Totale Überwachung: Social-Credit-Systeme für Europa
Wie durch „Goodies“ das Verhalten der Bürger gesteuert werden soll
von Sascha Koll
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China arbeitet seit 2014 in Testregionen an sogenannten Social-Credit-Systemen. Diese Systeme sind Erziehungsprogramme für Erwachsene oder, wie ich sie nenne: Konditionierung. Hier und da soll es ein Leckerli für von der Regierung gewünschtes Verhalten geben. Aber auch Strafen, wie Reisebeschränkungen und Steuererhöhungen, sind Mittel der politischen Machthaber, mit dem Zweck, ihre Köter abzurichten. Wie Tiere sollen die Menschen durch Verhaltenssteuerung gefügig gemacht werden. Die Kommunisten setzen dafür auf modernste Technik. Videoüberwachung und Apps dienen der Verfolgung und Protokollierung von Wohl- und Fehlverhalten. Der Gehorsamkeitslevel wird in Punkten ausgedrückt. Es findet eine Gamifizierung des Zusammenlebens statt. Doch das Spiel und damit die Spielregeln kann sich niemand aussuchen. Sie werden von oben diktiert. Welches Verhalten ist erwünscht? Welches ist unerwünscht? Welche Bewertung gibt es für welches Verhalten? All das bestimmt die Partei. Ob sich dadurch eine allgemein glücklichere und zufriedenere Bevölkerung entwickelt, stelle ich infrage, denn die einzigen Antriebe, sich gemäß den Wünschen der Herrscher zu verhalten, sind die Angst vor Repression und die zu erwartende Belohnung für den Konformismus. Gehorsam – er hat schon so viel Abscheuliches mit sich gebracht.
Auch in Europa finden die Sklavenhalter Gefallen an solchen Systemen. Sie sind scheinbar perfekt geeignet, um ihren politischen Willen voranzutreiben. Die italienische Stadt Bologna will ab kommendem Herbst Tugendpunkte verteilen. Wer nachweist, dass er seinen Müll trennt und statt Auto Bus und Bahn fährt oder zu Fuß geht, soll seine Punkte gegen noch nicht näher genannte Dienstleistungen eintauschen können. Das Projekt „Smart Citizen Wallet“ führt neben der üblichen Strafe für Parken im Parkverbot zusätzlich zur Verminderung des eigenen sozialen Scores. Es wird also eine doppelte Bestrafung eingeführt.
Doch Italien steht nicht allein mit seinen Plänen zur Verhaltenssteuerung da. Auch Österreich, genauer die Stadt Wien, arbeitet an einem „Kultur-Token“, „ein digitales Bonussystem, das mittels einer App umweltbewusstes Verhalten mit freiem Zugang zu Kulturveranstaltungen honoriert“. Dieses System wird vor allem mit dem Ziel der CO2-Reduzierung angepriesen. Wie in Italien soll es zur Abkehr vom Individualverkehr motivieren. Mittels Motion-Tracking soll festgestellt werden, ob jemand zu Fuß geht, mit dem Rad fährt oder öffentliche Verkehrsmittel nutzt. Wer meint, damit ließe sich ein umfassendes Bewegungsprofil erstellen, muss wohl ein Verschwörungstheoretiker sein. Ein Testlauf, der seit dem 26. Februar 2020 stattfindet, ist aufgrund der Corona-Pandemie unterbrochen. Wie soll man auch die willigen Helfer entlohnen, wenn man doch alle Kulturveranstaltungen faktisch verboten hat?
Auch Bayern reiht sich bei denen ein, die uns bald allumfänglich überwachen wollen. Mit dem „Nachhaltigkeitstoken“ ist ein ähnliches System wie in Bologna und Wien geplant. Seit 2019 wird dieses System, das erstmals durch die Langfassung des Berichts der Klimaschutzoffensive Aufmerksamkeit erlangte, ausgearbeitet. Als Ziel wird die „Förderung von nachhaltigem Verhalten im Alltag mittels Belohnung von umweltbewusstem Handeln“ angegeben. Es soll also auch in Deutschland eine Abrichtung zu von Ökofaschisten erwartetem Verhalten geben. Ursprünglich sollte das System bereits 2021 umgesetzt werden, doch auch hier machte die größte Pandemie aller Zeiten einen Strich durch die Rechnung. Das tut der Verhaltensteuerung aber keinen Abbruch; so hatte man mit den Maßnahmen gegen die Bürger genug an der Hand, um seiner Gier nach Macht freien Lauf zu lassen.
Was passiert, wenn ein solches System in Europa eingeführt wird, lässt sich in China sehen, aber auch daran, wie mit Ungehorsamen in der Corona-Maßnahmenkrise umgegangen wurde. Menschen wurden verfolgt, bedroht, drangsaliert, mit dem Polizeiauto durch den Park gejagt. Die Presse machte sie verächtlich und der gehorsame Dreifachgespritzte wünschte dem Ungeimpften einen schweren Verlauf. Wie fies und unbarmherzig der abgerichtete Mensch auf Ungehorsame reagiert, haben wir alle erleben müssen. Wenn erst mal jedem, mit dem man interagiert, aufgrund eines Scores klar ist, dass man nicht auf die heilige Regierung hört, wird der Zustand der vergangenen Jahre zum Alltag für viele Millionen von Menschen.
Es bleibt abzuwarten, wie sehr diese Systeme ausgeweitet werden. Ich könnte mir vorstellen, dass es nicht beim kostenlosen Theaterbesuch bleibt, sondern dass irgendwann der Zutritt zu Kultur nur denen als Belohnung vorbehalten bleibt, die brav „Sitz“ gemacht haben und Pfötchen geben. Ich gehe davon aus, dass zukünftig alles getrackt wird. Ob man bei „Frieren gegen Putin“ mitgemacht hat, mit der Bahn statt dem Auto in den Urlaub gefahren ist oder ob man sich „freiwillig“ für den nächsten Test experimenteller Impfstoffe gemeldet hat. Der Punktestand in Flensburg braucht doch nur mit dem digitalen Impfpass, den Social-Media-Accounts, dem Bankkonto und der Abrechnung des Energieversorgers verknüpft werden, und schon hat man die perfekte Überwachungsinfrastruktur geschaffen. Man kann schon fast von Glück reden, dass die meisten Regierungen und Behörden zu inkompetent für Digitalisierung sind.
Was uns sonst noch blühen könnte, wenn man auch die Bürger in die Score-Ermittlung einbezieht, veranschaulicht die Episode „Nosedive“ der Serie Black Mirror. In dieser bewerten sich die Menschen gegenseitig nach ihrem Verhalten. Es gibt einen Score von eins bis fünf und dieser wird von anderen, mit denen man on- wie auch offline interagiert, bestimmt. Die Personen verhalten sich unnatürlich freundlich, geradezu aufgesetzt, wie eine Maske, um nur ja ihren Score zu erhöhen oder nicht zu verlieren. Bereits ein freundlicher Umgang mit jemanden, der gerade nicht so angesagt ist und dadurch selbst einen schlechten Score hat, kann schon zu Punktabzügen führen. Die Episode skizziert auch, was passiert, wenn man selbst mal einen schlechten Tag hat und aufgrund vieler Rückschläge und angesichts des über den Tag fallenden Scores die Nerven verliert. So wird aus einer 4,3 schnell eine 1,2. Sie bekommt nur noch den heruntergekommenen Mietwagen, der wegen veralteter Technologie nicht mehr geladen werden kann, und niemand will ihr helfen, da jeder, der sich mit ihr abgibt, selbst Gefahr läuft, im Score zu fallen. Es ist ein wahrlich dystopisches Szenario, in dem ich nicht leben wollte.
Zum Start solcher Systeme wird uns versprochen, dass wir uns nur ein wenig konformer zu verhalten haben, um großartige Belohnungen zu bekommen. Doch was passiert, wenn diese nicht als Anreiz für die Masse reichen? Ein Beispiel bietet uns der Umgang mit Ungeimpften. Die Belohnung ist der Türöffner, doch was uns hinter der Tür erwartet, wird die Tyrannei sein.
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