Symptompolitik statt Ursachenforschung – Teil 2: Massiver Einbruch bei der Bautätigkeit durch Geldplanwirtschaft und politische Interventionen
Verheerende Zahlen als Gradmesser
von Benjamin Mudlack
Letzte Woche wurden die zins- und geldpolitisch induzierten Konjunkturzyklen in Bezug auf die Bautätigkeit thematisiert. Heute gehen wir auf die aktuellen Zahlen ein, führen die Unmöglichkeit der Wirtschaftsrechnung in der Geldplanwirtschaft ins Feld, verdeutlichen die politische Interventionsspirale und ziehen ein abschließendes Fazit in dieser Causa.
Status quo: Baugenehmigungen stark rückläufig
Der Wohnungsmarkt ist extrem angespannt und die Mieten steigen unter anderem aufgrund des deutlichen Nachfrageüberhangs. Einzig eine Ausweitung des Angebotes an Wohnraum, also eine Zunahme der Bautätigkeit, könnte diesen Trend stoppen. Danach sieht es aktuell allerdings überhaupt nicht aus. Die Faktenlage ist eindeutig.
Am 18. September 2023 veröffentlichte das Statistische Bundesamt die Entwicklung der Baugenehmigungen:
- Zahl der genehmigten Wohnungen von Januar bis Juli 2023: 27,8 Prozent geringer als im Vorjahreszeitraum
- Baugenehmigungen im Neubau von Januar bis Juli 2023: minus 36,5 Prozent bei Einfamilienhäusern, minus 53,2 Prozent bei Zweifamilienhäusern, minus 27,5 Prozent bei Mehrfamilienhäusern
Die Zahlen sind verheerend und es ist mehr als verwunderlich, dass in der öffentlichen Debatte kaum ein Kommentator den Zinsanstieg von 4,5 Prozent oder den vorher durch zu viel und zu billiges Geld unnatürlich in Gang gesetzten Boom ins Feld führt.
Geldplanwirtschaft verunmöglicht die Wirtschaftsrechnung
Bereits vor einigen Monaten verkündete der Immobiliengroßkonzern Vonovia, dass sämtliche Neubauprojekte bis auf Weiteres auf Eis gelegt werden sollten. Als Grund wurden die sprunghaft gestiegenen Kapital- und Baukosten angeführt. Die ursprünglichen Kalkulationen gingen also nicht mehr auf. An der Stelle handelt es sich um ein planwirtschaftliches Phänomen. Die Planwirtschaft scheiterte zentral bedingt aufgrund der Undurchführbarkeit der Wirtschaftsrechnung. Ohne stabile, verlässliche und marktkonforme Preise kann man keine Kalkulationen anstellen – ein Problem, das generell auf Basis hoher Staatsaktivität zu beobachten ist. Diese Zusammenhänge wies Ludwig von Mises im Jahr 1922 in seinem Werk „Die Gemeinwirtschaft – Untersuchungen über den Sozialismus“ in der Theorie nach.
Die Verunmöglichung der Wirtschaftsrechnung gilt ganz offensichtlich auch für die Geldplanwirtschaft und das Umfeld der zentralplanerisch festgelegten Zinssätze. Ein marktwirtschaftlicher Zins würde sich langsam den sich verändernden Zeitpräferenzraten (Sparneigung beziehungsweise Gewichtung des Gegenwartskonsums) der Menschen anpassen. Auch die Geldmengenausweitungen der jüngeren Vergangenheit sind, wie schon erwähnt, mit einem marktwirtschaftlichen Umfeld nicht in Einklang zu bringen. Die aktuellen Entwicklungen sind also keine plötzlichen Naturkatastrophen. Sie waren absehbar und sind zentral zurückzuführen auf die unnatürlichen Zyklen, die durch die Zins- und Geldpolitik maßgeblich beeinflusst werden.
Vonovia zog frühzeitig die Reißleine. Viele andere Projektentwicklungsgesellschaften und Bauträger stehen vor dem Aus oder haben schon den Gang in die Insolvenz angetreten.
Überdies sei angefügt, dass durch die Politik des Gelddruckens die Preissignale verwässert und somit wichtige marktwirtschaftliche Notwendigkeiten unterminiert werden. Steigende Preistendenzen sind also nicht zwangsläufig ein Anzeichen für Knappheit, sondern eher die Normalität in einem inflationären Umfeld. Auch der Umstand der hemmungslosen Geldproduktion verzerrt somit die Produktionsstruktur einer Volkswirtschaft und lenkt Investitionen, Rohstoffe, Talent (Arbeitskräfte) und so weiter in nicht dringliche und ineffiziente Verwendungen. Die Folge sind Produktivitätsverluste und langfristig gesehen auch Wohlstandseinbußen.
Politische Maßnahmen hemmen die Bautätigkeit zusätzlich
Die allgemeine Überbürokratisierung und Regulierung der Baubranche inklusive der unzähligen Bauvorschriften wirken zusätzlich hemmend und schränken die Bautätigkeit ein. So hat beispielsweise die Einführung der EU-Gewerbeabfallverordnung die Entsorgungskosten erheblich erhöht und verkompliziert. Per 1. August 2023 trat die sogenannte Ersatzbaustoffverordnung in Deutschland in Kraft. Sie erhöht die Kosten und den bürokratischen Aufwand, um recyceltes Material (zum Beispiel Betonschutt) wieder in Neu- oder Umbauten verbauen zu dürfen.
Für das Jahresende 2023 wurde die Erhöhung der Lkw-Maut um nahezu das Doppelte inklusive einer höheren CO2-Besteuerung politisch angekündigt. Alle Güter, die mit dem Lkw transportiert werden müssen, werden damit deutlich teurer. Das gilt insbesondere auch für Baumaterial.
Auch das Damoklesschwert des Heizungszwangsgesetzes oder möglicherweise zusätzlich geplanter Vorschriften zur Gebäudeenergieeffizienz schwächen die Bautätigkeit ebenso wie ein Mietendeckel. Eigentumsrechte scheinen im Zuge der öffentlichen Debatte keinesfalls gewährleistet zu sein. Der Markt und sämtliche Marktteilnehmer sind maximal verunsichert und ziehen sich zurück. Auch international tätige Immobilienkonzerne meiden zunehmend den Immobilienmarkt in Deutschland und investieren in anderen Ländern oder gar auf anderen Kontinenten.
Schlussbemerkung: ursachenferne Symptomschusterei und der Weg in die Interventionsspirale
Egal, welche umverteilenden Maßnahmen beschlossen oder welche „14-Punkte-Pläne“ von der Regierung verkündet werden: Es handelt sich bedauerlicherweise um ursachenferne Symptomschusterei. Außerdem beinhaltet jede politische Intervention auch ungewünschte Nebenwirkungen und die Begünstigung einzelner Gruppen zulasten anderer. Auf einen Eingriff folgt der nächste, weil die Wirkung der vorangegangenen Intervention nicht in der gewünschten Form eintritt. Mit jeder politischen Aktion werden unternehmerische und persönliche Freiheit eingeschränkt. Am Ende dieser von Ludwig von Mises als Interventionsspirale bezeichneten Entwicklung steht der Gang in die Planwirtschaft, die dann auch als sogenannte Befehls- und Lenkungswirtschaft definiert werden kann. Politische Eingriffe und Eingriffe der Zentralbanken stehen zudem einer marktwirtschaftlichen Ordnung diametral gegenüber.
Solange mit Verweis auf die aktuell schlechte Lage im Bausektor das Problem der Geldpolitik nicht aufrichtig von einem signifikanten Teil der Bevölkerung hinterfragt wird, werden weiterhin die beschriebenen Boom- und Bust-Zyklen für Krisensituationen in Wirtschaft und Gesellschaft sorgen. Die Zinsanhebungen fallen aktuell nominal doppelt so hoch aus wie bei der Krise nach 2007. Die Summe der aufgebauten Ungleichgewichte ist ebenfalls deutlich größer als damals. Infolgedessen dürften die Kollateralschäden (Pleitewelle, Bankenkrisen, Staatskrisen und so weiter) wesentlich härtere Konsequenzen als nach 2007 nach sich ziehen.
Die Politik wird das Thema Geldpolitik nicht angehen – dessen kann man sich mit hoher Wahrscheinlichkeit sicher sein. Es kann wohl nur über den Erkenntnisgewinn in breiten Teilen der Bevölkerung gelingen, tatsächlich wirksame Veränderungen herbeizuführen. Doch schon jetzt ist für eine breite Masse der Bevölkerung ersichtlich, dass die obenstehend beschriebenen staatlichen Eingriffe maßgeblich für die Entwicklungen verantwortlich sind.
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Video zu den geldpolitisch induzierten Boom- und Bust-Zyklen
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