14. Oktober 2024 16:00

Führungswahl bei den britischen Konservativen „Generation Jordan Peterson“ greift nach der Macht

Die britische Oppositionspartei wird in Zukunft eher „AfD“ als „CDU“ sein

von Robert Grözinger

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Bildquelle: Wikimedia Commons / Roger Harris Bereitet der Labour-Partei und der „Davos“-Gemeinde erhebliche Sorgen: Kemi Badenoch

In Großbritannien hat vergangene Woche eine kleine Sensation stattgefunden. Klein genug, um außerhalb der Landesgrenzen bisher nicht weiter beachtet zu werden. Aber groß genug, um daraus den Schluss ziehen zu können, dass die populistische Welle, die zum „Brexit“ führte, keineswegs vorbei ist. Die „Davos-Clique“ wird sich darüber ernste Sorgen machen.

Der Ort des Geschehens ist die britische Konservative Partei, genauer gesagt die deutlich geschrumpfte Parlamentsfraktion der nach ihrer schmachvollen, aber verdienten Niederlage bei der Wahl im Juli auf die Oppositionsbänke verbannten „Torys“. Wie üblich nach einer solchen Wahlniederlage wählt sich die Partei einen neuen Vorsitzenden. Der kurzzeitige Premierminister Rishi Sunak will oder soll es nicht mehr sein.

Damit wählt sich die in den vergangenen 14 Jahren regierende Partei übrigens die fünfte Führungsperson in acht Jahren – ein Zeichen für die Turbulenzen, die diese Partei ergriff, seit sie sich unter David Cameron gezwungen sah, eine Volksabstimmung über die EU-Mitgliedschaft durchzuführen.  

Es standen anfangs sechs Kandidaten zur Wahl. Bei den Konservativen entscheidet zunächst nur die Parlamentsfraktion in geheimen Wahlen, wen sie bevorzugt. Und zwar so lange, bis nur noch zwei Kandidaten übrig sind. In der letzten Runde entscheidet dann die gesamte Parteimitgliedschaft zwischen diesen beiden (siehe die unten verlinkte Wikipedia-Seite über den Vorgang).

Vergangene Woche stand die Fraktion also vor der Aufgabe, aus drei übriggebliebenen Kandidaten einen abzuwählen. Wer von diesen drei die wenigsten Stimmen bekommen würde, war draußen. Zwei dieser drei gelten allgemein als „rechts“. Sie wollen die etwa 15 Prozent Wähler zurückgewinnen, die im Juli aus Protest Nigel Farages „Reform UK“-Partei gewählt hatten, eine Neuauflage seiner „Brexit“-Partei. Der dritte, James Cleverly, wurde in den Medien als ein Mann der Mitte präsentiert. Er betonte, er wolle, dass seine Partei wieder „normal“ wird und will lieber jene Wähler anlocken, denen die Konservativen in letzter Zeit zu rechts waren.   

Alle Beobachter erwarteten also, dass Cleverly, der bislang mehrere Ministerposten innehatte, darunter das Innen- und Außenministerium, unter den letzten zwei Kandidaten sein würde. Sie erwarteten, dass dann das Parteivolk darüber entscheiden würde, ob die Konservativen eher „rechts“ oder eher „mittig“ – sprich: „links“ – sein sollten. Mit anderen Worten: Wollten die Torys eher „AfD“ oder „CDU“ sein? Dann die Überraschung: Die Fraktion nahm der Partei diese Entscheidung ab, indem sie Cleverly abwählte.

Es war eine recht knappe Entscheidung. Die drei Kandidaten erhielten 42, 41 und 37 Stimmen. Jetzt stehen dem Parteivolk „nur“ noch zwei „rechte“ Kandidaten zur Auswahl. Mit anderen Worten: Die Richtungsentscheidung ist gefallen. Das entsetzte Establishment greint. Die eine übriggebliebene Kandidatin, Kemi Badenoch, denkt, dass das Mutterschaftsgeld zu großzügig sei und äußert die Vermutung, dass zehn Prozent der Beamtenschaft ins Gefängnis gehört. Sie ist außerdem, als sie noch „Frauen- und Gleichstellungsministerin“ war, als scharfe Kritikerin der inzwischen geschlossenen Tavistock-Klinik aufgefallen, in der Minderjährige Pubertätsblocker verschrieben bekamen und Geschlechtsumwandlungsoperationen unterzogen wurden. Für den anderen Kandidaten, Robert Jenrick, liegt die höchste Priorität darin, dass das Vereinigte Königreich aus dem „Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte“ austritt. Der Grund: Nur so könne der anschwellende Strom illegaler Migration über den Kanal wirksam gestoppt werden. Das habe der 42-Jährige begriffen, als er vor der Wahl als Staatsekretär im Innenministerium zuständig für Einwanderung war, sagt er. 

Der Unterschied zwischen den beiden Kandidaten ist eher stilistisch als inhaltlich. Badenoch ist sehr konfrontativ, Jenrick eher diplomatisch veranlagt.

Eine interessante Bemerkung zu dieser Entwicklung machte Tim Stanley. Der Kolumnist des „Telegraph“ – eine Zeitung ungefähr so konservativ, wie es die „Frankfurter Allgemeine“ war, bevor sich letztere in der linken Meinungsblase auflöste – sagte in einem „spiked-online.com“-Podcast mit Brendan O’Neill, die Einengung der Wahl auf Badenoch und Jenrick bedeute, dass eine Generation an die Macht drängt, deren führender Intellektueller der weltbekannte Psychologe Jordan Peterson ist (siehe Link unten).

Das ist aus zwei Gründen bemerkenswert. Erstens, weil hier Peterson erstmals von einem nicht unbedeutenden Kolumnisten zugestanden wird, wesentlichen Einfluss nicht nur auf die Kultur im Westen, sondern auch auf seine Politik zu haben. Zweitens, weil die britischen Konservativen als Partei schon immer eine notorisch unintellektuelle gewesen ist. Die Ausnahme war die Phase, als sie Margaret Thatcher zur Vorsitzenden erhoben. Interessanterweise waren die Konservativen damals in einer ähnlich schwachen Position wie heute und Wirtschaft und Gesellschaft, ebenfalls wie heute, schienen sich mit einem „verwalteten Niedergang“ abgefunden zu haben.

Am 2. November wird das Ergebnis der Endrunde bekannt gegeben. Anekdotisch scheint Badenoch derzeit den Vorsprung zu haben. Sie war diejenige in der letzten fraktionsinternen Wahlrunde mit den 42, also den meisten Stimmen. Sie ist die einzige Kandidatin, die im Logo ihrer Kampagne auf ihren Namen verzichtet. Stattdessen wirbt sie mit dem Slogan „Renewal 2030“. Zweifellos sollen das Wort „Erneuerung“ sowie der türkisfarbene Rahmen an „Reform UK“ erinnern.

Sollte Badenoch zur neuen Oppositionsführerin gewählt werden, käme gleich eine weitere Sensation hinzu. Vor 50 Jahren wurde mit Thatcher erstmals in der Parteiengeschichte Großbritanniens eine Frau an die Spitze einer Partei gewählt. Nun steht dieselbe Partei kurz davor, eine schwarze Frau mit Migrationshintergrund zu wählen, denn Badenoch wurde 1980 in Nigeria geboren. Gleichzeitig hat die Labour-Partei, angeblich der politische Arm der woken Diversitätsagenda, bis heute nur weiße Männer an der Spitze gehabt.

Badenoch gilt in der woken Blase schon längst als Verräterin an ihrer Rasse und ihrem Geschlecht. Die Identitätspolitk, mit der die moderne Linke die alte, gescheiterte, weil fehlerhafte marxistische Ausbeuter-Ausgebeutete-Dichotomie in schillernder Vielfarbigkeit wieder aufleben lässt, würde mit der Wahl Badenochs in Großbritannien zur stumpfen, ja unbrauchbaren Waffe werden.

Damit würden die tönernen Füße, auf denen die überwältigende Mehrheit der Labour-Partei im neuen Parlament steht, noch spröder werden. Nur etwa 20 Prozent der Wahlberechtigten haben sie gewählt. Manche Beobachter schätzen, dass nur etwa zehn Prozent der „Biobriten“ der jetzigen Regierungspartei ihre Stimme gegeben haben. Wenn jetzt die Oppositionspartei überdeutlich zeigt, dass man nicht „links“ wählen muss, wenn man nicht weiß ist, droht die Labour-Partei nach der weißen Arbeiterschaft einen nicht geringen Teil ihrer letzten soliden Anhängerschaft zu verlieren.

Überall im Westen gerät die linksgrüne Blase immer mehr in Bedrängnis. Für historisch kenntnisreiche Beobachter ist das keine Überraschung, denn die Linke ist nicht nur inhaltlich, sondern auch psychologisch entgrenzt. Sie wird immer dazu neigen, den Bogen zu überspannen. Jetzt ist er – mal wieder – zerbrochen. Die Entwicklung in Großbritannien gehört in die gleiche Reihe wie das Aufbranden Donald Trumps in den Umfragen zur US-Präsidentschaftswahl, der aktuelle Erfolg der AfD in den östlichen Bundesländern und der FPÖ in Österreich, Le Pens Partei in Frankreich und jüngst auch die Forderung des Präsidenten Polens, Donald Tusk, immerhin ein ehemaliger Präsident des Europäischen Rates, das Asylrecht und das EU-Migrationsabkommen auszusetzen.

Diese Entwicklung ist vor allem ein Problem für die „Davos“-Gemeinde und ihre totalitären Pläne. Die Covidmanie war ein Versuch dieser Gruppe, nach dem „Brexit und Trump“-Wetterleuchten von 2016 die Weltgeschichte wieder in für sie günstigere Bahnen zu lenken. Die gegenwärtige Zensurmanie ist ein weiterer Versuch. Sie haben es derzeit schwer. Das Mitleid der „Generation Jordan Peterson“ mit ihr dürfte sich allerdings in engen Grenzen halten. 

Quellen:

2024 Conservative Party leadership election (Wikipedia)

A Conservative revolution? (Podcast von Brendan O’Neill mit Tim Stanley, spiked-online.com)


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