Ukraine-Konflikt: Die Problem Solver
Warum die beiden Chefverhandler von Putin und Trump Geschäftsleute sind
von Oliver Gorus
von Oliver Gorus drucken

Wenn Trump an den Zöllen dreht oder mit Putin über die Ukraine verhandelt, dann kommt es nicht darauf an, womit er in die Verhandlungen einsteigt, sondern was er am Ende als Resultat vorweisen kann. Trump versteht Politik als Verhandlung und Verhandlung als Politik, am Ende zählt nur das Ergebnis – und bis dahin ist jedes Mittel recht, auch Drohungen, Finten, Überraschungen, Beleidigungen, doppeltes Spiel oder was auch immer für Strategien.
Das verstehen die Kritiker Trumps einfach nicht, wohl weil für sie Politik etwas anderes ist als verhandeln. Sich über ihn zu empören und ihn einfach nur als dumm abzustempeln, ist jedenfalls nicht sehr intelligent.
Putin aber hat verstanden, wie man mit Trump verhandelt. Das kann man alleine schon an der Tatsache ablesen, dass die ernsthaften Gespräche hinter den Kulissen schon mehrere Wochen dauern und er sich von Trump nicht zu einem schnellen Waffenstillstand zu Trumps Bedingungen hat überrumpeln lassen. Putin ist für Trump mit großer Wahrscheinlichkeit kein leichter Gegner. Hier verhandeln zwei schlaue Füchse. Die deutschen Politiker spielen diesbezüglich allesamt mehrere Ligen tiefer.
Man kann das hohe Niveau ernsthafter Verhandlungen auch daran ablesen, wen die beiden Alphatiere zu Sondergesandten und Chefverhandlern gemacht haben: nämlich keine Politiker, sondern ausgebuffte Businessprofis: Kirill Dmitrijew verhandelt für Putin und Steve Witkoff für Trump.
Das sind zwei echte Problem Solver, selbstbewusste Führungspersönlichkeiten, rationale, ergebnisorientierte alte Hasen, die es aber nicht in die Öffentlichkeit drängt, sondern die am Ende ihren Chefs Erfolge präsentieren werden.
Kirill Alexandrowitsch Dmitrijew, Jahrgang 1975, ist Leiter des staatlichen russischen Anlagefonds. Geboren in Kiew, lebte er schon als Teenager in den USA, studierte in Stanford und in Harvard Volkswirtschaftslehre, also an zwei der besten Hochschulen der Welt. Dann arbeitete er unter anderem bei Goldman Sachs in New York, bei McKinsey in Los Angeles, Moskau und Prag. Anschließend wurde er Präsident der ukrainischen Beratungsfirma Icon Private Equity und verantwortete milliardenschwere Unternehmenstransaktionen. Seine Berufs- und Führungserfahrung qualifizierte ihn schließlich zuerst für die Aufgabe beim russischen Staatsfonds und nun zu seiner bislang größten Aufgabe als Putins Chefverhandler.
Dmitrijew spricht natürlich fließend Englisch und kennt sein Heimatland Ukraine sehr genau, vor allem aber weiß er zu verhandeln und Entscheidungen zu treffen.
Genauso wie sein Counterpart, Steve Witkoff. Der enge Vertraute von Donald Trump ist mit 68 Jahren deutlich älter als Dmitrijew. Seine Großeltern väterlicherseits stammen aus dem russischen Kaiserreich, daher sein russischer Nachname. Er ist in New York geboren und aufgewachsen, studierte an der kleinen elitären Hofstra-Privatuni Recht und wurde ein auf das Immobiliengeschäft spezialisierter erfolgreicher Anwalt. Durch seine Arbeit lernte er auch früh den Geschäftsmann Donald Trump kennen, sein Schwerpunkt lag auf Bürogebäuden und er verhandelte daher hauptsächlich in der Unternehmenswelt.
Im Laufe der Zeit wurde Witkoff selbst zum Investor und beteiligte sich an mehreren der berühmten Bürohochhäuser Manhattans. Mit Donald Trump spielte er Golf und die beiden schätzen einander als Geschäftsleute, mal verhandelten sie als Partner, mal als Gegner, aber offensichtlich immer auf Augenhöhe.
Dmitrijew und Witkoff verhandeln nun schon seit mehreren Wochen, mal in Washington, mal in Moskau, mal in Saudi-Arabien. Gegenüber der Presse sind beide sehr diplomatisch und selbstbewusst, zeigen sich wohlwollend und freundlich, reden jeweils respektvoll über ihren Verhandlungspartner, ohne auch nur einen Millimeter Informationen über den Stand der Dinge herauszulassen.
Dass Putin und Trump keine Politiker oder hochrangige Diplomaten miteinander verhandeln lassen, sondern erfahrene Geschäftsleute, halte ich für bedeutsam und vielversprechend. Warum?
Der Lehrer von Milton Friedman und Begründer der berühmten und einflussreichen Chicagoer Schule der Ökonomie, Frank Knight, sagte einmal: „Es ist nicht vermessen zu sagen, dass die eigentliche Grundlage des freien Unternehmertums die Konzentration der Verantwortung auf zwei Aspekte ist: Entscheidungen treffen und die Konsequenzen dieser einmal getroffenen Entscheidungen tragen.“
Und diese Essenz des Unternehmertums, nämlich Verantwortung, ist genau das, was Politiker nicht gewöhnt sind. Politiker verwenden das Geld anderer Leute für ihren eigenen Machterhalt, ohne jemals Rechenschaft ablegen zu müssen über die Resultate, die sie damit erzielt haben. Politiker handeln im gleichen Zustand der Immunität wie Fürsten und Könige: Sie können Milliarden verschwenden und über Leichen gehen, ohne jemals dafür haftbar gemacht zu werden. Darum sind Politiker es schlichtweg nicht gewohnt, Verantwortung für die Folgen ihrer Entscheidungen zu übernehmen. Entsprechend schlecht und kurzsichtig verhandeln sie.
Alles, was sie tun, muss lediglich irgendwie gut aussehen und an die Massen verkäuflich sein, die realen Ergebnisse ihres Tuns sind aber für sie von keinem weiteren Interesse. Genau andersherum verhält es sich bei Geschäftsleuten: Ihnen ist es egal, wie es aussieht, Hauptsache, am Ende stimmen die Resultate.
Genau deshalb habe ich ein gutes Gefühl und glaube, dass Putin und Trump eine Lösung für den Ukraine-Konflikt finden, die für Osteuropa dauerhaft Frieden bringt. Denn statt moralisierenden und die wahren Beweggründe überdeckenden Gelabers bringen die beiden ausgebufften Verhandlungsführer die real existierenden knallharten ökonomischen Interessen der USA und Russlands auf den Tisch.
Das Ziel solcher Verhandlungen ist nicht die Vernichtung des Gegners, sondern das Finden von Win-win-Konstellationen. In dieser Sphäre sind echte Deals möglich, die für beide Seiten attraktiver sind, als Tausende junger Männer durch den Fleischwolf zu drehen.
Kommentare
Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.
Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.