07. Oktober 2025 18:00

Freiheit der Popkultur Der Untergang der Helden?

Wie Videospiel-Verfilmungen das Superhelden-Genre in Hollywood ablösen

von Sascha Blöcker drucken

Super Mario Spider-Man
Bildquelle: Grok Super Mario Spider-Man

In den Kinos und Streaming-Diensten der Welt hat sich ein leises, aber unaufhaltsames Erdbeben ereignet: Die bunten Capes und moralisch überlegenen Meta-Menschen, die Hollywood seit über einem Jahrzehnt dominiert haben, verlieren an Glanz. Das Marvel Cinematic Universe (MCU), einst der unangefochtene König der Blockbuster, ringt mit Identitätskrisen, während das DC Extended Universe (DCEU) in einem Chaos aus Neustarts und Absagen versinkt. Gleichzeitig steigt ein neuer Thronprätendent auf: Die Verfilmung von Videospielen. Von der postapokalyptischen Zerbrechlichkeit in The Last of Us bis zur farbenfrohen Nostalgie in The Super Mario Bros. Movie – diese Adaptionen erobern nicht nur die Charts, sondern sie leuten ein neues Zeitalter des Popkulturkonsums ein. Ist das Superhelden-Genre am Ende? Und warum genau jetzt Videospiele die Bühne übernehmen können? Dieser Artikel taucht tief in die Dynamiken ein, die diesen Wandel antreiben, und beleuchtet, warum die interaktive Welt der Games Hollywoods Heldenmythen ablöst.

Der Glanz und der Fall: Das Superhelden-Genre im Rückspiegel

Um den Aufstieg der Videospiel-Verfilmungen zu verstehen, muss man den Abstieg der Superhelden betrachten – ein Genre, das vor einem Jahrzehnt noch Synonym für kulturelle Dominanz war. Der Durchbruch kam 2008 mit Iron Man, der den Stein für das MCU legte: 33 Filme, Milliarden an Einspielergebnissen und ein globales Fandom, das auf neue Filme wartete. Superheldenfilme versprachen Escapismus pur – übermenschliche Kräfte, epische Schlachten und moralische Klarheit in einer unsicheren Welt. Sie waren der perfekte Spiegel der Post-9/11-Ängste: Individuen, die die Welt allein retten.

Doch der Zenit ist überschritten. Seit 2023 häufen sich die Flops: The Marvels (2023) kassierte trotz Stars wie Brie Larson nur 206 Millionen Dollar weltweit – ein Desaster für ein Budget von über 270 Millionen. Ant-Man and the Wasp: Quantumania (2023) und The Flash (2023) folgten mit ähnlichen Misserfolgen. Gründe? Übersättigung, wie Kritiker es nennen: Das Publikum ist „superheldenmüde“. Die endlosen Crossover-Events wie Avengers: Endgame (2019) haben die Formel enttarnt – CGI-lastige Actionsequenzen, die oft die Charakterentwicklung überholen. Sie bieten Trost, aber keine echte Katharsis.

Finanziell ist der Druck enorm. Disney, Eigentümer von Marvel, meldete 2023 Verluste in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar durch Flops. Warner Bros. kämpft mit einem Reboot des DC-Universums unter James Gunn, das Superman (2025) als Hoffnungsträger positioniert – doch Skepsis herrscht. Das Genre, das einst 40 Prozent des globalen Box-Office ausmachte, schrumpft auf unter 20 Prozent. Hollywood sucht nach Alternativen, und hier kommt die unerwartete Rettung: Videospiele.

Der Game-Changer: Warum Videospiel-Adaptionen boomen

Videospiele sind kein Neuling in Hollywood – gescheiterte Versuche wie Super Mario Bros. (1993) oder Assassin’s Creed (2016) haben das Genre lange als „Fluch“ gebrandmarkt. Doch die Wende kam mit der Streaming-Ära und einer Generation, die mit interaktiven Medien aufwächst. 2024 überstiegen Videospiele weltweit die Filmindustrie in der Unterhaltung – mit Einnahmen von über 180 Milliarden Dollar jährlich. Es ist logisch, dass diese narrativen Schätze adaptiert werden.

Der Durchbruch? The Super Mario Bros. Movie (2023) von Illumination und Nintendo. Mit 1,36 Milliarden Dollar Einspiel war es der erfolgreichste animierte Film aller Zeiten und ein Meilenstein für Game-Adaptionen. Gefolgt von Sonic the Hedgehog (2020, erweitert 2022), das über 400 Millionen kassierte, und Detective Pikachu (2019) mit 433 Millionen. Auf dem kleinen Bildschirm explodieren Serien: HBOs The Last of Us (2023) wurde zur meistgesehenen HBO-Serie seit Game of Thrones, mit einer zweiten Staffel in Arbeit. Arcane (2021, Netflix) revolutionierte Animation mit seiner tiefgründigen Lore aus League of Legends und gewann Emmys. The Witcher (Netflix) und Fallout (Prime Video, 2024) zeigen: Videospiel-Adaptionen ziehen nicht nur Gamer an, sondern ein breites Publikum.

Warum der Erfolg? Erstens: Etablierte Welten und Fans. Im Gegensatz zu Superhelden, die oft aus Comics stammen und eine Lernkurve erfordern, haben Games Milliarden von Stunden Investition durch Spieler. The Last of Us basiert auf einem Game, das emotionale Tiefe mit Survival-Horror mischt – die Adaption muss nur visualisieren, was Fans schon lieben. Zweitens: Vielfalt der Genres. Superhelden sind auf Action- und Sci-Fi fixiert; Games umspannen Horror (Resident Evil), Fantasy (The Elder Scrolls), Sci-Fi (Mass Effect) und sogar Drama (Life is Strange). Das erlaubt frische Erzählungen, die nicht in Capes gezwängt werden.

Drittens: Technologische Synergien. Moderne Games nutzen fortschrittliche Grafik und Narrative, die Hollywood mit CGI und VFX nahtlos übernehmen kann.

Der direkte Vergleich: Helden vs. Helden der Pixelwelt

Hollywood hat besonders bei den Superhelden zu selten auf dreidimensionale Charaktere gesetzt. Abgesehen von Logan und Deadpool war da nicht viel Moralisch Fragwürdiges dabei. Superman ist ein Optimist, der immer Gutes tut. Das ist, wie er ist, aber alle anderen Helden sollten komplexer sein. In Watchmen hat man es so gemacht wie im Comic und deshalb ist er bis heute eine der besten Comicverfilmungen. Bei vielen Helden aus der Gamingwelt ist es ähnlich, sie sind nicht nur gut. Sie sind oft fragwürdig.

Die eigentliche Frage lautet allerdings, ob Hollywood das auch so beibehalten wird, denn nicht selten werden Figuren entschärft, um ein breiteres Publikum anzusprechen, oder Geschichten werden komplett verändert, wie bei Resident Evil, weil der Regisseur geil auf die Hauptdarstellerin ist. By the way, er hat sie gekriegt und die beiden sind noch immer verheiratet. Aber auch da konnten die Fans der Games nicht milde stimmen. Daher kann man davon ausgehen, dass wir in den Gamingverfilmungen erstmal gute Charaktere (nach Vorlage) bekommen, aber das schnell wieder vorbei ist, wenn der Rubel rollt und ein Film nach dem anderen an den Start geht.

Fallstudien: Erfolge, die den Wandel belegen

Nehmen wir The Last of Us (HBO, 2023–): Basierend auf Naughty Dogs Meisterwerk, folgt die Serie Joel und Ellie durch eine Pilz-Apokalypse. Pedro Pascal und Bella Ramsey verkörpern die rohe Emotion, die das Game ikonisch machte. Kritiker loben die Adaption für ihre Treue – 96 Prozent auf Rotten Tomatoes – und sie boostete Game-Verkäufe um 200 Prozent. Im Kontrast: The Boys (Amazon), eine Superhelden-Satire, ist brillant, aber Nische; TLOU ist Mainstream.

Oder Arcane (Netflix, 2021–2024): Riot Games’ League of Legends wurde zu einer visuellen Symphonie mit Sisters Vi und Jinx im Zentrum. Die Serie gewann einen Emmy für Beste Animationsserie und zog 34 Millionen Viewer in der ersten Woche. Sie thematisiert Trauma und Rebellion – Themen, die in Superheldenfilmen wie Joker (2019) vorkommen, aber isoliert. Arcane baut eine Welt auf, die Fans erweitert, nicht ersetzt.

Filmseitig: The Super Mario Bros. Movie (2023) war ein Familien-Triumph. Chris Pratt als Mario, Jack Black als Bowser – purer Spaß ohne tiefgründige Heldenbögen. Es kaschierte Schwächen durch Nostalgie und Musik („Peaches“-Song als Hit). Vergleichen wir mit The Batman (2022): Dunkler, intellektueller, aber mit „nur“ 770 Millionen – Mario verdreifachte das.

Flops? Ja, Borderlands (2024) mit Cate Blanchett floppt mit 37 Millionen – ein Mahnmal, dass nicht jede Adaption glückt. Doch selbst hier: Der Fehler lag an Abweichungen von der Quelle, ähnlich wie bei Suicide Squad (2016). Lektion gelernt: Bleib nah am Game.

Die Zukunft: Ein Game-Over für Capes?

Schaut man voraus, dominiert das Videospiel-Genre den Horizont. Kommende Projekte: Assassin’s Creed (Ubisoft, 2026) als historische Action, God of War (Amazon, Serie) und Mass Effect (potenziell). Netflix pumpt 500 Millionen in Game-Adaptionen bis 2025; Amazon und Apple folgen. Das Budget für One Piece (kein Game) (Netflix, 2023–) überstieg 100 Millionen pro Staffel – Investitionen, die Superhelden neidisch machen.

Wird das Superhelden-Genre untergehen? Nicht vollständig – Nischen wie The Batman oder Deadpool überleben. Aber der Mainstream wechselt: Von mythischen Helden zu antiheldenhaften Avataren. Ich bin gespannt, da ich die meisten Games auch gar nicht gespielt habe.

Schluss: Level Up, Hollywood

Der Übergang von Superhelden zu Videospiel-Verfilmungen ist kein Zufall, sondern Evolution. Superhelden boten Träume; Games liefern Realitäten – zerbrechlich, vielfältig, interaktiv. In einer Welt, die Komplexität auf der Leinwand braucht, nicht Simplizität, wie es im Superhelden-Genre die letzten Jahre war. Hollywood, das sich an Capes geklammert hat, muss nun leveln: Oder es endet im Game Over. Die Fans entscheiden – und sie streamen schon The Last of Us Staffel 2.

Fazit:

Wieder geht ein ganzes Genre, und ich glaube, zu meinen Lebzeiten war ein Wechsel noch nie so deutlich. Ich lasse Superheldenfilme mit einem lachenden und einem weinenden Auge hinter mir, denn wir haben auch großartige Filme bekommen. Meine beiden ersten Artikel hier auf Freiheitsfunken handelten von Superheldenfilmen, und speziell diese beiden Filme werde ich wohl auch noch in 20 Jahren schauen. Wir haben viel Gutes bekommen und ja, auch viel Mist, aber das ist in jeder Filmgenre-Epoche so gewesen. Wir erinnern uns an die großen und die guten Western, aber niemand spricht mehr darüber, dass auch damals schon jeder einen Drehtermin bekam, der den Produzenten ein Western-Drehbuch vorlegte. Es liegt vielleicht in der Natur der Sache. Und wenn wir in 15 Jahren auf die Gamingfilmzeit zurückblicken, dann wird es auch da Perlen gegeben haben, aber überwiegend Schrott.


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