10. Mai 2024 22:00

Die Euro-Tragödie – Teil 2 Schuldenvergemeinschaftung als Ausbeutungswettbewerb

Tragik der Allmende auf Währungsebene

von Benjamin Mudlack

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Bildquelle: Romolo Tavani / Shutterstock Kollektivierung der Schulden: Wenn Sparen keinen Sinn mehr macht

Die Tragik der Allmende ist auch als Tragödie des Allgemeinguts oder Allmendeklemme bekannt. Der Ökonom Prof. Dr. Philipp Bagus widmete dem Euro in dem Kontext ein gesamtes Buch und verwies auf die Synchronizität zwischen dem Euro und der Tragik der Allmende. Das Buch heißt „Die Tragödie des Euro: Ein System zerstört sich selbst.“

Die Tragik der Allmende bezeichnet ein sozialwissenschaftliches und evolutionstheoretisches Modell, nach dem frei verfügbare, aber in Art und Güte begrenzte Ressourcen nicht effizient genutzt und übernutzt werden, wenn sie sich nicht in Privat- sondern in Gemeineigentum befinden. Gemeineigentum heißt frei übersetzt, dass niemand für die Nutzung geradesteht. Es gibt schlichtweg keinen Eigentümer, der sich um das betreffende Gut sorgt.

Ein wunderbares Beispiel ist eine Schafwiese. Wenn es keinen Eigentümer in dem betreffenden Dorf gibt, dann wird jeder Schäfer seine Schafe so lange auf die Wiese zum Grasen schicken, bis die Wiese überwirtschaftet ist und kein Gras mehr trägt. Im Falle eines Eigentümers würde dieser penibel genau darauf achten, dass die Fläche nicht übernutzt und überwirtschaftet wird.

Ein ähnlicher Vorgang ist vorauszusehen, wenn Schulden vergemeinschaftet werden. Stellen Sie sich vor, Sie lebten in einem Fünffamilienhaus. In diesem Haus wohnen in unterschiedlichen Wohnungen ein unausgebildeter Bürgergeldempfänger, ein gut begüterter Unternehmer, ein hochbezahlter älterer Ingenieur und zwei Studenten, die sich mit Aushilfstätigkeiten über Wasser halten. Der Bürgergeldempfänger verfügt ebenso wie die Studenten über keinerlei Ersparnisse. Sowohl der Unternehmer als auch der Ingenieur haben hingegen schon signifikante Ersparnisse in vermieteten Immobilien und Aktienbeteiligungen angehäuft. Sie haben durch ihre Tätigkeiten mehr Geld eingenommen, als sie ausgegeben haben, und diese Ersparnisse wurden in produktive Verwendungen investiert. Man könnte sagen, dass sie ihre Finanzen (Haushalte) gut im Griff haben und mit ihren Ressourcen sorgsam umgehen.

Gemeinschaftliche Schulden: vorprogrammierter fehlanreizinduzierter Niedergang

Da der Bürgergeldempfänger und die Studenten regelmäßig jeden Monat mehr ausgeben, als sie einnehmen, häufen sie zunehmend Schulden – genauer gesagt Konsumschulden – an. Partys und weitere der Einnahmesituation nicht angemessene Konsumausgaben lassen die drei Herrschaften über ihre Verhältnisse leben. Dieser Vorgang geht so weit, dass sie ihren laufenden monatlichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können.

Nun kommen die drei angesichts ihrer misslichen Lage auf die Idee, als Hausgemeinschaft eine Sozialisierung oder Kollektivierung der Schulden zu vereinbaren. Es spielt auch keine Rolle, ob die anderen beiden Parteien gegen die Schuldenkollektivierung sind, denn die beiden Studenten und der Bürgergeldempfänger sind in der Mehrheit. Mit dieser 60-Prozent-Entscheidung wären sie also in der Lage, ihre Pläne zu realisieren. So funktionieren Mehrheitsentscheidungen. Sie werden potenziell zu Verträgen zulasten derer, die überstimmt worden sind. Spinnen wir unser Beispiel weiter und lassen wir der unserer Phantasie freien Lauf. Die Hausgemeinschaft lebt in der Fiktion eines Gesellschaftsvertrages, und so wird der Plan der Studenten und des Bürgergeldempfängers umgesetzt.

Sparsame haften und verlieren ihre Vermögenswerte

Von nun an haften der Unternehmer und der Ingenieur für die Schulden, die von den anderen drei Parteien angehäuft wurden und werden. Die noch mehr werden, denn durch die Haftung der beiden gut situierten Herrschaften verbessert sich plötzlich die Bonität der Studenten und des Bürgergeldempfängers. Banken und andere Kapitalgeber können die drei nun deutlich freizügiger als vor der Schuldenvergemeinschaftung mit Krediten ausstatten. Es beginnt ein Ausbeutungswettbewerb, der auch den Anreiz setzt, dass der Unternehmer und der Ingenieur von ihrer Politik der soliden Haushaltsführung Abkehr nehmen. Dieser Fehlanreiz verändert das Verhalten der vormals sparsamen Menschen komplett.

Es braucht keine hellseherischen Fähigkeiten, um zu erkennen, dass der Ausbeutungswettbewerb bis zum kompletten Niedergang vollzogen wird. Exakt dieser Anreiz wird durch die Schuldenkollektivierung gesetzt. Die gesamte Hausgemeinschaft versinkt in der Überschuldung. In der Überschuldungssituation werden die Gläubiger der Hausgemeinschaft versuchen, sich schadlos zu halten. Wird die Gemeinschaft säumig, so werden die Kredite fällig gestellt und es kommt zu einer Verwertung der Vermögenswerte. Die Aktienbeteiligungen und Immobilienbestände des Ingenieurs und des Unternehmers werden zur Schuldentilgung veräußert. Diese Notsituation lässt die Verkaufserlöse erodieren. Es profitieren die Parteien, welche die Überschuldungssituation für sich zu nutzen wissen und die Aktien und Immobilien günstig einkaufen können. Der Unternehmer und der Ingenieur haben hingegen das, was sie in ihrer produktiven Zeit erspart haben, komplett verloren. Im Extremfall reichen die Ersparnisse nicht einmal aus, um die gesamten Schulden der Hausgemeinschaft zu decken. Der Hausgemeinschaft passiert das, was Philipp Bagus in seinem Buch beschrieben hat. Das System der Hausgemeinschaft und der Kollektivschulden zerstört sich selbst und vernichtet sämtliche Ersparnisse. Man sieht sehr genau, wie wichtig ökonomische Anreize wirken, und zwar im Positiv- und im Negativfall.

Die Gefahren einer Schuldenvergemeinschaftung sind enorm und sollten auf Basis dieses Beispiels deutlich geworden sein. Der Ausbeutungswettbewerb des Euro setzt den Fehlanreiz zur Überschuldung und zum Schuldensumpf für einen gesamten Kontinent. Dies geschieht insbesondere dann, wenn eine zentrale Geldplanstelle in der Lage ist, für nahezu unendliche Liquidität zu sorgen. Ein kollektivistisches inflationäres Geldwesen erschwert den Vermögensaufbau und steht folglich dem Respekt vor dem Privateigentum diametral gegenüber. Im Falle einer kollektivistischen Währung für einen gesamten Kontinent potenziert sich die privateigentumsmindernde Wirkung. Insofern eignet sich eine derartige Geldordnung hervorragend, um subtil für die gute Sache eines friedvollen Europas zu kollektivieren. Exakt auf diese Art und Weise – also mit dem „Scheitert der Euro, scheitert Europa“-Mantra – wurden die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Euro begründet. Mit Erfolg und verbunden mit großen Gefahren, wenn es zum großen Haftungsfall kommt oder auch einfach schleichend durch den sich langsam vollziehenden Ausbeutungswettbewerb.

Es ist mehr als nur eine Randnotiz, dass die CDU vor Einführung des Euro auf Wahlplakaten dafür warb, dass Deutschland nicht für die Schulden anderer Länder haften würde. Es kam bekanntlich anders, und so sehen sich die sparsamen Menschen in Deutschland und Europa nun mit dem Ausbeutungswettbewerb der Kollektivverschuldung konfrontiert. Die Politiker auf den Wahlplakaten von vor mehr als 25 Jahren sind längst von der Bildfläche verschwunden. Aber auch sie haben es nicht zu verhindern vermocht, dass ihre Versprechen nicht eingehalten werden. Die Anreize und machtpolitischen Interessen für das Gegenteil waren ganz offensichtlich einflussreicher.

Video zum Euro-Schuldensumpf

Benjamin Mudlack: „Geld-Zeitenwende – vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“

Youtube-Kanal: „Der Ökonomische IQ“

Philipp Bagus: „Die Tragödie des Euro: Ein System zerstört sich selbst“


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