01. Juni 2024 06:00

Mein Weg in die Selbständigkeit Wie werde ich nur meinen Chef los?

Freiheit durch Unternehmertum

von Manuel Maggio

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Bildquelle: Ollyy / Shutterstock Sein eigener Chef sein: Die dadurch gewonnene Freiheit wiegt viele Nachteile auf

In letzter Zeit fällt es mir immer schwerer, Themen für meine Kolumne zu finden, die auch etwas mit Freiheit zu tun haben. Der Faktor der Ablenkung durch seltsame Ereignisse und die dazugehörigen Medienmeldungen hat, wie ich finde, ein enormes Ausmaß erreicht – sei es ein seltsames Lied, das Betrunkene auf Sylt singen, oder die Panik kurz vor einer Wahl. Für mich sind das alles keine Themen, denn wenn ich mich darauf einlasse, habe ich mein eigenes Denken und auch meine Selbständigkeit der Gedanken quasi schon verloren. Wobei wir dann direkt beim Inhalt der heutigen Kolumne angekommen sind: mein Weg in die Selbständigkeit, und wie ich diesen als Mittel zur Maximierung der individuellen Freiheit sehe.

Eigentlich ist es fast schon fahrlässig, in der heutigen Zeit ein Unternehmen in Deutschland zu gründen. Doch wenn es um meine individuelle Freiheit geht, ist das Selbständigsein auch in diesen Zeiten ein besonders wichtiger Faktor. Seit August 2008 bin ich in Vollzeit selbständig, sprich: Ich arbeite auf eigene Rechnung und bin mein eigener Chef. Auch wenn es als One-Man-Show nicht immer leicht ist, gibt es für mich keinen Weg mehr zurück in eine Festanstellung. Und genau deshalb möchte ich mich heute diesem Thema widmen.

Ich war damals angestellter Projektleiter in einer Eventagentur und übernahm aufgrund von Kündigungen und Krankheitsausfällen immer mehr Verantwortung im Unternehmen. Für mich war es schon immer ein Traum gewesen, etwas Eigenes aufzubauen, sich nicht mehr einem Chef und Vorgesetzten unterordnen zu müssen, doch das gemachte Nest eines Arbeitsvertrages hatte damals durchaus eine gewisse Anziehungskraft. In meinem Fall ergab sich die Situation, dass ich die Projekte komplett allein abwickeln musste: von der Angebotserstellung über die Durchführung bis hin zur Abrechnung. Meine damaligen Kollegen verließen die Agentur, um gemeinsam mit dem Ex-Chef eine neue Firma zu gründen und einen der Hauptkunden dann auf nicht ganz feine Art mitzunehmen. In der Eventbranche ist dies keine Seltenheit – das habe ich mittlerweile auch gemerkt. So saß ich dann Anfang 2008 in der Agentur und war der Einzige, der mit seinen Projekten noch Umsatz generierte. Auch die Einstellung eines neuen Geschäftsführers konnte das Blatt nicht wenden. Dadurch, dass ich auch den Job der Buchhalterin übernehmen musste, hatte ich Einblick in alle Ein- und Ausgaben in der Firma, wodurch ich bemerkte, dass mein neuer Chef an einem Wochenende 4.000 Euro für Geschäftstermine in Berlin ausgab, wohingegen ich mir nach einem Unfall auf dem Weg zur Arbeit nicht mal eine neue Stoßstange für mein Auto leisten konnte. Ich fühlte mich schlecht bezahlt und ausgenutzt – fast schon verheizt. Keine Frage: Ich musste etwa an der Situation etwas ändern.

Mein Gedankengang war recht einfach: Ich erledige die Arbeit, ich mache den Umsatz, doch die Kontonummer auf der Abschlussrechnung ist nicht meine eigene – da stimmt etwas nicht. Mein erster Ansatz war das Einfordern einer Gehaltserhöhung, die auch dem Anteil meines erzielten Umsatzes gerecht würde. So wurde mir eines Freitags zusammen mit dem Geschäftsführer und dem dafür extra angereisten CEO aus Wien ein Angebot gemacht, das ich als absolute Frechheit empfand. Es sollten keine 200 Euro netto im Monat mehr sein. Was bleibt einem in einem solchen Fall übrig, wenn man sich nicht länger ausnutzen lassen will? Nach einer kurzen Bedenkzeit, in der ich vor Wut und Enttäuschung fast heulen musste, stand mein Entschluss fest: Das wars, ich verlasse dieses Unternehmen, noch heute. Zu dem Zeitpunkt war mir nicht wirklich klar, wie ich es anstellen würde, doch noch am selben Tag ließ ich mir einen Aufhebungsvertrag ausstellen.

Mit einem Kredit in Höhe von 5.000 Euro und dem Vertrauen in mich selbst, dass meine Arbeit und mein Können auch etwas wert sind, machte ich mich also im August 2008 selbständig. Im Grunde war der Auslöser die Überzeugung, niemals mehr andere an meiner Leistung mehr verdienen zu lassen, als ich selbst verdiene. Den Umständen der gescheiterten Gehaltsforderung geschuldet, hatte ich keine lange Vorbereitung und auch kein genaues Konzept vor Augen. Im Grunde war der Start meiner Selbständigkeit nur der Moment der Erkenntnis, mich nicht mehr ausbeuten zu lassen.

Rückblickend bereue ich keinen einzigen Tag dieser Entscheidung, auch wenn es wirklich harte Zeiten gab und es diese sicher wieder geben wird. Alleine die Vorstellung, ich müsste jeden Tag die gleiche Arbeit verrichten und mich bevormunden lassen, ist für mich kaum noch zu ertragen. Meine Fähigkeiten, mein Können und auch meine Interessen sind um einiges vielseitiger; dies kann eine einzige Arbeitsstelle mit Arbeitsvertrag niemals erfüllen.

Die Selbständigkeit ermöglicht es mir, mich theoretisch jeden Tag neu zu erfinden und auch meine Arbeitsfelder stetig anzupassen und zu verändern. Ich bin mein eigener Chef und wenn es mal nicht so läuft, dann stehe ich alleine in der Verantwortung, etwas zu ändern und mir etwas Neues einfallen zu lassen. Für mich ergibt dies zumindest in meiner Arbeitswelt einen enormen Grad an Freiheit und ist wahrscheinlich auch ein entscheidender Grund dafür, wieso ich es hier in Deutschland immer noch aushalte und auszuwandern erst mal nicht infrage kommt.

Kann sich jeder selbständig machen? Ich denke ja, auch wenn es sicherlich in manchen Branchen etwas schwerer fällt. Wieso sollte, wenn zuvor ein Unternehmer für die geleistete Arbeitsleistung bezahlen konnte, nicht auch direkt ein Kunde dazu bereit sein? 


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