16. Februar 2025 06:00

Wirtschaftssystem der Zukunft Der technologische Wandel verlangt weniger Staat

Es gilt, die Zeichen der Zeit verstehen

von Antony P. Mueller

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Bildquelle: ktsdesign / Shutterstock Künstliche Intelligenz: Verändert unsere Arbeitswelt grundlegend

Während das 20. Jahrhundert den tiefgreifenden Wandel der industriellen Fertigung erlebte, revolutioniert die Technologie heute auch den Dienstleistungssektor. Berufliche Positionen fallen der Automatisierung und dem Ansturm der künstlichen Intelligenz zum Opfer. Die sogenannte „soziale Sicherung“ bietet keine Sicherheit mehr.  

Je mehr sich die künstliche Intelligenz verbreitet, werden auch hochqualifizierte Fachkräfte – von Ärzten bis zu Anwälten, von Pädagogen bis hin zu den Beamten in der öffentlichen Verwaltung – vor großen Herausforderungen stehen. Die Transformation ist bereits im Gange. Viele scheinbar sichere Arbeitsplätze werden vernichtet. Roboter und künstliche Intelligenz machen komplexe Aufgaben nicht nur billiger, sondern auch leistungsfähiger. Die neuen Technologien halten Einzug in die Büros der Berater, die Anwaltskanzleien, in die Klassenzimmer und in die Krankenhäuser. Mit einem Klick erscheinen in Sekundenschnelle bessere Diagnosen auf dem Bildschirm, als sie Menschen erstellen könnten – sei es eine medizinische Beurteilung oder die Analyse eines rechtlichen Problems. Maschinen ersetzen selbst anspruchsvolle Berufe. Wie sieht die Zukunft für Arbeitsplätze, Qualifikationen und Löhne aus? Was bedeutet das für die Zukunft des Kapitalismus? Welches Wirtschaftssystem ist am besten geeignet, um diese Herausforderung zu meistern?

Im 19. Jahrhundert konnte man dem Landarbeiter sagen, er solle in die Stadt gehen und in der Industrie arbeiten. Im 20. Jahrhundert konnte man dem jungen Mann oder Mädchen sagen, sie sollten sich fortbilden und studieren. Das waren alles gute Ratschläge. Doch im neuen Jahrtausend gibt es keinen Weg nach oben in diesem Sinn. Der Übergang von der Landwirtschaft zur Industrie und von der Industrie zum Dienstleistungssektor ist beendet. Jetzt gibt es keine Garantie mehr für einen gut bezahlten und sicheren Job. An die Universität zu gehen und einen Abschluss zu machen, genügt nicht. Viele Studiengänge sind pure Zeitverschwendung. Die gewohnten Sprossen der Leiter sind gebrochen. Die Aufwärtsmobilität gehört der Vergangenheit an. Wer das beklagt, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden.

Protektionismus, Interventionismus, Imperialismus, Kommunismus und Faschismus waren in der Vergangenheit die vielen falschen Antworten. Viele glauben heute, dass die sozialdemokratische Version des Kapitalismus das adäquate System für das neue Jahrtausend sei. Doch das ist nicht der Fall. Es ist keine Übertreibung zu prognostizieren, dass, wenn wir auf dem sozialistischen Weg weitergehen, das Ende der Staatsbankrott sein wird. Das Konstrukt des sozialen Sicherungs- und Wohlfahrtskomplexes aus Gesundheitsversorgung, Bildung, Renten und Sozialhilfe hat versagt. Das Rechtssystem liegt in Trümmern. Ebenso ist die Erwartung, dass die politische Steuerung der Wirtschaft auch zukünftig Beschäftigung, Wirtschaftswachstum und Finanzstabilität garantieren könnte, illusorisch. Der Versuch, das gegenwärtige System zu erhalten, zu reformieren und auszuweiten, wird zum Gegenteil dieser „sozialen“ Versprechungen führen.

Ohne eine Änderung des Sozialversicherungssystems werden allein die Gesundheitskosten mehr als ein Viertel des Bruttoeinkommens verschlingen. Für die Altersvorsorge wäre ein weiteres Viertel des Einkommens erforderlich. In ein paar Jahrzehnten muss der normale Steuerzahler Pflichtbeiträge zahlen, die die Hälfte des Einkommens übersteigen, um allein für die Sozialversicherung und die Sozialhilfe aufzukommen. Neben diesen Beiträgen müsste die Regierung ein weiteres Drittel der Einnahmen als Steuern verlangen, um die Verteidigung und die anderen Teile des Staatsapparats zu finanzieren. Eine solche Last ist unmöglich zu tragen. Für den privaten Gebrauch bliebe fast nichts übrig. Bevor diese Prognosen Realität werden könnten, würde die Wirtschaft zusammenbrechen. Die Menschen würden sich weigern zu arbeiten und die Unternehmen würden aufhören zu investieren, die Nation würde bankrottgehen.

Die Herausforderung bleibt also: Junge Menschen können in den kommenden Jahrzehnten nicht mehr mit einem hohen Einkommen rechnen, nur weil sie einen Hochschulabschluss haben. Viele arbeitsplatzsichere Karrieren in etablierten Berufen werden verschwinden oder tiefgreifende Veränderungen erfahren. Der gegenwärtige Horror der Arbeitslosigkeit oder des Nichtfindens des richtigen Arbeitsplatzes rührt daher, dass man nicht in der Lage ist, die hohen Kosten für Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnen, öffentliche Sicherheit und Ruhestand ohne ein hohes dauerhaftes Einkommen zu erhalten. Deshalb ist ein fundamentaler Kurswechsel notwendig. Anstatt das gegenwärtige System „sozialer“ zu machen, brauchen wir eine libertäre Revolution. Anstatt den Kapitalismus sozialistischer zu machen, brauchen wir einen kapitalistischeren Kapitalismus. Der freie Kapitalismus zusammen mit dem drastischen Abbau des Staates und der Abschaffung der Politik würde die finanziellen Lasten beseitigen, die den modernen Bürger belasten. Nicht staatliche Eingriffe in das Wirtschaftsleben führen zu Wohlstand. Der Weg zum Wohlstand ist der Rückzug des Staates und das Ende der Politik. Der Kampf gegen das Politische, eine gezielte Antipolitik, ist die große Aufgabe, die sich stellt.

Derzeit ist es noch so, dass, wenn man einen professionellen Job hat, die materielle Situation in Ordnung ist. Doch wenn man diese Position verliert, ist der Absturz enorm. Wir brauchen deshalb ein System, das diese Dichotomie vermeidet. Eine anarchokapitalistische Ordnung würde dies liefern. Ein freier Kapitalismus würde den Weg zu enormen Produktivitätssteigerungen ebnen. Dann würde die Dringlichkeit einer Festanstellung zurückgehen. Man könnte dann auch ohne einen sicheren Arbeitsplatz gut leben, denn die Produktivität wäre so hoch, dass auch befristete Jobs eine Bezahlung bieten, die ausreicht, um ein gutes Leben zu führen. Der freie Kapitalismus würde solche Chancen bieten, weil Steuern und Abgaben auf ein Zehntel des heutigen Niveaus sinken würden und die lebensnotwendigen Güter weniger als die Hälfte ihrer heutigen Preise kosten würden – und das bei einem um ein Vielfaches höheren Netto-Einkommen als heute.

Das Versprechen der Regierung für „mehr Bildung“ und „mehr Arbeitsplätze“ wird vergeblich sein. Das neue Jahrtausend braucht einen anderen Ansatz. Die Antwort ist, sich auf die Technologie einzulassen. Je mehr die neuen Technologien die menschliche Arbeit ergänzen, desto höher wird die Produktivität. Damit verschwindet die Dringlichkeit, eine feste Anstellung als Angestellter zu haben. Wir brauchen deshalb mehr Kapitalismus, weil es das System mit der höchsten Produktivität ist.

Die notwendige Bedingung für den Produktivitätssschub ist weniger Staat. Weniger Staat und weniger Politik würden den Bürger von der schweren Last befreien, die jetzt auf ihm lastet. Die Produktivität würde steigen, wenn der Staat weitgehend verschwindet und die politischen Anstiftungen zu immer neuen Staatsausgaben zum Schweigen gebracht werden. Im freien Kapitalismus wird das Individuum von zwei Seiten befreit. Zum einen sinkt die Belastung durch Steuern und Abgaben. Auf der anderen Seite senken Produktivitätsgewinne die Lebenshaltungskosten. Die Technologie, die die Arbeitsplätze wegnimmt, ist dieselbe, die die Arbeit produktiver macht. Wo immer die zukünftigen großen Herausforderungen lauern – sei es Klima, Krieg oder andere Katastrophen: Eine hohe Produktivität der Wirtschaft ist das beste Mittel zu ihrer Bewältigung.

Antony P. Mueller: „Kapitalismus, Sozialismus und Anarchie“ (KDP 2019) und „Antipolitik“ (2024)


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