23. September 2025 16:00

Freiheitsimpuls Für die Seele: Raus aus der Reel-ität

Wie macht Ihnen Ihr Algorithmus täglich Panik?

von David Andres drucken

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Bildquelle: Shutterstock Digitale Entgiftung: Probates Mittel gegen Dauerpanik in den (a)sozialen Medien

Schon wenige Tage ohne „Doomscrolling“ können das Leben verändern.

Geht man nach den Videos, die in den vergangenen Wochen in die Timeline gespült wurden, werden einige von Ihnen diese Kolumne am Dienstag gar nicht mehr lesen. Zumindest wenn Sie tiefgläubiger Christ sind, fahren Sie zu dem Zeitpunkt bereits zum Himmel auf. Sie verschwinden einfach, aus der Sicht aller, die auf Erden bleiben. Zack. Weg sind Sie. Milliarden werden sich auf diese Weise in Luft auflösen, am Dienstag schon, den 23. September 2025, während in Israel das Posaunenfest („Feast of trumpets“) stattfindet. Dieses Ereignis heißt „The Rapture“, die Entrückung, und evangelikale Endzeitchristen glauben daran, während Katholiken es als Gotteslästerung sehen, da in der Bibel steht, dass kein Mensch die Rückkehr von Jesus Christus voraussehen kann.

Wenn Sie häufig durch die Kurzvideos in den sozialen Netzwerken scrollen, begegnen Ihnen solche Gedanken – und tausende mehr. Sie haben Ihr Gehirn über Monate und Jahre auf Panik und Paranoia trainiert, trotz der gelegentlichen wahren Kerne, die sich in den reißerischen Videos finden. Wahrscheinlich nicht in denen über die Entrückung, aber in denen über Migration, Kriminalität, Weltwirtschaft, Corona und digitale Diktatur. „Wie viele echte Gläubige gibt es wohl in Deutschland?“, fragen Sie sich und denken an die Deagel-Liste zur Vorausrechnung der weltweiten Bevölkerung, auf der ein Eintrag aufgetaucht ist, der behauptet, die deutsche Bevölkerung würde noch im Jahre 2025 um zwei Drittel reduziert. Natürlich ist der Eintrag mittlerweile verschwunden, aber Sie haben ihn irgendwo gesehen – in einem Kurzvideo. „Die Impfung kann nicht nachträglich auf einen Schlag eine zweistellige Zahl von Millionen umkippen lassen“, denken Sie laut, „aber wenn es die Entrückung wirklich gäbe, dann käme das hin.“ Doch sind wirklich so viele Menschen in Deutschland so nah beim Herrn?

Sollten Sie jetzt den Kopf schütteln, weil Sie kaum wissen, worüber ich rede, kann das daran liegen, dass Sie sich bei „Instagram“, „Youtube“ oder gar „Tiktok“ einfach nur einen anderen Algorithmus herangezüchtet haben. Sie sind genauso geistig erschöpft und verwirrt, aber eher, weil Sie in den vergangenen Wochen Dutzende von Theorien gesehen haben, in denen Charlie Kirk gar nicht ermordet wurde, sondern die Freimaurer eine Geheimoperation mit ihm als Darsteller aufführten. Oder Sie sehen tagtäglich die asozialen Randale krimineller Einwanderer, wie sie Geschäfte demolieren, Ziegel vom Dach werfen oder Bildschirme am Terminal im Flughafen zerschlagen. Sie erhalten die Videos, in denen der Komet „3I/Atlas“ für ein Raumschiff gehalten wird und statt der Entrückung bald die Aliens kommen. Oder Sie sehen jeden Tag, dass die völlige digitale und politische Diktatur weltweit kurz bevorsteht.

Es ist aber auch möglich, dass Sie deswegen nicht wissen, wovon ich spreche, weil Sie kaum Zeit damit verbringen, sich von „Reels“ eine Reel-ität einflößen zu lassen, die mit der Realität nur vage oder gar nichts zu tun hat. Sollte Letzeres der Fall sein, beglückwünsche ich Sie. Sollte Ersteres der Fall sein, ist diese erste Folge meiner neuen Reihe „Freiheitsimpulse“ wichtig für Sie. Denn der Impuls lautet: Legen Sie immer mal wieder das Telefon weg. Oder nutzen Sie es nur zum Telefonieren, aber steigen Sie aus dem ungesunden Strom des „Doomscrolling“ aus.

Der Verhaltenswissenschaftler Noah Castelo von der „University of Alberta“ in Kanada hat in einer Studie – publiziert im Fachmagazin „PNAS“ („Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“) – belegt, dass Probanden, denen der Zugang zum Internet zeitweise blockiert wurde, eine signifikant höhere Lebenszufriedenheit aufwiesen als zuvor. Sie erlebten positive Emotionen intensiver und zeigten weniger Symptome von psychischen Krankheiten. Warum? Weil sie in der Zeit, in der sie sich ansonsten von einem Strom der Videos hätten ängstigen lassen, wieder Hobbys nachgegangen sind, in die Natur gingen oder mit Menschen sprachen.

Ich kann Ihnen versichern, dass dieser „Digital Detox“ bereits nach wenigen Tagen wirkt. Zu Beginn empfinden Sie dabei noch „Fomo“, also diese brennende Angst, etwas zu verpassen. Nach einer Weile erinnert sich Ihr Geist und Ihre Seele allerdings daran, dass eine Welt existiert, in der man nicht jede Minute abgestochen oder angegriffen wird und dass die Drehbücher, welche mögliche Instanzen des tiefen Staates oder geheimer Machteliten schreiben, Sie nicht heute bereits betreffen – und Morgen womöglich auch nicht, denn plötzlich fallen Ihnen wieder all die Prognosen und Prophezeiungen ein, die Sie in den Jahren zuvor gesehen haben und die nicht eingetroffen sind. Denn auch derer sind viele.

Das Telefon komplett wegzulegen, ist das Eine. Es kann aber auch bereits helfen, immer mal wieder die Sperre einzuschalten. Zwischendurch, für eine Stunde, für zwei… und dabei Zufriedenheitspunkte zu sammeln. Die App, die ich persönlich dafür verwende, heißt „Digital Detox: Focus & Live“, wurde von Petr Nálevka (Urbandroid) entwickelt, ist motivierend und minimalistisch. Einmal die Sperre für eine gewisse Zeit eingestellt (bei der man Apps auch ausschließen kann), kann man sie nur gegen Bezahlung wieder lösen – klassischer Behaviorismus, der bestens funktioniert. Hat man die eingestellte Zeit geschafft, addiert das Programm die Stunden an Lebenszeit, die man insgesamt wieder gewonnen hat.

Und denken Sie dran – wenn Sie das am 23. September lesen konnten und auch alle anderen Menschen noch auf Erden wandeln, ist mal wieder bewiesen, dass es der „Reel-ität“ nicht bedarf, um gewarnt zu sein.

Quellen:

Entrückung im September 2025? || Biblische Wahrheit vs. virale Behauptungen (DLM Christian Lifestyle)

Forscher spricht von „Alien-Technologie“ auf Komet 3I/ATLAS – Nasa-Experte reagiert (Frankfurter Rundschau)

Zufriedener und konzentrierter dank Digital Detox (Spektrum der Wissenschaft)

Blocking mobile internet on smartphones improves sustained attention, mental health, and subjective well-being (PNAS)

Digital Detox – App (Google Play Store)


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