Gehst du nicht mit der Zeit, dann gehst du mit der Zeit!: KI oder Mensch
War es das mit meiner Kolumne?
von Manuel Maggio drucken
Liebe Leser der Freiheitsfunken, ich möchte mich an dieser Stelle aufrichtig für das Ausbleiben meiner Kolumne entschuldigen. Welche Gründe mitunter dahintersteck(t)en, spielt zwar im Grunde keine Rolle; wie man es aber von mir gewohnt ist, möchte ich Sie gerne ohne Umwege umfassend über meine aktuelle Situation als Autor und Mensch informieren.
Fangen wir bei den weniger spektakulären Veränderungen in meinem Leben an. Beruflich bin auch ich in einer Branche tätig, in der es absehbar ist, dass sehr viele Stellen komplett überflüssig werden. Konkret geht es dabei um die Erstellung von Websites, das Schneiden von Videos oder, ganz generell, um die Entwicklung von Marketingkonzepten. All diese Bereiche erleben im Moment eine Revolution in Lichtgeschwindigkeit – wofür ich früher drei Experten und Vollprofis buchen musste, reicht heute schon oft ein ChatGPT-Account in Kombination mit Grafik-Tools wie Canva und Wordpress als Produktionsbasis einer Website aus. Die Effektivität und auch die Qualität besagter Anwendungen steigen so rasant, dass die Entwicklung der Marketingbranche ganz klar in Richtung KI und Automation geht. Wie der Titel schon vermuten lässt, gilt auch hier: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Und da ich mich nicht als KI-Operator in einem virtuellen Office sehe, war es an der Zeit, meine unternehmerischen Tätigkeiten in eine neue Richtung zu lenken. Gemeinsam mit zwei Freunden habe ich im Münchner Süden ein Entrümpelungsunternehmen gegründet. Wieso Entrümpelung? Nach meiner Einschätzung werden auch noch in 15 oder 20 Jahren Wohnungen, Keller und Dachböden von Menschen und Muskelkraft und nicht von Robotern geräumt. In Anbetracht der steigenden Sterbezahlen, der Überalterung und der Wegwerfmentalität sehe ich in Bezug auf diesen Markt sogar noch Wachstumschancen.
Erst gestern haben wir unseren ersten Auftrag erfolgreich erledigt, und meine Kollegen und ich sind Feuer und Flamme, was den Aufbau dieses Entrümpelungsimperiums angeht. Dies ist also einer der Gründe, weshalb ich weniger Zeit und auch Gedankenkraft für eine Kolumne hatte. Natürlich bin ich immer noch im Marketing-, Event- und Medienbereich tätig, doch es fühlt sich sehr gut an, ein weiteres, von der KI-Revolution befreites Standbein aufzubauen. Wenn das Spielfeld, auf dem man agiert, nicht mehr passt, dann ist es immer ratsam, mal einen Ortwechsel vorzunehmen, bevor man sich selbst und seine Fähigkeiten infrage stellt.
Sie werden sich denken: Okay Manuel, alles verständlich, aber was hat das jetzt mit deiner Kolumne hier zu tun? Um diesen Aspekt verständlich zu erklären, muss ich etwas weiter ausholen. Doch eins noch vorneweg: Meine Kolumne wird in Zukunft nicht mehr im geplanten wöchentlichen Rhythmus hier erscheinen.
Damit es gleich noch etwas emotionaler wird, möchte ich mich an dieser Stelle bei André Lichtschlag und dem gesamten Team, ebenso wie allen Unterstützern der Freiheitsfunken für die Chance bedanken, hier als Autor Teil dieses Projektes zu sein. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie nervös ich zu Beginn war, als ich meine ersten Texte an das Lektorat schicken durfte. Ich, als gefühlter Halblegastheniker, der keine Bücher liest und auch bisher wenige Texte verfasst hatte, dieser Manuel also schickt jetzt seine zu Papier gebrachten Gedanken an ein Lektorat. Wie krass muss man drauf sein, wenn man nahezu perfekt und fehlerfrei Deutsch schreiben kann, habe ich mir damals gedacht. Was wird dieses Lektorat von mir und meinem Schreibstil denken? Will und kann sich André Lichtschlag so viele Arbeitsstunden im Lektorat überhaupt leisten, bei so wenig Text von mir? Bei so wenig Reichweite?
Anfangs waren meine E-Mails an das Lektorat immer sehr förmlich. Denn wie peinlich muss das schließlich sein, schon hier Rechtschreibfehler zu machen. Ich habe mich daher, wie ich betonen möchte, ganz besonders angestrengt, um einen ordentlichen und professionellen Eindruck zu hinterlassen. Da ich anfangs sehr zuverlässig jede Woche meine Kolumne schrieb, stand ich auch einmal pro Woche im E-Mail-Verkehr mit dem Lektorat, genauer gesagt mit der Lektorin Sabine Stalujanis. Wir reden hier von mehreren Jahren; in einem solch langen Zeitraum kommen schon einige Mails zusammen. Ich fand es irgendwann nervig, immer nur so förmlich zu schreiben. Aus kurzen Standardfloskeln wie: „Ich wünsche Ihnen ein sonniges und erholsames Wochenende“ oder dem Austausch über das Wetter wurde dieser stetige Kontakt mit der Zeit persönlicher. Die Zeit verging, wir waren schon längst beim Du, als ich von einem geplanten Konzertbesuch von meiner Frau und mir in Österreich erzählte. Wie es der Zufall so wollte, war das nicht weit weg vom Wohnort von Sabine (das Lektorat) und so haben wir uns am Abreisetag auf einen Kaffee getroffen. Sie kennen das bestimmt: Sobald man jemanden in echt, in Farbe und in 3D erlebt hat, ist da etwas, das nicht auf digitalem Wege entstehen kann. Ich würde behaupten, dass die emotionale Beziehung nach einem echten Treffen auf einem anderen Level ist. Aus dem Lektorat, dem ich ehrfürchtig meine ersten E-Mails geschickt hatte, entwickelte sich anschließend zunächst eine Art von E-Mail-Freundschaft und zuletzt dann eine echte Freundschaft zu einem Menschen, der mir wichtig ist.
Was hat aber jetzt die Lektorin Sabine mit der Entrümpelungsfirma zu tun? Ähnlich wie es um die Jobs der Zukunft in der Marketingbranche steht, so sieht es jetzt schon im Bereich Lektorat aus. Auf der einen Seite legen Leser bei den Texten immer weniger Wert auf deren Qualität, weshalb auch immer weniger dazu bereits sind, mit einem Abo ein Magazin oder eine Publikation in Schriftform zu bezahlen. Auf der anderen Seite sind entsprechende KI-Tools bereits so effektiv und ausgereift, dass es sich auch in einem Unternehmen um eine klare wirtschaftliche Entscheidung beim Umstieg handelt. Dienste, die von Menschen mit besonderer Ausbildung und jahrelanger Erfahrung angeboten werden, können nicht mit den Preisen für Softwareanwendungen mithalten – so einfach ist das. Ich sehe das ganz neutral und wertfrei und verstehe jeden Unternehmer, der entsprechende Entscheidungen trifft und damit Kosten einsparen kann, um so überlebens- und konkurrenzfähig zu bleiben.
Vor ein paar Tagen habe ich offiziell erfahren, dass das Lektorat der Freiheitsfunken auf eine KI-Anwendung umgestellt wird, womit meine Zusammenarbeit mit Sabine als Lektorin eigentlich beendet wäre. Wie oben angedeutet, ist dies ein ganz normaler Entwicklungsschritt und ich habe volltes Verständnis für diese Entscheidung. Von Sabine wusste ich bereits zuvor, dass diese Umstellung bei den Freiheitsfunken ansteht. Wenn ich ehrlich bin, habe ich seitdem – abgesehen vom Zeitmangel – auch etwas die Lust am Schreiben verloren.
Sie haben ja keine Ahnung, wie meine Texte im Rohzustand aussehen und mit welchem Gefühl Sabine nicht nur Rechtschreibfehler, sondern auch Stil und Lesbarkeit bei meinen ewigen Schachtelsätzen verbessert. Wenn es mal nicht so schlimm ist, liegt es daran, dass ich zuvor meine Frau bereits eingespannt habe, um eine erste Korrektur durchzuführen. Ohne fremde Hilfe wären meine Texte nicht veröffentlichbar – das meine ich ernst!
Es hat etwas mit der Seele, dem Herzen oder einfach dem Menschsein als solches zu tun – für mich ist diese Teamarbeit mit Sabine einfach zu schön, als dass ich sie jetzt beenden wollte. Puh, jetzt ist es raus und ich fühle mich irgendwie leichter. Denn eines steht fest: Ich kann nur schreiben, wenn ich mich dabei im Reinen fühle. Bei dem Gedanken, meine immer mit Herz verfassten Texte bald von einer Software Korrektur lesen zu lassen, habe ich mich in letzter Zeit immer unwohler gefühlt. Jetzt, da die Umstellung amtlich und somit vollzogen ist, kann ich mich nicht mehr vor einer Positionierung drücken.
Ich habe mich also dazu entschieden, keinen meiner Texte von einer Maschine verbessern zu lassen, und möchte meine Texte auch weiterhin mit Sabine als Lektorin veröffentlichen. Damit dies auch funktionieren kann, ist es an der Zeit, neue Wege zu gehen, und so werde ich in den nächsten Tagen ein System aufsetzen, um zukünftig auf meiner eigenen Website manuelmeint.de wieder regelmäßig für Sie schreiben zu können.
Den Freiheitsfunken werde ich trotzdem treu bleiben, und hierfür habe ich mich bereits mit den Verantwortlichen in Verbindung gesetzt und eine Lösung gefunden. Mein Plan: Ich werde auf eigene Kosten mit Sabine als Unterstützung im Rücken die Texte anliefern und die KI darf bei meiner Kolumne eine Pause machen. Auch das ist ein Merkmal der Freiheitsfunken: Freiheit wird auch wirklich gelebt – danke André! Realistisch wird es mir nicht möglich sein, hier weiterhin wöchentlich zu schreiben, aber ich werde mich bemühen, zumindest ein oder zwei Kolumnen für Sie im Monat exklusiv wieder zu veröffentlichen.
In einer Zeit, in der alles nach KI schreit, bringt mich wohl meine rebellische Veranlagung dazu, dann erst recht wieder den Menschen in den Fokus zu stellen. Ob meine Idee einer eigenen Kolumne mit einem professionellen Lektorat auf meiner Website funktioniert, wird sich zeigen – ich werde Sie auf den Freiheitsfunken darüber auf dem Laufenden halten.
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