Staatliche Klimaschutz-Maßnahmen: Rettungsanker oder Verbrechen?
Das Spiel mit der Angst
von Olivier Kessler

Weltweit greifen Staaten immer massiver in Freiheitsrechte ein, mit dem Vorwand, den Klimawandel zu bekämpfen. Dennoch treten ständig immer noch radikalere Klimagruppen auf den Plan, die meinen, die jetzigen Maßnahmen gingen zu wenig weit. Sie fordern noch mehr Kompetenzen für die Politik und folglich eine noch weitergehende Entmündigung der Bürger. Der Begriff „Klimaschutz“ impliziert, dass die Menschheit dazu in der Lage und es wünschenswert sei, das derzeitige Klimalevel einzufrieren. Klimaideologen spielen damit geschickt mit unseren Urinstinkten: Denn die meisten lieben den Status quo und fürchten sich vor Veränderungen. Da mag es instinktiv naheliegen, der Politik den Auftrag zu erteilen, diese Sicherheit zu gewährleisten.
Über die These, wonach der Klimawandel hauptsächlich vom Menschen ausgehe und der Staat die Veränderungen des Klimas durch Maßnahmen aufhalten könne, wird in der medialen Debatte kaum noch kontrovers diskutiert. Vielmehr wird dies als wissenschaftliche Tatsache dargestellt. Jeder, der dies in Zweifel zieht, wird als „Wissenschaftsleugner“ diffamiert. Doch diese Behauptungen gehören eindeutig in das Reich der Spekulation.
Da es sich beim Klima um ein „natürliches Phänomen“ handelt, glauben viele, dass die Klimawissenschaft zu den Naturwissenschaften zu zählen sei. Doch das stimmt nur bedingt. Naturwissenschaften wie die Physik, Biologie und die Chemie befassen sich mit konstanten Beziehungen zwischen Elementen. Sie erkennen diese mit hinreichender Genauigkeit in Laborexperimenten, die beliebig wiederhol- und überprüfbar sind.
Die Naturwissenschaft kann nun zwar die Wirkung von CO2 auf die Temperatur in einem geschlossenen System (in einem Laborexperiment) feststellen. Unser Planet ist allerdings kein geschlossenes System. Es bestehen verschiedene Einflüsse auf die Temperatur, wie zum Beispiel die Sonnenaktivität, die Luftfeuchtigkeit, der Niederschlag oder die Wolken. Das bedeutet: Es handelt sich beim Weltklima nicht um ein beliebig wiederholbares Laborexperiment. Experten sind nicht einmal in der Lage, das Wetter über einen längeren Zeitraum vorauszusagen. Wie um alles in der Welt will man dann das Weltklima verlässlich prognostizieren können? Dieses ist ein komplexes System mit Rückkoppelungen, in dem keine konstanten Beziehungen vorkommen und in dem es CO2-Emittenten und -Verbraucher gibt.
Es können daher keine naturwissenschaftlichen Vorhersagen über das Klima gemacht werden. Wer solche Prognosen aufstellt, argumentiert nicht naturwissenschaftlich, sondern greift auf die Methode des Verstehens zurück, die von subjektiven Wertungen und Einschätzungen abhängt. Die Prognosen über das Klima basieren also nicht auf objektiven Erkenntnissen, sondern auf persönlichen Interpretationen historischer Daten, die je nach Wertung des Betrachters unterschiedlich ausfallen können, selbst wenn man sich über die Solidität der Daten einig wäre. Das hat nichts mit harter Naturwissenschaft zu tun. Die Ergebnisse können nicht objektiv „bewiesen“ werden. Das ist auch der Grund dafür, weshalb Klimawissenschaftler ihre Prognosen ständig korrigieren.
Die Aufforderung „Follow the science“ ist in diesem Zusammenhang also schlicht Humbug, weil man die Leute in Wahrheit dazu drängt, willkürlich ausgewählten Experten zu folgen, während man andere Expertenmeinungen ignorieren soll. Weil niemand mit Sicherheit sagen kann, welche Faktoren zu welcher Zeit wie stark auf das Weltklima einwirken, bleibt auch die Rolle des Menschen ungewiss. Es gibt schlichtweg keinen wissenschaftlichen Nachweis für einen hauptsächlich vom Menschen verursachten Klimawandel.
Selbst wenn eine große Mehrheit aller Klimawissenschaftler zur Ansicht gelangen sollte, dass der Mensch hauptsächlich dafür verantwortlich sei, bleibt diese Behauptung dennoch spekulativ. Auch wenn eine Mehrheit der Mathematiker die Ansicht vertreten würde, dass ein plus eins nicht zwei, sondern drei ergebe, sagt das noch nichts über den Wahrheitsgehalt dieser Aussage aus. Historisch irrte die Mehrheit sogar deutlich öfter als sie richtiglag.
Ein wichtiger Grundsatz der Juristerei lautet „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten). Wem nicht mit an mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden kann, dass er anderen Schaden zugefügt hat, der darf auch nicht bestraft werden. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Weil der Einfluss des individuellen CO2-Ausstoßes für das Weltklima nicht bewiesen werden kann, ist auch von Strafmaßnahmen wie CO2-Steuern, Auto- oder Fleischverboten abzusehen. Denn diese politischen Interventionen stellen einen feindlichen Angriff auf individuelle Freiheitsrechte dar. Weil die Politik keinen entsprechenden Beweis einer Schuld der angegriffenen Bürger vorlegen kann, ist ihr Handeln mit nichts zu rechtfertigen. Sie stellt vielmehr selbst eine illegitime Aggression dar. Alle, die solche Angriffe zu verantworten haben, gilt es entsprechend zur Rechenschaft zu ziehen.
Nun wird gelegentlich zugegeben, dass das Ausmaß der Wirkung von CO2-Emissionen auf das Weltklima nicht wissenschaftlich geklärt sei, dass es aber dennoch sinnvoll sei, alles zu unternehmen, um den CO2-Ausstoß zu senken.
Doch selbst wenn die Klimaerwärmung mit großen Anstrengungen aufgehalten werden könnte (wobei unsicher ist, ob das überhaupt gelingen kann): Woher will man wissen, dass die Kosten für diese Anstrengungen und der Freiheitseinschränkungen nicht höher sind als die Kosten, die entstehen, wenn man nichts gegen den Klimawandel unternimmt und sich ihm stattdessen anpasst? Woher will man wissen, ob die Vorteile der Klimaerwärmung – zum Beispiel, dass die heute unbewohnbaren arktischen Regionen neu für Siedlung und Landwirtschaft nutzbar gemacht, neue Energiequellen erschlossen werden könnten oder man in milderen Wintern weniger Energie für das Heizen benötigte – nicht sogar größer sind als die möglichen Nachteile, die er verursacht?
Fakt ist: Für Menschen stellt Kälte ein deutlich größeres Problem dar als Hitze. Weltweit betrachtet sterben 18-mal mehr Menschen an Kälte als an Hitze. An Durchfall sterben jährlich fast 300-mal so viele Menschen wie an klimabedingten Katastrophen. Und 3.500-mal so viele an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Was Leib und Leben angeht, ist das Klima unser geringstes Problem. Wir sterben zu ziemlich genau 100 Prozent an anderen Ursachen. Die Bekämpfung realer globaler Probleme wie Tuberkulose oder Durchfallerkrankungen wird durch die geforderte Konzentration aller Kräfte und Mittel auf die CO2-Reduktion stark behindert.
Die illiberale Klimapolitik nötigt allen Menschen unter Androhung oder Anwendung von Gewalt, sich anders zu verhalten und ihre Mittel anders zu verwenden, als sie es ohne Gewaltandrohung getan hätten. Wer zum Beispiel seine überschüssigen Ressourcen lieber in die Krebsforschung investiert hätte, dem wird eine andere Prioritätensetzung aufgezwungen. Eine etatistische Klimapolitik ignoriert somit das inhärente Bedürfnis eines selbstbestimmten Lebens, sich eigene Ziele zu setzen und diese mit selbstdefinierten Mitteln zu erreichen. Sie ist damit ein direkter Angriff auf die menschliche Würde und die Errungenschaften des Humanismus. Es ist erstaunlich, wie die Vertreter einer derart unmenschlichen Politik es geschafft haben, sich als moralisch überlegen darzustellen.
Wer glaubt, mit seinem Handeln irgendwie das Klima beeinflussen zu können, der kann und soll dies natürlich gerne auf privater Ebene tun dürfen. Es geht allerdings nicht an und ist verwerflich, das staatliche Gewaltmonopol auf all jene anzusetzen, die andere Präferenzen und Ziele haben.
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