14. Oktober 2025 18:00

Freiheit der Popkultur Ein Meisterwerk des Horrors: John Carpenters The Thing

Isolation, Misstrauen und außerirdischer Terror – warum Carpenters Kultfilm bis heute nichts von seiner Kraft verloren hat.

von Sascha Blöcker drucken

The Thing
Bildquelle: ChatGPT The Thing

Isolation, Misstrauen und außerirdischer Terror – warum Carpenters Kultfilm bis heute nichts von seiner Kraft verloren hat.

John Carpenters The Thing aus dem Jahr 1982 ist nicht nur ein Klassiker des Horror-Genres, sondern auch ein Meilenstein des Science-Fiction-Horrors, der bis heute Filmemacher und Zuschauer gleichermaßen fasziniert. Der Film, basierend auf der Novelle Who Goes There? von John W. Campbell Jr., verbindet meisterhaft psychologische Spannung, Body Horror und existenzielle Ängste. Mit seiner düsteren Atmosphäre, innovativen Spezialeffekten und einer zeitlosen Auseinandersetzung mit Paranoia und Isolation hat The Thing einen unauslöschlichen Eindruck in der Filmgeschichte hinterlassen. Und da wir uns im Oktober befinden und Halloween bevorsteht, schreibe ich wieder über gruselgeeignete Filme. Hierbei muss ich sagen, dass das Horror-Genre so gar nicht meins ist und ich wirklich nur eine sehr erlesene Auswahl an Horrorfilmen über meinen Bildschirm laufen lasse.

Handlung und Setting

The Thing spielt in einer abgelegenen Forschungsstation in der Antarktis, wo ein Team von zwölf amerikanischen Wissenschaftlern und Arbeitern auf ein außerirdisches Wesen stößt, das die Fähigkeit besitzt, jede Lebensform perfekt zu imitieren. Die Handlung beginnt, als ein norwegischer Hubschrauber die Station erreicht und versucht, einen scheinbar gewöhnlichen Hund zu erschießen. Nach einem chaotischen Auftakt entdecken die Amerikaner, dass der Hund in Wahrheit ein außerirdisches Wesen ist, das seine Opfer assimiliert und deren Gestalt annimmt. Die zentrale Figur, R. J. MacReady (gespielt von Kurt Russell), ein lakonischer Helikopterpilot, übernimmt die Führung, als die Gruppe realisiert, dass jeder von ihnen infiziert sein könnte. Da das Wesen seine Opfer heimlich übernimmt, wächst die Paranoia, und die Männer beginnen, einander zu misstrauen. Der Film kulminiert in einem nervenzerreißenden Finale, das Fragen offenlässt und den Zuschauer in Unsicherheit zurücklässt – ein Markenzeichen von Carpenters Regiestil. Das Setting der Antarktis ist ein entscheidendes Element des Films. Die eisige, klaustrophobische Umgebung verstärkt das Gefühl der Isolation und Hoffnungslosigkeit, während Kälte und Dunkelheit die Bedrohung durch das außerirdische Wesen unterstreichen.

Entstehungsgeschichte

The Thing ist ein Remake des Films The Thing from Another World (1951), der ebenfalls auf Campbells Novelle basiert. Carpenter, ein Bewunderer des Originals, wollte jedoch eine Adaption schaffen, die der Vorlage treuer war. Im Gegensatz zum Film von 1951, der das Wesen als humanoides Monster darstellte, betonte Carpenter die Formwandlungsfähigkeit des Aliens, was den Film zu einer einzigartigen Mischung aus Science-Fiction und Body Horror machte. Die Produktion war nicht ohne Herausforderungen. Mit einem Budget von etwa 15 Millionen Dollar war The Thing einer der teuersten Filme Carpenters. Die Dreharbeiten fanden teilweise in Alaska und British Columbia statt, um die eisige Atmosphäre der Antarktis nachzubilden. Die Besetzung, angeführt von Kurt Russell, bestand aus einem Ensemble talentierter Charakterdarsteller wie Wilford Brimley, Keith David und Richard Masur, die die Dynamik der Gruppe glaubwürdig verkörperten. Ein zentraler Aspekt des Films waren die bahnbrechenden Spezialeffekte, für die der damals 22-jährige Rob Bottin verantwortlich war. Bottins Arbeit an den monströsen Transformationen des Wesens setzte neue Maßstäbe im praktischen Make-up und in der Animatronik. Die Effekte waren so intensiv, dass sie bei der Premiere sowohl Bewunderung als auch Abscheu hervorriefen – und das können sie bis heute, denn praktische Effekte halten länger als CGI.

Themen und Interpretationen

The Thing ist weit mehr als ein Monsterfilm. Im Kern behandelt der Film tiefgreifende Themen wie Paranoia, Misstrauen und die Zerbrechlichkeit menschlicher Beziehungen. In einer Zeit, die von der Angst vor dem Kalten Krieg und der Bedrohung durch Kommunisten geprägt war, spiegelt der Film die Unsicherheit über unsichtbare Gefahren wider. Das Wesen, das sich als Freund tarnt, symbolisiert die Angst vor Verrat und die Unsicherheit, wem man vertrauen kann. Denn in den achtziger Jahren haben Sozialisten und Kommunisten noch gewusst, dass sie sich für ihre Existenz schämen müssen und tarnten sich als normale Menschen. Die Isolation der Charaktere in der Antarktis verstärkt das Gefühl der Entfremdung. Ohne Möglichkeit zur Flucht oder Kommunikation mit der Außenwelt sind die Männer gezwungen, sich ihrer eigenen Zerbrechlichkeit zu stellen. Der berühmte Bluttest, bei dem MacReady versucht, die Infizierten zu entlarven, ist ein Höhepunkt der Paranoia, die den Film durchzieht. Ein weiteres zentrales Thema ist die Frage nach Identität. Da das Wesen seine Opfer perfekt imitiert, stellt sich die Frage: Was macht einen Menschen aus? Ist es das Äußere, die Erinnerungen oder etwas Tieferes? Das offene Ende des Films ist ebenfalls gelungen – auch wenn ich es hier nicht preisgeben werde, denn diesen Film zu schauen lohnt sich.

Filmische Innovationen

The Thing ist für seine technischen Errungenschaften bekannt, insbesondere für die Spezialeffekte. Rob Bottins Arbeit an den Transformationen des Wesens war bahnbrechend. Die Szenen, in denen Körper sich auf groteske Weise verformen, Gliedmaßen sprießen oder Köpfe sich in monströse Formen verwandeln, sind auch heute noch beeindruckend. Diese Effekte wurden ohne CGI, sondern mit praktischen Mitteln wie Animatronik, Latex und mechanischen Konstruktionen erzielt. Die Kameraarbeit von Dean Cundey trägt ebenfalls zur Atmosphäre bei. Weitwinkelaufnahmen der endlosen Schneelandschaft kontrastieren mit engen, klaustrophobischen Innenaufnahmen, die die wachsende Spannung innerhalb der Gruppe unterstreichen. Ennio Morricones minimalistischer, pulsierender Soundtrack verstärkt die unheilvolle Stimmung und gilt als einer der besten Scores in Carpenters Filmografie. Morricone ist zweifellos einer der Besten, wenn es um Filmmusik geht – aber auch Carpenter selbst muss sich nicht verstecken, denn er erschuf den unvergesslichen Sound zu Halloween.

Rezeption und Vermächtnis

Bei seiner Veröffentlichung im Juni 1982 war The Thing ein kommerzieller und kritischer Flop. Der Film kam zur gleichen Zeit wie Steven Spielbergs E.T. – The Extra-Terrestrial in die Kinos, dessen optimistische Darstellung eines Außerirdischen in starkem Kontrast zu Carpenters nihilistischem Werk stand. Und ja, ich weiß, der Markt hat immer recht, und ich bin Spielberg-Fan – aber hier hat sich der Markt geirrt: E.T. ist scheiße, und The Thing ein verdammtes Meisterwerk. (Nehmen Sie den letzten Satz bitte mit einem Augenzwinkern wahr.) Viele Kritiker empfanden die expliziten Spezialeffekte als übertrieben und die düstere Atmosphäre als deprimierend. Mit der Zeit änderte sich die Wahrnehmung jedoch drastisch. Dank Videokassetten und später DVDs wurde The Thing zu einem Kultklassiker. Fans und Kritiker begannen, die Tiefe des Films, seine technischen Errungenschaften und seine thematische Komplexität zu schätzen. Heute gilt er als einer der besten Horrorfilme aller Zeiten und wird für seine Innovationen und seine zeitlose Relevanz gefeiert. Der Einfluss von The Thing ist in zahlreichen modernen Werken spürbar, darunter Filme wie Annihilation (2018) oder Videospiele wie Dead Space. 2011 erschien ein Prequel mit dem Titel The Thing, das die Ereignisse der norwegischen Station beleuchtet, aber weit weniger Anerkennung fand.

Fünf Fun-Facts

Inspiration durch H. P. Lovecraft: John Carpenter ließ sich stark von den Werken H. P. Lovecrafts inspirieren, insbesondere von dessen Konzept des „kosmischen Horrors“. Das außerirdische Wesen in The Thing mit seiner unbegreiflichen, formwandelnden Natur spiegelt Lovecrafts Idee von Wesen wider, die jenseits menschlichen Verständnisses existieren. Rob Bottins Erschöpfung: Der Spezialeffektekünstler Rob Bottin war so intensiv in die Arbeit an den monströsen Transformationen involviert, dass er während der Produktion einen Zusammenbruch erlitt. Er wurde ins Krankenhaus eingeliefert, weil er sich physisch und mental völlig verausgabt hatte. Seine Arbeit gilt jedoch als legendär und setzte neue Maßstäbe. Improvisierte Bluttest-Szene: Die ikonische Bluttest-Szene, in der MacReady das Blut der Teammitglieder testet, um Infizierte zu entlarven, war teilweise improvisiert. Kurt Russell schlug vor, Dynamit zu verwenden, um die Szene dramatischer zu gestalten – was zu einem der denkwürdigsten Momente des Films führte. Keine weiblichen Charaktere: The Thing ist einer der wenigen Hollywood-Filme, der komplett ohne weibliche Charaktere auskommt. Carpenter entschied sich bewusst für eine rein männliche Besetzung, um die Dynamik von Isolation und Misstrauen in einer abgeschotteten Gruppe zu betonen. Das offene Ende war umstritten: Das berühmte offene Ende war bei Testvorführungen so unbeliebt, dass das Studio Carpenter drängte, ein klareres Ende zu drehen. Carpenter weigerte sich jedoch, da er die Ambiguität als zentral für die Wirkung des Films ansah.

Fazit

John Carpenters The Thing ist ein zeitloses Meisterwerk, das die Grenzen des Horror-Genres neu definiert hat. Mit seiner Mischung aus psychologischem Horror, Science-Fiction und praktischen Effekten bleibt der Film ein faszinierendes Erlebnis, das sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt. Seine Themen von Paranoia, Isolation und Identität sind heute genauso relevant wie 1982, und seine technischen Errungenschaften haben Generationen von Filmemachern inspiriert. Nicht nur für Fans des Horrors ist The Thing ein Muss – ein Film, der unter die Haut geht und lange im Gedächtnis bleibt.


Sie schätzen diesen Artikel? Die Freiheitsfunken sollen auch in Zukunft frei zugänglich erscheinen und immer heller und breiter sprühen. Die Sichtbarkeit ohne Bezahlschranken ist uns wichtig. Deshalb sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Freiheit gibt es nicht geschenkt. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit.

PayPal Überweisung Bitcoin und Monero


Kennen Sie schon unseren Newsletter? Hier geht es zur Anmeldung.

Artikel bewerten

Artikel teilen

Kommentare

Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.

Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.