Forsa-Umfrage: Zwei Drittel der Sitze für Union und AfD
Trotzdem bleibt es wohl beim „Weiter so!“
von Sascha Koll
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Die aktuelle Sonntagsfrage vom 19. November 2024, erhoben von Forsa im Auftrag von RTL und n-tv, zeigt eine deutliche Konzentration der Wählergunst auf vier Parteien: Union (33 Prozent), AfD (18 Prozent), SPD (15 Prozent) und Grüne (11 Prozent). Alle anderen Parteien, einschließlich der FDP, den Linken und dem Bündnis Sahra Wagenknecht fallen unter die Fünf-Prozent-Hürde. Diese Werte lassen einen Einblick in die mögliche Sitzverteilung im Deutschen Bundestag zu, wenn ausschließlich diese Parteien in das Parlament einziehen würden.
Nach meinen Berechnungen ergibt sich bei einer Regelgröße von 598 Sitzen folgende Sitzverteilung: CDU/CSU (Union): 256 Sitze (42,81 Prozent), AfD: 140 Sitze (23,41 Prozent), SPD: 116 Sitze (19,40 Prozent), Grüne: 85 Sitze (14,21 Prozent)
Die „konservativen“ Parteien – die Union und die AfD – würden zusammen 396 Sitze im Bundestag stellen, was einem Anteil von 66,22 Prozent der Regelgröße entspricht, was nahezu zwei Drittel sind. Dies zeigt eine klare Dominanz „konservativer“ Kräfte in diesem Szenario, die gemeinsam in der Lage wären, eine komfortable Mehrheit zu bilden.
Allerdings bleibt diese rechnerische Mehrheit rein theoretisch. Die CDU hat in den letzten Jahren immer wieder betont, eine sogenannte „Brandmauer“ zur AfD zu ziehen und jegliche Form der Zusammenarbeit oder Koalition kategorisch ausgeschlossen. Angesichts dieser Haltung dürfte die Union trotz ihrer Dominanz im Parlament dazu gezwungen sein, einen Koalitionspartner aus dem links-grün-versifften Spektrum zu suchen – entweder die SPD oder die Grünen. Beide Parteien stehen für eine Politik, die in vielen Punkten konträr zu den angeblichen Positionen der Union ist.
Eine solche Koalition – entweder Schwarz-Rot (Union und SPD) oder Schwarz-Grün (Union und Grüne) – würde faktisch zu einem „Weiter so“ in der deutschen Politik führen. Große Reformen, die möglicherweise für dringend notwendige Veränderungen sorgen könnten, wären aufgrund der ideologischen Unterschiede zwischen den Koalitionspartnern schwer durchsetzbar. Stattdessen könnte die Regierungspolitik erneut von Kompromissen und gegenseitigen Blockaden geprägt sein, wie es in vergangenen Legislaturperioden häufig der Fall war.
Für viele Wähler, insbesondere diejenigen, die AfD oder Union gewählt haben, dürfte eine solche Entwicklung sehr enttäuschend sein. Während die AfD als Oppositionskraft weiterhin gegen die Regierungspolitik mobilisieren würde, könnten auch in der Union Stimmen laut werden, die eine stärkere konservative Ausrichtung und ein Ende der Zusammenarbeit mit sozialistischen Kräften fordern. Dies könnte langfristig nicht nur die politische Landschaft verändern, sondern auch die innerparteilichen Debatten innerhalb der Union erheblich anheizen.
Für mich ist dieses politische Schauspiel – bekanntermaßen – nichts anderes als ein absurdes Theater, bei dem die Akteure ihre Rollen spielen, während das Publikum – die Wähler – in die Illusion eingebunden bleibt, dass durch dieses System echte Veränderungen herbeigeführt werden könnten. Die Tatsache, dass eine klare konservative Mehrheit rechnerisch möglich wäre, aber durch ideologische Brandmauern und politische Machtspiele ins Leere läuft, ist dabei nicht nur vorhersehbar, sondern auch unterhaltsam. Es zeigt, wie das politische System unfähig ist, Mehrheiten konsequent in praktische Politik umzusetzen, und stattdessen immer wieder auf denselben Kompromissmechanismen endet, die den Status quo zementieren.
Vielleicht lässt die aktuelle konservative oder gar libertäre Wende in den USA vermuten, dass ein ähnlicher Umschwung auch in Deutschland bevorsteht – allerdings möglicherweise erst nach einer weiteren Wahlperiode des politischen Versagens. Während in den Vereinigten Staaten konservativ-liberale Kräfte wie Trump, Musk und Ramaswamy kurz vor dem Antritt stehen und politische Landschaften neu gestalten und sogar die Politik aus dem Leben der Bürger zurückdrängen wollen, scheint Deutschland noch in alten Mustern verhaftet zu sein. Es bleibt spannend zu beobachten, ob und wann sich dieser internationale Trend auch hierzulande bemerkbar macht. Bis dahin kann man sich zurücklehnen und das politische Theater genießen, wissend, dass echte Veränderungen wohl noch auf sich warten lassen werden und diese das Individuum nur für selbst bewirken kann.
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