18. Juni 2024 11:00

Schützenhilfe durch: Frankfurt Trash Wer macht die Stadt sauber?

Ein Influencer zwischen Fatalismus und Eigeninitiative

von David Andres

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Bildquelle: frankfurt.trash / Instagram Prägt das Stadtbild: Herrenlose Fußplatten in Frankfurt a. Main

Einige Tausend Menschen in Deutschland werden auf der Stelle wissen, was ich meine, wenn ich folgendes Wort in den Raum werfe: Fußplatte.

Kennen Sie nicht?

Das sind die rechteckigen, an beiden Enden abgeschrägten, schweren Hartgummi-Ständer, in deren quadratische Löcher man temporäre Verkehrsschilder stecken kann oder auch rot-weiße Barken, mit denen man zügig eine Baustelle umzäunt. Wobei „temporär“ oder „vorübergehend“ einen echten Hohn darstellt, denn meistens bleiben diese Barken, diese Schilder oder eben nur die Fußplatten selber über Wochen und Monate ohne Sinn und ohne Baustelle stehen. Besonders die Fußplatten liegen herum, stapeln sich, verwachsen teilweise mit dem Unkraut und dem Rasen öffentlicher Grünflächen.

In der Stadt Frankfurt, dem selbsternannten „Herzen von Europa“, hält ein Instagram-Kanal seit einer Weile dieses Durcheinander fest. Der Kanal heißt „frankfurt.trash“ und sammelt stetig Anhänger. Video für Video filmt der dahinterstehende Mann das Chaos in seiner Stadt. Baustellenschilder, wo keine Baustellen mehr sind. Müllberge, einfach abgelegt. Fahrradleichen, jede Menge Fahrradleichen. Hässliche Graffiti und Aufkleber. Aber vor allem eben: Fußplatten. Wer dem Kanal folgt, kennt bald jede herrenlose Fußplatte der Börsenmetropole. Witzig auch, wie der Influencer die herumliegenden Dinger immer den angrenzenden Gebäuden zuschreibt und Sätze aus dem Off sagt wie: „Die Deutsche Bank hat nun auch ihre Fußplatte.“ Denn es ist ja selten der Anrainer, der das Ding brauchte und liegen ließ, sondern die Stadt selber und somit der sogenannte öffentliche Dienstleistungsbereich, den alle von ihren Steuern bezahlen.

Der Macher hinter „frankfurt.trash“ ist sicher kein Libertärer. In seinem „Linktree“ fand sich bereits Werbung für EU-Politik und Wahlmotivation. Es handelt sich um jemanden, der den Staat nicht abschaffen will, sondern im Gegenteil an seine Kernaufgaben erinnert. Damit wird er doch wieder zur „Schützenhilfe“, denn jeder Clip erinnert das Publikum daran, dass die Politik mit dem Geld, das sie den Menschen raubt, alles Mögliche anstellt, aber eben nicht das, was zumindest ein Minimalstaatler noch angemessen fände – die essentielle Infrastruktur in Ordnung halten. Wie ein gut erzogenes Kind wenigstens hin und wieder das Zimmer aufräumen.

Der Macher hinter „frankfurt.trash“ zieht daraus eine zutiefst libertäre Konsequenz – er macht es selbst. Zumindest das, was geht. Bewaffnet mit entsprechenden Reinigungsmitteln, entfernt er regelmäßig Schmierereien von Mülleimern, Stromkästen oder Flächen und schießt Vorher-Nachher-Fotos. Ein Teil des Publikums macht sich darüber lustig. Ein anderer begrüßt die Eigeninitiative und imaginiert, wie toll die Stadt aussehen könnte, würde einfach jeder selber anpacken. Wie viele gedankliche Schritte ist man dann noch davon entfernt, sich zu denken, was wohl wäre, wenn die Stadt Ecke für Ecke jemandem privat gehörte?

Von seinen treuesten Fans bekommt der Feind der Fußplatten – das ist Dialektik – nun regelmäßig eingesammelte Teile geschenkt. Bemalt und besprüht in Silber oder Gold, zu richtigen Kunstobjekten aufgemotzt. Bald kann er eine Ausstellung eröffnen mit großformatigen Bildern der Platten, die noch in der Stadt herumfliegen und Skulpturen aus denen, die bei ihm als Geschenke ein Zuhause gefunden haben.

Quelle:

frankfurt.trash (Instagram)


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