19. August 2024 16:00

Kamala Harris und Tim Walz Sockenpuppen 2.0

In den USA treibt die Elite mit Illusionen ihren Kampf um Machterhalt auf die Spitze

von Robert Grözinger

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Bildquelle: Shutterstock Mit beliebigem Inhalt zu füllen: Avatar Kamala Harris

So sicher, wie wir vor wenigen Wochen sein konnten, dass Donald Trump die kommende US-Präsidentschaftswahl gewinnt, können wir nicht mehr sein. Dieser Wandel hat nichts mit der Person oder dem Programm der neuen Kandidatin der Demokraten zu tun. Denn sowohl das eine als auch das andere ist eigentlich nicht vorhanden. Dieser Wandel hat jedoch sehr viel mit der Vermarktung Kamala Harris zu tun.

Irgendwo las ich vor kurzem, wir hätten es in diesem Jahr zum ersten Mal mit einem Präsidentschaftswahlkampf zu tun, in dem einer der Kandidaten mehr Avatar als real ist. Wer die amerikanische Politik beobachtete, erwartete, dass Harris von Anfang an eine wandelnde Wahlkampfkatastrophe sein würde: Bar jeder originellen Idee, bar jeder Fähigkeit, einen sinnvollen Satz zu sagen, geschweige denn mitreißender Rhetorik, bar einer vorzeigbaren Karriere, jedoch ausgestattet mit einem gackernden Lachen, musste sie doch scheitern.

Republikaner und ihre Unterstützer frohlockten: Aufgrund der Gesetzeslage waren die Demokraten fast gezwungen, auf Harris zurückzugreifen, nachdem sie Joe Biden defenestriert hatten. Für jeden anderen Kandidaten wären mehrere hundert Millionen bereits für den demenzkranken Präsidenten gespendeten Wahlkampfdollar gesperrt. Jetzt bekommen sie es mit der Angst zu tun, denn Kamala erweist sich als mehr als eine gackernde Sockenpuppe. Sie ist eine gackernde Sockenpuppe 2.0, eine Sockenpuppe fit für das 21. Jahrhundert: Eine virtuelle Figur, ein Avatar.

Sie repräsentiert vieles von dem, was allen Amerikanern, die heute jünger als ungefähr 60 sind, schon in der Schule als „das Gute“ aufgetischt wurde: Weiblich, nicht-weiß, Migrationshintergrund. Oder als typisches „Opfer des strukturellen Rassismus und Sexismus des heteronormativen, weißen Patriarchats“. So wird sie von den dankbaren Mainstreammedien verkauft und so himmeln sie die Lobhudler aus der Unterhaltungsindustrie an. Programme, Politik und Persönlichkeit waren gestern. Sie zählten in den vergangenen Jahren ohnehin immer weniger. Jetzt, so hoffen die Demokraten nach vielen Jahrzehnten gründlichster Gehirnwäsche der größtmöglichen Zahl, zählt wirklich nur noch das Erscheinungsbild.

Der in den 1960er-Jahren begonnene Marsch durch die Institutionen der Neosozialisten ist abgeschlossen. Logik und Wahrheit haben keine Macht und Inspirationskraft mehr. Es ist umgekehrt: Macht und Illusion sind die neue Logik und Wahrheit.

Es hilft den Republikanern nicht, dass Harris‘ Bilanz als Generalstaatsanwältin im Bundesstaat Kalifornien sehr ungünstig aussieht. So ungünstig, dass sie für das vorzeitige Ende ihrer Präsidentschaftskandidatur vor vier Jahren verantwortlich ist. Sie soll für eine Reihe von Fehlurteilen gesorgt haben. Sie wandte sich – erfolglos – gegen eine vorzeitige Entlassung von Häftlingen mit dem Argument, der Bundesstaat bräuchte sie als billige Waldbrandbekämpfer. Eine solche Information allein würde in einer Partei, die angeblich das Erbe der Sklaverei bekämpfen und heilen will, normalerweise das Ende jeder Kandidatur bedeuten. Und das tat sie auch – vor vier Jahren.

Doch heute ist man weiter. Harris wurde trotz ihrer sehr zweifelhaften kalifornischen Vergangenheit Vizepräsidentin – einerseits aus Proporzgründen, andererseits als Bidens Versicherung gegen Amtsenthebungsmaßnahmen aus den eigenen Reihen. Denn: Wer will schon eine unbeliebte Sockenpuppe als Präsident? Sie blieb im Hintergrund – was ihr und den Demokraten jetzt zum Vorteil geriert, denn sie wird kaum mit irgendeiner Politik des Regierungschefs in Verbindung gebracht. Auch ihre Vergangenheit in Kalifornien schadet ihr nicht beziehungsweise nicht mehr. Die Mainstreammedien erinnern den Rest des Landes nicht daran und der große Westküstenstaat, wo man ihre Taten noch etwas besser kennt, ist so oder so eine sichere Bank der Demokraten.

Auch der designierte Vizepräsidentschaftskandidat von Frau Harris, Tim Walz, ist ein Avatar. Das fängt schon damit an, dass der Kandidat ein „weißer Kerl“ sein musste: Vor seiner Ernennung wurde Voraussetzung „white dude“ bos- und scherzhaft in den Medien verbreitet. Also wieder der Proporz. Der Gouverneur des Bundesstaates Minnesota erfüllt diese Minimalkriterien. Darüber hinaus kommt Walz wie ein freundlicher Opa oder Onkel daher, ungefähr so wie in Deutschland Bodo Ramelow.

Auch politisch ist Walz ein amerikanischer Ramelow, mindestens genauso links wie der Noch-Ministerpräsident von Thüringen. Unter seiner Regentschaft geschah der Vorfall in Minneapolis mit George Floyd, der die „Black Lives Matter“-Ausschreitungen auslöste. Walz ist nicht dafür bekannt, den laut CNN „weitgehend friedlichen“ Randalierern effektiv Einhalt geboten zu haben.  Als im Verlauf der Unruhen vor dem Parlamentsgebäude von Minnesota das Kolumbusdenkmal gestürzt wurde, riet er von der Strafverfolgung der Täter ab.

Als 2022 die Demokraten auch im Senat des Bundesstaates eine Mehrheit errangen, erließen sie unter Führung von Walz ein sehr „liberales“ Abtreibungsgesetz, das einen Schwangerschaftsabbruch bis zur Geburt erlaubt. Und ein „Transgender“-Gesetz, das den Behörden erlaubt, das Erziehungsrecht zu entziehen, wenn ein Kind – egal welchen Alters – den Wunsch äußert, das Geschlecht zu wechseln und die Eltern widersprechen. Walz soll zudem über verschiedene Aspekte seines Militärdienstes gelogen haben.

Dieser Tim Walz soll das Maximum an möglichen Stimmen aus der demographischen Gruppe der weißen Männer herausfischen. Mit Hilfe der Massenmedien könnte das durchaus gelingen. Sowohl Harris als auch Walz lassen sich derzeit nicht interviewen. Nicht von Journalisten. Sie interviewen sich stattdessen lieber gegenseitig. Das Ergebnis ist vorhersehbar inhaltsleer. Eine „bizarre politikfreie Unterhaltung“ nannte die alternative Nachrichtenplattform „Breitbart“ die Veranstaltung.

Das Muster dieses Spiels ist das gleiche wie beim Bonmot vom „white dude“: Die fest im Sattel sitzende Herrscherkaste lacht dem Volk ins Gesicht. Es ist ein Katz- und Mausspiel. Schon die „Entkandidatisierung“ Bidens war Teil dieses Spiels. Die Herrscher wollten ihn loswerden und hätten ihn auf die eine oder andere Weise vorführen können. Am elegantesten und für sie lustigsten war jedoch die unfreiwillige Einspannung ihres Gegners in diesen Plan.

Es ist derzeit erstaunlich ruhig um Trump geworden. Das ikonische Bild von ihm mit Blut, Faust und Flagge ist, vorläufig zumindest, in Vergessenheit geraten. Er tritt weniger aggressiv auf und wirkt fahriger. Manche vermuten eine posttraumatische Störung nach dem Attentatsversuch. Hinzu kommt, dass sein Team seine Wahlkampfstrategie in kürzester Zeit völlig umkrempeln muss. Das wird keine leichte Aufgabe sein. Zumal der neue Gegner eine – jüngere – nicht-weiße Frau ist.

2016 konnte Trump heftigst gegen Hillary Clinton polemisieren, obwohl sie eine Frau ist. Denn sie war weiß und, wichtiger noch, allen bekannt als Bestandteil des inneren Rings der US-Herrscherkaste. Ob und inwieweit Harris letzteres ist, ist nicht bekannt. Das, sowie ihr Alter und ihre Hautfarbe, machen sie zu einem effektiven Anti-Trump-Avatar. Das ist alles, was für die Herrscherkaste zählt.

Noch sind Harris und Walz nicht die offiziellen Kandidaten, aber das ist nur noch Formsache. Ein weiterer Punkt, der uns klar macht, wie sehr wir bereits in einer postdemokratischen Welt leben. Erst wurden alle möglichen Kandidaten aus der eigenen Partei weggebissen, die dem Amtsinhaber gefährlich werden könnten, wie etwa Robert F. Kennedy Jr. Dann wurde Biden als einzig verbliebener ernsthafter Kandidat in den Vorwahlen „demokratisch“ wieder aufgestellt – mit Hilfe der Medien, die seinen offensichtlichen geistigen Verfall verschwiegen oder als „Verschwörungstheorie“ abtaten.

Als Biden doch geschasst werden musste, blieb wahlkampffinanztechnisch nur noch sein Schutzschild übrig – die nicht gesellschaftsfähige Harris. „Nicht gesellschaftsfähig“ ist kein Hinderungsgrund für eine Kandidatur mehr. Die Herrscherkaste zeigt uns heute, dass sie jeden Kandidaten auf vorzeigbar trimmen kann, wenn sie will. Mehr denn je sagt sie uns: Ihr dürft ins Amt wählen, wen ihr wollt, solange wir die Kandidaten vorherbestimmen.  

Trump war nicht genehmigt. Er durfte nicht Präsident werden. Als er es doch wurde, strafte ihn die Herrscherkaste pausen- und gnadenlos ab. Bis heute. 

Wohin wird das führen? Paul Craig Roberts, unter Ronald Reagan ein stellvertretender Finanzminister sowie ein ehemaliger Mitherausgeber und Kolumnist des „Wall Street Journal“ kommentiert die gegenwärtige Lage in seinem Land folgendermaßen:

„Lügen und Wahldiebstahl waren schon immer Teil der amerikanischen Politik. Für die Kandidaten und ihre Unterstützer geht es um Macht, nicht um Ideen. Im Jahr 2016 gab es jedoch eine große Veränderung. In seinem Wahlkampf sagte Trump, er wolle die Beziehungen zu Russland normalisieren. Dies war eine direkte Bedrohung für die Macht und das Budget des Militär-/Sicherheitskomplexes, der Russland als Feind braucht, um seine Macht und sein Budget zu rechtfertigen.

Nach der Niederlage ihrer Kandidatin Hillary im Jahr 2016 beschloss das herrschende Establishment, dass es keine fairen Wahlen mehr geben würde und dass ihre Kontrolle wichtiger sei. Die Elite arbeitete daran, den Wahldiebstahl zu institutionalisieren, so dass er nicht länger ein Thema war.“

Es wird, so Roberts, unbeabsichtigte Folgen geben, die die herrschende Elite aber in ihrem „verzweifelten Kampf um Machterhalt“ nicht weiter kümmert. „Sie hat das Land schlimmer gespalten, als es durch den Zolltarif von 1861 gespalten wurde, der den so genannten ‚Bürgerkrieg‘ auslöste. Wie kann sich ein gespaltenes Land gegen die Feinde behaupten, die die US-Regierung für Amerika geschaffen hat?“

Auf ein ähnliches Schicksal, so ist Roberts überzeugt, steuern die Vereinigten Staaten von Amerika jetzt unweigerlich zu.  

Quelle:

Paul Craig Roberts: Where Matters Stand (LewRockwell.com)


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