Freiheit der Popkultur: Prakti.com
Vielleicht engagiert Herr Lichtschlag mal eine weibliche Filmkritikerin, damit es auch mal „was fürs Herz" gibt …

Ich lese natürlich die Kommentare, die unter meinen Artikeln geschrieben werden, und ich bedanke mich für jeden einzelnen. Beim letzten Mal ist mir folgender Kommentar von Jana Voitz ganz besonders ins Auge gesprungen:
Die Filmkritiken von Herrn Blöcker lese ich immer gerne, weil sie so gut geschrieben sind. Die Filme, um die es geht, sind aber doch meistens „Männerfilme“. Vielleicht engagiert Herr Lichtschlag mal eine weibliche Filmkritikerin, damit es auch mal „was fürs Herz“ gibt …
Liebe Jana Voitz, ich werde hier und heute einen Kompromiss machen. Es fiel mir sicherlich sehr schwer, über Filme wie „500 Days of Summer“ zu schreiben oder ihn mir anzuschauen, ohne einzuschlafen, aber es gibt durchaus Filme mit starken Romanzen, die ich sehr gerne mag. Titanic wäre hier wohl mein klarer Favorit. Doch wenn ich an die Romantik in Filmen denke, dann komme ich an zwei Namen nicht vorbei: Owen Wilson und Vince Vaughn. Deshalb präsentiere ich Ihnen heute „Prakti.com“ (im Original „The Internship“, 2013). Es ist eine Komödie, die so unverfroren auf den Nerd-Zeitgeist einprügelt und gleichermaßen auf das Alter, dass alle und niemand sich angegriffen fühlen.
Unter der Regie von Shawn Levy, der sich sonst eher mit familienfreundlichem Popcornkino wie „Nachts im Museum“ einen Namen gemacht hat, liefert dieser Film eine schmutzig-fröhliche Ode an den American Dream, verpackt in ein zweistündiges Comedy-Feuerwerk rund um den Internetgiganten. Doch keine Sorge: Zwischen all dem Google-Glanz und den gelungenen Jokes gibt es genug Herz, Chaos und schlüpfrigen Humor, um die Zuschauer bei Laune zu halten. Also tauchen wir ein in die bunte, nerdige Welt der Noogler, wo Propellerkappen und Quidditch-Spiele genauso wichtig sind wie Teamgeist und ein ordentlicher Kater nach einer Nacht im Stripclub. Zwei Dinosaurier im Googleplex:
Die Handlung
Billy McMahon (Vince Vaughn) und Nick Campbell (Owen Wilson) sind zwei Mittvierziger, die als Uhrenverkäufer so richtig oldschool unterwegs sind – bis das Smartphone-Zeitalter sie wie ein digitaler Vorschlaghammer trifft und sie ihren Job verlieren. Was macht man, wenn man plötzlich ohne Arbeit dasteht und die Welt nur noch aus Touchscreens und Cloud-Computing besteht? Genau, man bewirbt sich bei Google, dem Mekka der Nerds! Die beiden schaffen es tatsächlich, sich durch ein katastrophal komisches Online-Vorstellungsgespräch („Was würdet ihr tun, wenn ihr auf die Größe einer Münze geschrumpft in einen Mixer gesteckt werdet?“) zwei der heiß begehrten Praktikumsplätze zu ergattern.
Im Googleplex, das im Film wie ein bonbonbunter Freizeitpark mit kostenlosen Smoothies, Nap-Pods und bunten Fahrrädern dargestellt wird, müssen sich die beiden „Dinosaurier“ gegen eine Horde brillanter, aber sozial unbeholfener College-Kids behaupten. In Teams aufgeteilt kämpfen sie in einer Reihe von Challenges – von Bugfixing im Quellcode bis hin zu einem Quidditch-Match ohne Magie – um eine Festanstellung. Natürlich landen Billy und Nick in der Loser-Gruppe mit den übrig gebliebenen Außenseitern, angeführt vom schüchternen Lyle (Josh Brener) und dem mürrischen Stuart (Dylan O’Brien). Was folgt, ist eine Mischung aus Slapstick, Herz und einer ordentlichen Portion schmutziger Witze, während die beiden alten Hasen zeigen, dass Lebenserfahrung und Verkaufsgeschick auch in der digitalen Welt noch etwas zählen.
Schmutziger Humor mit Herz
Der Humor in Prakti.com ist so, als würde man mit seinen Kumpels nach drei Bierchen in einer Kneipe abhängen: laut, ungehobelt, aber irgendwie liebenswert. Vince Vaughn und Owen Wilson, die schon in Die Hochzeitscrasher bewiesen haben, dass sie wie ein gut eingespieltes Comedy-Duo funktionieren, liefern auch hier wieder ab. Ihre Improvisationen sind das Herzstück des Films – sei es, wenn sie im Bewerbungsgespräch völlig ahnungslos über Technik faseln oder in einer denkwürdigen Stripclub-Szene, in der Billy sich in einem Lapdance-Rausch verliert und Nick versucht, den Abend zu retten, während die Gruppe den Teamgeist in einer Wolke aus Glitter und Alkohol findet.
Besonders köstlich ist eine Szene, in der Will Ferrell als notgeiler Matratzenverkäufer einen Kurzauftritt hat – ein Moment, der so herrlich übertrieben ist, dass man sich fragt, warum er nicht mehr Screentime bekommen hat. Der Film ist vollgepackt mit Anspielungen auf andere Klassiker wie Flashdance, Zurück in die Zukunft oder Moneyball, die dem Ganzen eine nostalgische Note verleihen, aber auch zeigen, wie sehr Billy und Nick in ihrer eigenen, analogen Welt gefangen sind.
Die Romanze
Zwischen all dem Chaos und den schmutzigen Sprüchen gibt es auch eine kleine Romanze, die wie ein zarter Pflanzenschössling im Beton des Googleplex wächst. Nick (Owen Wilson) entwickelt ein Auge für Dana (Rose Byrne), eine ambitionierte Google-Managerin, die zunächst viel zu beschäftigt ist, um sich auf seine Avancen einzulassen. Die Chemie zwischen den beiden ist großartig, wenn auch vorhersehbar – es ist die klassische Hollywood-Story von „steifer Karrieremensch trifft auf lockeren Frauenschwarm“. Ihre Flirts sind gespickt mit kleinen, schmutzigen Anspielungen (Nick ist schließlich ein Verkäufer, der weiß, wie man „überzeugt“). Die Szenen zwischen Nick und Dana sind süß, aber nicht der Höhepunkt des Films. Rose Byrne tut ihr Bestes, aber ihre Rolle bleibt unterentwickelt – Dana ist mehr ein Plot-Device als eine vollwertige Figur. Dennoch gibt es ein paar nette Momente, wie wenn Nick sie mit seinem Oldschool-Charme aus der Reserve lockt oder sie gemeinsam über die Absurditäten des Google-Lebens schmunzeln. Es ist eine Romanze, die funktioniert, aber nicht den Bildschirm in Brand setzt.
Das beste Date in der Geschichte Hollywoods
Die eigentliche „Date-Szene“ – oder der Höhepunkt ihrer Romanze – ist ein kurzes, aber herzerwärmendes Treffen außerhalb der hektischen Google-Welt. Nach einer Reihe von Praktikanten-Challenges und einer legendären Stripclub-Eskapade (die weniger romantisch, aber umso schmutziger ist) lädt Nick Dana zu einem entspannten Abend ein. Die Szene spielt in einer lockeren, urbanen Umgebung, fernab der bunten Fahrräder und Nap-Pods des Googleplex. Es ist kein klassisches Date mit Kerzenschein, sondern ein zwangloses Treffen, das Nicks Oldschool-Charme und Danas allmähliche Öffnung perfekt zur Geltung bringt. In dieser Szene sitzen die beiden zusammen bei einem Drink und unterhalten sich über das Leben, Google und die Absurditäten ihrer Welten. Nick ist ganz in seinem Element: Er legt seinen typischen, leicht anzüglichen Humor an den Tag, mit Sprüchen, die Dana zum Lachen bringen, auch wenn sie es nicht zugeben will. Der Dialog ist gespickt mit kleinen, schmutzigen Witzen – etwa, als Nick vorschlägt, dass sie „die Google-Server mal so richtig auf Trab bringen“ könnten, was Dana mit einem spielerischen Augenrollen quittiert. Doch hinter dem Humor liegt eine echte Verbindung: Nick zeigt, dass er trotz seines lockeren Getues ein Mann mit Herz ist, der Danas Engagement und Leidenschaft respektiert. Die Szene ist visuell schlicht, aber emotional effektiv. Die Kamera fängt die beiden in warmem Licht ein, was ihre wachsende Nähe unterstreicht. Es gibt keinen Kuss oder große romantische Gesten – das wäre zu viel für den schmutzig-leichten Ton des Films – aber die Art, wie Dana Nick zum ersten Mal wirklich anlächelt, signalisiert, dass sie seine Annäherungsversuche nicht mehr nur als lästig empfindet. Es ist ein kleiner, aber bedeutender Schritt in ihrer Beziehung, der die Tür für eine mögliche Zukunft öffnet. Aber eigentlich lebt dieses Date davon, dass Dana von Nick verlangt, ein Arschloch zu sein, und Nick kommt dieser Bitte nach. Ein Lehrstück für Männer, denn noch nie hat man einen solch charmanten Arsch gesehen. Ich habe Owen Wilson in dieser Szene studiert und studiert, aber ich könnte ihn noch immer nicht imitieren.
Google als glänzender Hauptdarsteller
Man kann Prakti.com nicht ansehen, ohne das Gefühl zu haben, dass Google der eigentliche Star des Films ist. Der Konzern hat nicht direkt an der Produktion mitgewirkt, aber die Dreharbeiten im Googleplex-Nachbau (gedreht am Georgia Institute of Technology) und die Erlaubnis, das Logo zu nutzen, sprechen Bände. Der Film zeigt Google als einen Ort, an dem es kostenloses Essen, bunte Fahrräder und eine „Googliness“-Kultur gibt, die jeden Außenseiter in eine große, glückliche Familie aufnimmt. Kritiker haben bemängelt, dass der Film jegliche Schattenseiten des Tech-Riesen ausblendet – keine Rede von Datenschutzskandalen oder Überarbeitung. Stattdessen wird Google als Heilsbringer gefeiert, der sogar die kleine Pizzeria um die Ecke zum Franchise-Giganten macht. So lautet die Kritik an diesem Film und zwar bis heute. Und wisst ihr was? Egal. Es ist einfach egal, denn ich will keine kritischen Botschaften in diesem Film. Auch möchte ich nicht belehrt werden, und niemand muss mir sagen, was Google für ein Unternehmen ist. Ich selbst war bei YouTube (im Besitz von Google) gerade wieder für eine Woche gesperrt. Ich weiß auch, dass Google dir das Attentat auf Trump nicht auf die Nase bindet, um es vorsichtig zu formulieren. Aber ich weiß all diese Dinge, ohne dass Vince Vaughn den Film unterbricht und mir eine Moralpredigt hält wie am Ende einer jeden „He-Man“-Folge. Danke 2013, dafür, dass du auf derlei Blödsinn verzichtet hast.
Fazit
Prakti.com ist kein Meisterwerk, aber ein unterhaltsamer Zeitvertreib, der wie ein gut gelaunter Kumpel daherkommt, der immer ähnliche Witze erzählt, aber trotzdem alle zum Lachen bringt. Vince Vaughn und Owen Wilson tragen den Film mit ihrer Chemie und ihrem Improvisationstalent, auch wenn die Story vorhersehbar ist. Der schmutzige Humor, gepaart mit ein paar herzerwärmenden Momenten, macht den Film zu einem soliden Popcorn-Spaß für einen gemütlichen Abend. Wer chaotische Komödie mit einem Schuss Nostalgie mag, ist hier richtig. Für mich sind die drei großen Leinwandduos: Bud Spencer & Terence Hill, Danny Glover & Mel Gibson und Vince Vaughn & Owen Wilson. Schon deshalb sollte man sich diesen Film ansehen, und auf der anderen Seite hoffe ich inständig, dass ich Jana etwas entgegenkommen konnte. Danke fürs Lesen.
Kommentare
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