04. April 2024 08:00

Bildungspolitik Ist Bildung ein öffentliches Gut und deshalb Staatsangelegenheit …

… oder wäre mehr Markt nutzbringender für alle Akteure?

von Olivier Kessler

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Bildquelle: Matyas Rehak / Shutterstock Staatliche (Hoch-) Schulen: Tatsächlich ein lohnendes Investment für die Allgemeinheit?

Wer mit positiven Externalitäten argumentiert, um staatliche Interventionen in den freien Markt zu rechtfertigen, bewegt sich auf dünnem Eis. Erstens ist es völlig unklar, wie man kollektive Gewinne und Verluste einer staatlich finanzierten Bildung gegeneinander abwägen soll. Es ist ja nicht so, dass staatsfinanzierte Bildung nur positive Externalitäten hätte.

So stehen beispielsweise Studierende dem Arbeitsmarkt lange nicht zur Verfügung, wo sie Wohlstand für alle hätten schaffen können. Einige studieren das Falsche und erlernen auf Kosten der Allgemeinheit Fähigkeiten, die auf dem Arbeitsmarkt überhaupt nicht gefragt sind und deshalb bei der Befriedigung vordringlicher Bedürfnisse der Mitmenschen nicht hilfreich sind. Auch wird den Schülern und Studierenden an den staatlich finanzierten Bildungseinrichtungen oftmals Unfug beigebracht und fragwürdige Ideen eingepflanzt, was sich wiederum schlecht auf die Gesamtwohlfahrt auswirkt. Es ist unmöglich, die „Netto-Externalität“ zu bestimmen. Daher kann man auch nicht zwingend davon ausgehen, dass unter dem Strich der Nutzen den angerichteten Schaden überwiegt.

Erschwerend kommt die Tatsache hinzu, dass Externalitäten einzelnen Individuen oder Gruppen kaum zugeordnet werden können. So ist es höchst zweifelhaft, anzunehmen, dass positive Externalitäten allen gleichermaßen zugutekämen. Es wäre beispielsweise möglich, dass ein staatlich subventioniertes Studium vor allem positive Externalitäten für Akademiker hat, jedoch weniger für Nicht-Akademiker. Weshalb sollten dann die Kosten für dieses Studium auch Nicht-Akademikern aufgezwungen werden? Und woher will man wissen, ob die von den Steuerzahlern hier Ausgebildeten auch tatsächlich im selben Kanton oder Land tätig sein werden und nicht auswandern? In letzterem Fall käme kein einziger Steuerfranken in die Staatskasse zurück, was ein klares Minusgeschäft wäre.

Nicht nur das Argument angeblicher externer Effekte, mit denen von der Politik überall „meritorische Güter“ zwecks Rechtfertigung für Staatsinterventionen ausfindig gemacht werden, ist fragwürdig. Auch die Behauptung, bei der Bildung handle es sich um ein „öffentliches Gut“, ist an den Haaren herbeigezogen. In der Ökonomie ist ein „öffentliches Gut“ klar definiert: Nötig sind eine Nichtrivalität und Nichtausschließbarkeit im Konsum. Es leuchtet unmittelbar ein, dass Menschen selbstverständlich vom Konsum von Bildungsangeboten ausgeschlossen werden können – der Numerus clausus oder ein Maturitätsabschluss als Aufnahmekriterium an Universitäten dienen genau diesem Zweck.

Auch wenn die Theorien der öffentlichen und meritorischen Güter unter Politikern und staatsnahen Ökonomen beliebt sind, um „tätig werden“ zu können, sind diese genau genommen unbrauchbar: Es wird behauptet, es würde auf dem freien Markt „zu wenig“ von einer angeblich extrem wichtigen Leistung angeboten, weshalb der Staat ein entsprechendes Angebot sicherstellen müsse. Doch dies ist lediglich eine Rechtfertigung für eine weitgehende Monopolisierung einer ganzen Branche und für die politische Einflussnahme in einem Gebiet, wo die Politik nichts zu suchen hat. Eltern und Erziehungsberechtigte wollen in den allermeisten Fällen nur das Beste für ihre Kinder. Das Bedürfnis nach einer qualitativ guten Bildung ist also zweifelsohne vorhanden, ohne dass hier mittels staatlichen Zwangs nachgeholfen werden müsste. Wo eine Nachfrage existiert, da werden Bildungsunternehmer auch eine Gewinnmöglichkeit erblicken und entsprechende Angebote zur Verfügung stellen.

Betreibt der Staat eigene Schulen, so sind die üblichen Folgen staatssozialistischer Einflussnahme oft unvermeidbar: Es kommt statt zu einer wünschenswerten Vielfalt an möglichen Angeboten zu einem von staatlichen Funktionären vorgegebenen Bildungseinheitsbrei. Größere Ineffizienzen und Ressourcenverschleiße sind die Folgen der von Ludwig von Mises beschriebenen Unmöglichkeit der wirtschaftlichen Kalkulation: Die wahren Bedürfnisse der Kunden geraten zunehmend aus dem Fokus und die Kosten steigen ins Unermessliche. Die Kostenwahrheit und die tatsächlichen Zahlungspräferenzen der Studierenden sowie der Arbeitgeber gehen verloren. Politisch motivierte Indoktrination und machttragende Ideologien verdrängen außerdem echte Bildung, Aufklärung und die Vorbereitung auf ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben.

Doch was ist mit den Armen, die sich keine Bildung leisten könnten? Braucht es nicht gerade für sie staatliche Bildungsangebote? Erstens ist Armut dank des Aufkommens des Kapitalismus größtenteils zu einem Randphänomen verkommen, sodass es völlig unverhältnismäßig wäre, das Bildungswesen aufgrund dieser wenigen Einzelfälle zu verstaatlichen. Neben dem qualitativ schlechteren staatlichen Bildungsangebot etablieren sich so vereinzelte private Anbieter als Nischenprodukt. Der ausgebremste private Sektor nimmt zunehmend eine Ventilfunktion an: Wer besonders unzufrieden ist und es sich leisten kann, weicht auf ein teures, aber überlegenes privates Angebot aus.

Ein möglicher – wenn auch aus liberaler Sicht nicht ganz konsequenter – Mittelweg wäre die vom Nobelpreisträger Milton Friedman vorgeschlagene Ausgabe von Bildungsgutscheinen, die auch den Mittellosen die Möglichkeit verschafft, eine Schule ihrer Wahl und gemäß ihren Präferenzen zu besuchen. Friedman schrieb: „Der Staat könnte das unabdingbare schulische Minimum dadurch erreichen, dass er den Eltern Gutscheine gibt, die bis zu einer bestimmten Summe pro Kind und Jahr eingelöst werden können, um dafür ‚staatlich anerkannte‘ Ausbildungsleistungen einzukaufen. Die Erziehungsdienstleistung könnte dabei auf privater Basis von gewinnorientierten Unternehmen angeboten werden – oder auch von nicht gewinnorientierten. Die Rolle des Staates würde sich darauf beschränken, dafür zu sorgen, dass alle Schulen einen bestimmten Mindeststandard aufweisen.“

Tatsächlich traute sich Schweden schon früh an das Modell der Bildungsgutscheine heran und konnte hilfreiche Erfahrungen mit diesem innovativen Bildungsmodell sammeln. Der schwedische Ökonom Gabriel Heller-Sahlgren untersuchte die Auswirkungen dieses seit 1992 implementierten Modells und fasste sie im Sammelband „Markt für Bildung“ der Edition Liberales Institut so zusammen: „Es wurde verdeutlicht, dass die Sorge, wonach das Gewinnmotiv in der Bildung für den Bildungserfolg schädlich sein könnte, einer empirischen Prüfung nicht standhält. Zudem zeigen die Ergebnisse auf, dass Schüler mit nachteiligem sozioökonomischem Hintergrund am meisten von profitorientierten Privatschulen profitieren, während alle anderen Schüler ebenfalls profitieren.“

Mehr Markt im Bildungswesen wäre daher für alle von Nutzen – auch für die relativ Ärmsten.


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