Lagerkritik: Der Kommunismus im Bitcoin-Space
Politiker sind nicht unsere Freunde
von Sascha Koll
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Wer die letzten Wochen den Bitcoin-Space verfolgte, wird eins nicht überhört haben: das schmatzende Geräusch beim Lecken an Politikers Stiefeln.
Es fing mit Trumps Auftritt bei der Bitcoin Conference 2024 an – wenn auch vorerst verhalten und mit vorsichtiger Skepsis. Doch das Schmatzen und Schlürfen wurden im Laufe der Zeit immer lauter. Es ging weiter mit „Die USA wird zur Bitcoin-Nation“, steigerte sich mit „Trump baut die strategische Bitcoin-Reserve auf“ und gipfelt gerade in Deutschland mit „Die AfD nimmt Bitcoin ins Wahlprogramm auf“.
Euphorie macht sich breit, die Politik als Lösung ist omnipräsent. Bitcoin- und AfD-Influencer überschlagen sich fast vor Vorfreude auf die neuen Heilsbringer. Dabei ist es der Stock, den sie sich selbst in die Speichen ihres Fahrrads stecken, der sie final zum Überschlag bringen wird.
Die deutschen Bitcoin-Youtuber keulen sich einen auf „Bitcoin im Bundestag“ und eine AfD, die Bitcoin nicht weiter regulieren will, und manche NPC-Kommentatoren auf X sind der Meinung, dass ich Bitcoin nicht verstanden hätte, weil Trump und die AfD diejenigen seien, die das Tor für das „Trojanische Pferd“ öffnen.
Einige Influencer und deren hörigen Gefolgen versuchen sich bei Kritik herauszuwinden – sie berichteten doch bloß neutral. Gleichzeitig ist jedoch jeder Kommentar aus den Mäulern der Politiker eine Eilmeldung wert. Sind die tatsächlich so naiv, nicht zu merken, dass sie sich von Parteien und Politikern für Wahlwerbung einspannen lassen, oder bringt es einfach nur zu gute Klickzahlen, wenn man sich mit der Politik ins Bett legt, sodass man alle bisher gepredigten Werte über Bord werfen kann?
Über Bord werfen ist hier ein gutes Stichwort. Zuerst empfand ich die Wortschöpfung „Kommunistentrainer“ von TheBitcoinBoat auf X etwas übertrieben. Doch wer sich als „Blocktrainer“ die Schaffung von souveränen Individuen auf die Fahne schreibt und dann am Hype um Trump und die AfD mitwirkt und damit die Nachfrage nach Herrschaft ankurbelt, muss sich von mir mindestens Doppelzüngigkeit vorwerfen lassen. Wie sagte man im Bitcoin-Space vor einiger Zeit noch? „Slay Your Heroes“.
Es ist eben keine neutrale Berichterstattung, wenn man geradezu euphorisch über die neuesten Ereignisse in der Politik spricht und eine Eilmeldung die nächste jagt. Bei Nayib Bukele war es so, bei Trump ist es umso krasser und bei der AfD wird die anfängliche Vorsicht auch irgendwann in überschwängliche Hofberichterstattung umschlagen. Es ist immer das gleiche Programm: Angebliche Freiheitsfreunde, Libertäre und Anarchisten lassen sich von Parteien und Politikern vor den Karren spannen und verraten nicht nur ihre angeblichen Werte, sondern auch ihre Rezipienten. Sie sind die Hopium-Lieferanten und suggerieren, ein souveränes Individuum bräuchte die Politik, um zum gesetzten Ziel zu kommen. Sie halten ihre Leser, Zuschauer und Zuhörer im geistigen Gefängnis des Etatismus gefangen, anstatt ihnen zu erklären, dass sich das Individuum die Freiheit selbst erkämpfen muss und niemals von einem Herrscher geschenkt bekommen wird.
Selbstverständlich freue auch ich mich über die Trump-Staffel und hätte Bock auf ein CDU/AfD-Experiment in dieser Clown-Show. Das wird sicher eine sehr unterhaltsame Zeit für mich, aber ich bin mir darüber im Klaren, dass nichts von dem, was diese Protagonisten anstellen werden, mein Leben verbessern wird. Die Schlangenölverkäufer aber überschütten ihre Zuschauer aus großer Höhe mit Hoffnung in die Politik. Der Aufprall dieser kommunistischen Influencer wird hart werden.
Vielleicht täte einigen Bitcoin-Influencern ein wenig Hans-Hermann Hoppe ganz gut: „Wir laden Politiker nicht zu unseren Veranstaltungen ein, und wir folgen auch nicht ihren Einladungen.“ Dies gilt für „Bitcoin im Bundestag“ wie auch für alle anderen Veranstaltungen. Politiker sind nicht unsere Freunde – nicht einmal unsere Verbündeten, sie sind buchstäblich unsere Feinde und stehen gegeneinander im Wettbewerb der Gauner um unser Geld und Leben. Selbst wenn sie sich positiv über Bitcoin äußern sollten, bringen sie ein ganzes Paket an Tyrannei mit: Wegelagerei (Zölle), Entführung/Verschleppung (Abschiebungen), Steuern (bandenmäßige räuberische Erpressung), Sklaverei (Wehrzwang), Kindesmissbrauch (Schulzwang) und so vieles mehr. Wer meint, dies alles ausblenden zu können, weil „number goes up“ (Kursanstieg), und das seinen Zuschauern als etwas Neutrales oder Positives auftischt, macht sich den Herrschern zum Steigbügelhalter und ist damit als Kämpfer für die Freiheit maximal unglaubwürdig.
„Number goes up“ spricht übrigens für ein verhärtetes Fiat-Mindset, da der angebliche Bitcoiner sein Vermögen immer noch in US-Dollar oder Euro bemisst und sich damit als knallharter Fiat-schürfender Shitcoiner outet. Wer, der wirklich an die utopische Bitcoin-Zukunft glaubt, bemisst sein Vermögen bitte in einer dem Tod geweihten staatlichen Währung?
Alles hier Geschriebene soll übrigens kein Angriff auf Romans (der Blocktrainer) persönliche Haltung sein, die, wie ich weiß, von seinen Veröffentlichungen und auch Handlungen abweicht. Es ist eine Kritik an allen angeblichen Bitcoinern und Libertären, die Politik „neutral“ betrachten. Ich wiederhole mich erneut: Politiker sind nicht unsere Freunde, sie sind auch nicht unsere Verbündeten, sie sind nicht neutral und sie werden unsere Probleme nicht lösen, wie sie auch nicht Schlimmeres verhindern werden.
Zum Abschluss:
Wer sich nach dieser Kolumne angehalten sieht, mir vorzuwerfen, mal wieder die Extremposition zu beziehen, dem sei gesagt: Es macht ja sonst niemand. Vielleicht überkommt mich bald die Lust, darüber zu schreiben, warum genau das essenziell ist (Stichwort: Overton-Fenster). Bis dahin sage ich euch – ironischerweise –, was ihr zu tun habt: Verkauft eure Euros, leckt keine Stiefel, werft keine Anker im System durch Gründung von Fiat-Unternehmen und werdet endlich unregierbar.
Nachtrag:
Ich schrieb diesen Beitrag, kurz nachdem ich unter einem X-Post des Blocktrainers folgenden – zugegebenermaßen provokanten – Kommentar hinterlassen hatte: „Habt ihr bald genug Wahlwerbung für die AfD gemacht? Oder berichtet ‚Kommunistentrainer‘ im Januar noch mal, wenn es final ist?“ Trotz der Provokation hatte ich keine Ahnung, was mich erwarten würde. Ein Kommentator bezeichnete mich daraufhin als „Faschist“, andere sind der Meinung, im Wahlkampf gebe es eine „neutrale Berichterstattung“, und den Vogel schoss ein besonderer grotesker Nutzer ab, den ich mir hier erlaube, vollständig zu zitieren: „War ja klar, dass Stiefellecker-Almans wieder freidrehen. Verkauf deine BTC und verlass dich auf die schönen Scheine, die deine geliebte Regierung druckt.“ Ironischerweise könnte dieser Kommentar eins zu ein von mir kommen.
Selbstverständlich sind einzelne Kommentare kein Abbild der gesamten Community des Blocktrainers, aber wer Scheiße postet, zieht eben auch Fliegen an. Und genau das ist es, was ich bereits in diesem Beitrag erörtert habe: Sich als angeblicher Kämpfer für die Freiheit und der Souveränität mit der Politik ins Bett zu legen, mitten im Wahlkampf „neutral“ über eine Partei zu berichten, vor deren Karren man sich spannen hat lassen, hält die Menschen im geistigen Gefängnis des Etatismus gefangen. Es steigert erneut die Nachfrage nach Herrschaft, da hier ein Bild von einer Partei gezeichnet wird, die einer Gruppe von Menschen plötzlich wählbar erscheint.
Warum „Kommunismus“?
Da ich davon ausgehe, dass diese Kolumne eine Menge Menschen erreichen wird, die nicht verstehen, warum ich hier von „Kommunismus“ spreche, möchte ich diesen nahelegen, dass Demokratie nur eine weiche Form des Kommunismus ist. Das Kollektiv, die Mehrheit steht in der Demokratie über dem Individuum. Deshalb sei mir verziehen, dass ich AfDler wie jeden anderen Demokraten nicht nur als Sozialisten, sondern sogar als Kommunisten bezeichne.
Möge der Hass nun auf mich einprasseln wie dicke Regentropfen während eines herrlich warmen Sommergewitters. Ich werde mit größtmöglicher Freude darin baden.
Kommentare
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