglichen europäischen Werten einleitete. Selbst die Freiheit in dieser Trias wurde kollektivistisch aufgefasst. Gleichheit wurde als Gleichmacherei verstanden und der Begriff der Brüderlichkeit als betrügerische Solidarität missbraucht. Es gibt einen direkten Weg von der Revolution zur Gewaltherrschaft Napoleons. Durch sie wurde der leidenschaftliche Nationalismus der Moderne entzündet. Das Politische erhob sich als eine gewaltige, alles durchdringende Idee und kulminierte in Krieg, Kommunismus und Nationalsozialismus mit ihren verheerenden Folgen. Heute herrscht Interventionismus, der vor nichts Halt macht.
Die Revolution der Freiheit besteht nicht in einem gewaltsamen Umsturz, sondern kommt durch Einsicht zustande. Die Vorteile des freien Kapitalismus treten in Erscheinung, wenn man das Wirken der politischen Parteien, die ihn einschränken wollen, unterbindet. Der freie Kapitalismus als das Wirtschaftssystem mit der höchsten Produktivität muss nicht installiert werden. Als natürliches System entsteht es von selbst, wenn die Fesseln durch den Staat fallen.
Deutschland war schon Pionier auf vielen Gebieten. Vielleicht kann es auch Vorreiter einer libertären Ordnung sein, indem die Bürger eine Partei wählen, die das Losverfahren unterstützt. Man bräuchte also eine „Partei der Nichtwähler“. Tatsächlich gibt es so eine Partei schon, nämlich „Die Libertären“, die die Antipolitik auf ihre Fahnen schreibt.
Website der Partei „Die Libertären“
Antony P. Mueller: Antipolitik“(2024)
Kommentare
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