31. Mai 2024 18:00

Freiheitliche Wende Recht haben ist nicht genug

Wie könnte ein libertärer emotionaler Gegenentwurf aussehen?

von Thomas Jahn

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Bildquelle: Mistervlad / Shutterstock Natur- und menschengerechtere Architektur statt uniformer hässlicher Funktionalität: Hundertwasser als Vorreiter

Viele Libertäre, viele Wertkonservative und andere Freiheitsfreunde vertreten die Ansicht, dass sich die besseren Ideen schon von alleine durchsetzen würden. Viele Libertäre, Liberal-Konservative und andere Angehörige des nichtlinken Lagers nehmen „Wokismus“, Klimawahn oder die Critical-Race-Theorie häufig nur als Spinnereien wahr, die vorübergehen, wie die Pubertät oder eine harmlose Grippe. Die antietatistischen Kritiker der populistisch gesteuerten Massendemokratie setzen auf die Zwangsläufigkeit des Staatsbankrotts, wenn den Umverteilern das Geld der anderen, also der leistungswilligen Minderheit, ausgeht. Danach bestünden beste Chancen, auf den Trümmern des gescheiterten demokratischen Sozialismus eine neue Ordnung der Freiheit zu errichten.

Die Geschichte der letzten Jahrzehnte hat uns leider eines Besseren belehrt: Der wirtschaftliche Zusammenbruch des Ostblocks und das Scheitern aller realsozialistischen Experimente hielten die Menschen nicht davon ab, ihren einstigen Peinigern erneut Regierungsmacht anzuvertrauen, wie die zahlreichen Wahlerfolge „reformkommunistischer“ Kandidaten in Mittel- und Osteuropa seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts belegen.

Auch die politischen Verhältnisse in Deutschland müssten eigentlich jeden Optimisten maximal entmutigen. Dieselben Parteien, die die letzten 25 Jahre dieses Land regierten und für seinen dramatischen Niedergang verantwortlich sind, verfügen in aktuellen Wahlumfragen auf Bundesebene immer noch über eine bequeme Zwei-Drittel-Mehrheit. Und das obwohl die Widersprüche, Absurditäten und Fehlleistungen der Bundesregierungen seit 1998 unübersehbar geworden sind, selbst gemessen an den offiziellen Zielen der etablierten Politik:

Deutschland und Europa sollten mit dem Euro und der Errichtung eines EU-Zentralstaats 2010 zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt werden. Diese sogenannte Lissabon-Strategie war spätestens 2009 mit dem Beginn der Finanz- und Euro-Krise gescheitert. Der Euro ist eine Inflationswährung, die nur mit Dauerrettungspaketen und künstlichen Niedrigzinsen am Leben erhalten werden kann. Die EU ist als bürokratistische Umverteilungsmaschinerie das Gegenteil von Wettbewerb. Mit der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kinderbetreuungsplatz, flankiert von den weltweit höchsten Staatstransfers an Familien, sollte die demographische Krise dieses Landes überwunden werden. Heute hat Deutschland trotzdem die niedrigste Geburtenrate seit 1945. 25 Jahre nach Einführung der rot-grünen Energiewende, die uns eine Vorreiterrolle in Sachen „Klimaschutz“ versprach, und viele Milliarden Euro-Subventionen später stößt Deutschland mehr CO2 aus als vor Beginn dieser absurden Energiepolitik. Die unkontrollierte Massenmigration wurde uns 2015 nicht nur als humanitäre Rettungsaktion für angebliche Kriegsflüchtlinge verkauft, sondern vor allem als dringend geboten, um dem damals schon spürbaren Mangel an Fachkräften in diversen Wirtschaftsbranchen zu begegnen. Inzwischen gingen neun Jahre und über fünf Millionen Ausländer ins Land, aber der Fachkräftemangel ist so dramatisch wie noch nie. Die Beispiele ließen sich endlos fortsetzen: Nie wurde mehr Steuergeld für Bildung ausgegeben, während Dyskalkulie und Analphabetismus jedes Jahr neue Rekorde unter den Schülern feiern. Nie waren die Steuereinnahmen höher und die Infrastruktur dieses Landes maroder. Nie wurde das Lied auf die „heilige Demokratie“ lauter gesungen, während dieselben „Demokratieverteidiger“ freie Wahlen durch die Kriminalisierung demokratischer Wettbewerber einschränken und Entscheidungskompetenzen von gewählten Parlamenten auf nicht gewählte internationale Organisationen übertragen wollen.          

Libertäre und Liberal-Konservative haben das Scheitern dieser Politik vorhergesehen und vorhergesagt, weil staatlicher Interventionismus, Subventionspolitik und Planwirtschaft gemäß des berühmten „Kobra-Effekts“ immer das Gegenteil des Gewollten erreichen und nicht die Lösung, sondern das Problem an sich sind. Aber war es genug, recht zu haben? Haben sich die Fehlgeleiteten eines Besseren besonnen? Wurden die Versager abgewählt? Die Antwort lautet leider dreimal Nein. Denn die meisten Menschen werden von Emotionen, von vereinfacht dargestellten Bildern und von Narrativen geleitet. Nur wenige Menschen sind mit Argumenten und komplexen Fakten zu erreichen. Deswegen braucht die freiheitliche Wende in Deutschland und Europa eine Erzählung. Sie braucht Symbole, Persönlichkeiten und ein kulturelles Umfeld, mit dem sich Menschen auch emotional identifizieren können. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, sich positiv von der aktuellen linken Machtelite abzugrenzen, deren kulturelles Niveau irgendwo zwischen dem Eurovision Song Contest und Pommes-Schranken (Zitat Annalena Baerbock) pendelt. Da sich der rot-grün dominierte Staat angeschickt hat, sich nahezu aller privaten Lebensbereiche zu bemächtigen, fällt es auch nicht schwer, eine Vielzahl kultureller Bereiche auszumachen, die nach emotional und ästhetisch ansprechenden Gegenentwürfen nahezu lechzen:

Der aktuellen Einheitsarchitektur mit dem Charme der untergehenden DDR kann die Vielfalt und Lebendigkeit traditioneller und landschaftsgebundener Architekturformen entgegengesetzt werden. Der langweilige linke Einheitsbrei des zeitgenössischen Literatur- und Bühnenbetriebs wird abgelöst durch die Wiederbelebung der Schönheit der Sprache und der reinigenden Katharsis sinnstiftender Erzählungen. Der sozialistischen Gleichmacherei des aktuellen Bildungs(un)wesens stellt sich ein elitäres Streben nach Bestleistungen entgegen. Auch das Christentum, das gegenwärtig von den zwei großen deutschen Staatskirchen erstickt wird, kann und sollte im Sinne einer Religion der Freiheit, die dem Christentum urtümlich innewohnt, wiederbelebt werden. Dabei sollte man auch die vielen Migranten nicht außer Acht lassen, die in den letzten Jahren in dieses Land gekommen sind. Warum sollte man diese Neuankömmlinge nur der rot-grünen Integrationsindustrie überlassen? Leider gibt es nur wenige private Initiativen wie den Verein Elijah21, die sich der Evangelisierung von Muslimen in Deutschland verschrieben haben. Die Chancen, diese Neuankömmlinge für die Sache der Freiheit zu gewinnen, sind indes groß, und das künftige Potenzial wäre riesig.

Eine Wende zu mehr Freiheit ist möglich, braucht aber mehr als nur Ratio und Politik. Kultur, Religion und Bildungswesen sollten nicht länger den Linken überlassen werden. 


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