Fass ohne Boden: Dem König einen Palast
Das neue Bundeskanzleramt als Sinnbild der BRD in den neuen Zwanzigern
von David Andres drucken

Viel hilft viel – vor allem der herrschenden Kaste.
Wahrscheinlich stehen die Damen und Herren des Bundesrechnungshofes nur deswegen noch nicht auf einer Liste der Staatsfeinde, weil sie zum Staat gehören. Jedenfalls sind sie es und nicht „Nius“, der Kontrafunk oder einer der vielen, tagtäglich twitternden Feinde von „Unsere Demokratie©“, die den Kanzler dazu aufrufen, den „Monsterbau“ des neuen Kanzleramts zu stoppen. Seit 2023 wird das Bundeskanzleramt erweitert, genauer gesagt verdoppelt, zu einem gigantischen Campus, auf dem Aberhunderte von sogenannten Staatsdienern das angenehmste Berufsleben der Hauptstadt spendiert bekommen. Schon die Anfangsbaukosten von 637 Millionen Euro sind erklecklich, derzeit liegt die Prognose bei 777 Millionen Euro, bei Abschluss im Jahre 2027 rechnen die Zahlenprofis mit rund einer Milliarde.
Auf einer extra dafür eingerichteten FAQ-Seite erläutert die Bundesregierung in aller Ausführlichkeit, wieso jeder Quadratmeter dieses Baus nötig, ja unverzichtbar sei. Ganz nach dem Motto: Wir müssen unsere anmaßende Politik nur ausführlich genug erklären, dann schlucken die Menschen alles. Satte „22 Minuten Lesedauer“ stecken in diesem Dokument, wie darüber angezeigt wird. Direkt zum Einstieg begründet man die grundsätzliche Notwendigkeit des Neubaus mit den vielen „zusätzlichen Aufgaben“, die heutzutage hinzu gekommen sind: „Pandemie, Energiepolitik, Finanzkrise, Ukrainekrieg, Bekämpfung von Cyberkriminalität und Digitalisierung.“ Mit anderen Worten: Wir brauchen mehr Menschen zur Lösung der Probleme, an deren Implementierung und Forcierung wir selber aktiv teilhaben und die uns allesamt zum Vorwand dienen werden, euch in Zukunft mittels digitalem Euro, digitaler Identität, Klima-Lockdowns und anderen Maßnahmen noch stärker zu knechten. Das braucht Manpower, Womanpower und sehr viele Büros.
Auch ohne derlei infame Verschwörungstheorien rechnet der Bundesrechnungshof vor, dass die offiziellen Zahlen, wie viel Platz es bräuchte, nicht stimmen. 340 Büroräume für maximal 460 Arbeitsplätze im bisherigen Bau plus 395 Büroräume für 590 Arbeitsplätze im neuen Komplex ergäben über 1050 Büroarbeitsplätze bei 784 Mitarbeitern, also 266 Büroarbeitsplätze zu viel. Keinerlei Home Office oder „Desksharing“ sei eingeplant, wie es sogar im Präsidentenpalast beim Steinmeier geschehe. Das „Clean-Desk-Gebot“ – also Schreibtische ohne persönliche Ausstattung, die wechselnd von verschiedenen Mitarbeitern genutzt werden – sei kein Problem „bei verstärkter Nutzung von E-Akten“, die man überall aufrufen kann. „Das Bundeskanzleramt ist von der Verpflichtung, seine Büroflächen zu optimieren, nicht ausgenommen.“
Doch, lieber Rechnungshof, ganz offenbar ist es das, denn sie machen, was sie können, völlig ohne Scham, während sie Billionenschulden aufnehmen und können sich ganz sicher sein, dass eine umfangreiche Armee von Anhängern existiert, die jeden Mitbürger, der die Regierung kritisiert, in den sozialen Medien pauschal als Feind von „Unsere Demokratie©“ framen wird. Wenn die harmlose Sprücheseite „Made My Day“ bei Instagram eine Tafel postet, auf der steht, dass im Land alles zusammenbräche, würden Müllabfuhr, Kläranlage oder Wasser- und Energieversorgung auch nur fünf Tage streiken, während man die 58 Tage „Sommerpause“ der Regierung nicht bemerkt, heißt es in den Kommentaren: „Kritischer Post… hört sich dezent rechts an. Und ja, die Regierung arbeitet auch und macht Gesetze, sonst müsste ich nicht immer so oft meine Gesetzestexte umheften… Ich finde es nicht gut, dass ihr solchen Gedanken eine Plattform bietet, ohne Regierung keine Demokratie, ohne Regierung keine Regeln und ohne Regeln herrscht nur das Faustrecht, das Recht der physischen Stärkeren.“
„Die Erweiterung des Kanzleramts entwickelt sich zu einem Monument der Steuergeldverschwendung“, sagt Thorsten Alsleben (53), Geschäftsführer der eigentlich überaus unionsnahen Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“. „Besser wäre, wenn dort – in Sichtweite des Kanzlerbüros – das neue Digital- und Bürokratieabbauministerium einzieht und kräftig daran arbeitet, dass es bald weniger Bundesbeamte gibt.“
Friedrich Merz hat übrigens aus der Opposition heraus gern dagegen polemisiert, dass die Ampel am teuren Ausbau des Kanzleramts festhalte. Das war zu der Zeit, als er die Schuldenbremse noch als „DNA der Union“ bezeichnete. So, wie er vor wenigen Wochen noch froh war, dass Israel „die Drecksarbeit für uns“ erledige, bevor er nun die Waffenlieferungen stoppte. Unabhängig davon, was man von den Inhalten selber hält, lässt sich ganz klar sagen: Sollte dieser Kanzlerdarsteller jemals sagen, dass die Regierung im Falle einer Sintflut sofort für die Bevölkerung da sei – bauen Sie schon jetzt ihr eigenes Boot.
Quellen:
Alles Wichtige zur Erweiterung des Kanzleramtes („Bundesregierung“)
„Monument der Steuergeldverschwendung“ (Bild)
Herr Bundeskanzler, stoppen Sie diesen Monsterbau! (Bild)
Made My Day (Post vom 10.08.2025, Instagram)
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