Umweltpolitik: Muss der Klimawandel um jeden Preis verhindert werden?
Die positiven Effekte einer natürlichen Ökologisierung des Planeten
von Olivier Kessler
Die wichtigsten Umweltprobleme im Westen sind heute dank enormen Fortschritten in der Technologie und einem immer geschickteren Ressourceneinsatz weitgehend gelöst. Nichtsdestotrotz führen die Sonderinteressenpropaganda und eine ideologisch motivierte mediale Dauerberieselung dazu, dass in der allgemeinen Wahrnehmung die Umweltverschmutzung in tendenziell marktwirtschaftlich ausgerichteten Industrieländern ständig zunimmt.
Weil die wirklich bedrohlichen Schadstoffe zunehmend aus dem Produktionsprozess eliminiert worden sind, stürzen sich die Gegner der freien Marktwirtschaft seit geraumer Zeit nun auf das Kohlendioxid. CO2 aber ist ein Stoff, ohne den wir gar nicht überleben könnten. Über das lebensnotwendige CO2 wird berichtet, als handle es sich um ein Giftgas. Dabei ist das atmosphärische CO2 – die chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff – der primäre Stoff, den Pflanzen während des Prozesses der Photosynthese nutzen. Wie in buchstäblich Tausenden von Labor- und Feldstudien gezeigt wurde, wachsen Pflanzen umso besser, je mehr CO2 es gibt. Typischerweise mischen kommerzielle Gewächshaus-Betreiber der Luft CO2 bei, um das Pflanzenwachstum zu beschleunigen. Pflanzen brauchen in einer Umgebung mit höherem CO2-Anteil auch weniger Wasser, um zu wachsen, was einen sparsameren Umgang mit Wasser fördert. Trotz seines schlechten Rufs ist CO2 also in erster Linie ein wichtiger Nährstoff.
Bei all der Klimahysterie geht auch vergessen, dass die Ökologisierung des Planeten in Windeseile voranschreitet – wesentlich schneller als der angeblich bedrohliche Klimawandel. Human Progress, ein Projekt des Cato Institute, analysiert die ständige Verbesserung des Wohlbefindens von Mensch und Natur. Der Fachautor Matt Ridley weist darauf hin, dass die Pflanzenoberfläche auf der Erde gemäß Satellitendaten seit mindestens drei Jahrzehnten jedes Jahr gewachsen ist. Bemerkenswert ist, dass dieses Pflanzenwachstum, das für den gesamten Planeten über 30 Jahre hinweg auf 14 Prozent geschätzt wird, zu 70 Prozent auf das zusätzliche Kohlendioxid in der Atmosphäre zurückzuführen ist. Das betroffene Gebiet ist fast doppelt so groß wie ganz Europa. Am deutlichsten ist der Anstieg in trockenen Gebieten wie der Sahelzone Afrikas, wo sich die Wüstenflächen zurückgebildet haben. Dies liegt daran, dass Pflanzen umso weniger Wasser verlieren, je mehr Kohlendioxide sie aufnehmen. Es wird erwartet, dass die Ökosysteme und auch die Nutzpflanzen am Ende dieses Jahrhunderts weniger stark dem Wasserstress ausgesetzt sein werden als heute in Zeiten geringer Niederschläge.
Die natürliche globale Ökologisierung der vergangenen Jahrzehnte hat viele positive Auswirkungen auf alle Ökosysteme, von der arktischen Tundra über Korallenriffe und Meeresplankton bis hin zu tropischen Regenwäldern. Sie bringt aufgrund des intensiveren Pflanzenwachstums mehr Nahrung für die unterschiedlichsten Wildtiere – sowohl an Land als auch im Wasser – und erhöht die Ernteerträge: Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die globalen landwirtschaftlichen Einkommen werden auf drei Billionen Dollar in den letzten 30 Jahren geschätzt. Diese Effizienzsteigerung bedeutet eine bessere Nutzung der Ressourcen zum Wohle der Menschen wie auch der Wildtiere.
Das biologische Phänomen der Begrünung des Planeten trägt auch dazu bei, das Entstehen (und Verschwinden) von Eiszeiten zu erklären. Das wärmere Zwischenspiel der letzten 10.000 Jahre seit dem Zusammenbruch der eurasischen und nordamerikanischen Eiskappen ist nicht durch ein CO2-Wachstum zu erklären. Der Kohlendioxidspiegel spiegelt Veränderungen wider, aber er steigt erst, nachdem sich der Planet bereits erwärmt hat, und sinkt, nachdem er abgekühlt ist. Das CO2-Wachstum ist also wahrscheinlich nicht Ursache des Klimawandels, sondern Folge. Veränderungen in der Form der Erdumlaufbahn und der Sonnenaktivität – Phänomene, auf die der Mensch keinen Einfluss hat – dürften hingegen eine wichtige Rolle für das Klima spielen. Die aktuelle Klimapolitik, die sich einseitig auf eine CO2-Reduktion einschießt, erscheint zumindest fragwürdig.
Bei der politischen Hektik, die sich um das Thema Klimaschutz gebildet haben, erscheint es wichtig, sich über die wesentlichen Tatsachen im Klaren zu sein und eine gewisse Sorgfalt im Vorgehen walten zu lassen, damit das Handeln verhältnismäßig bleibt. Man sollte sich einerseits bewusst machen, was feststeht, was man tun kann und was man andererseits aufgrund bestehender Unsicherheiten nicht tun sollte. Der Ökonom Henrique Schneider nennt einige dieser wichtigen methodologischen Fragen, die man sich vor einem allfälligen politischen Tätigwerden stellen sollte:
- Wenn der Klimawandel tatsächlich stattfindet – und selbst wenn er durch menschliche Aktivitäten noch verstärkt wird –, welche Beweise zeigen dann hinreichend, dass die heutige menschliche Gesellschaft dazu in der Lage wäre, ihn umzukehren und ein stabiles Klima aufrechtzuerhalten?
- Angenommen, die Klimaerwärmung selbst könnte mit großen Anstrengungen aufgehalten werden, wie kann dann nachgewiesen werden, dass die Kosten für diese Anstrengungen nicht höher sind als die Kosten, die entstehen, wenn man nichts gegen den Klimawandel unternimmt?
- Ist es möglich, dass die Vorteile des Klimawandels – zum Beispiel dass die heute unbewohnbaren arktischen Regionen neu für Siedlung und Landwirtschaft nutzbar gemacht oder dass neue Energiequellen erschlossen werden könnten – größer sind als die möglichen Nachteile, die er verursacht?
- Wäre die menschliche Gesellschaft nicht besser dran, sich an die sich verändernden Umstände anzupassen und neue Lösungen für das Überleben zu schaffen, als zu versuchen, die Phänomene auf der Makroebene zu kontrollieren? Dies vor allem unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Vorhaben, die von einer Planungsbehörde von „oben herab“ befohlen werden, in der Regel scheitern?
- Könnten die unbeabsichtigten Folgen des Versuchs, den Klimawandel durch politische Interventionen zu kontrollieren, schlimmer sein als die Vorteile einer tatsächlichen Eindämmung des Klimawandels?
- Ist es möglich, dass die Schaffung von zentralisierten Machtstrukturen – einer Art Weltregierung – mit dem Ziel, den Klimawandel einzudämmen, in Tat und Wahrheit eine ganze Reihe von Katastrophen auslösen könnte?
Fest steht: Je weniger individuelle Freiheit es aufgrund staatlicher „Klimaschutz“-Interventionen gibt, desto weniger Raum existiert für die Entfaltung des Unternehmergeists und des Wettbewerbs – und umso weniger Innovation und technologische Entwicklung wird es geben, die beim „Kampf gegen den Klimawandel“ helfen könnten. Dies ist ein Problem für die Befürworter des staatsgelenkten planwirtschaftlichen Klimaschutzes. Wer sich glaubwürdig für den Schutz der Umwelt und des Klimas einsetzen will, sollte daher nicht eine globale Klima-Behörde und entsprechende Staatsinterventionen in die Freiheitsrechte der Bürger fordern, sondern sich für Dezentralität und freie Marktwirtschaft einsetzen.
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