22. Februar 2024 11:00

Neue Partei? Vorbei! Dr. Markus Krall und Prof. Dr. Max Otte verlassen die Werteunion

Die Chronologie des Zusammenbruchs einer „jungen“ Partei

von Sascha Koll

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Bildquelle: Marcus Kaufhold (CC BY-SA 3.0 de) / Wikipedia Max Otte: Gab seinen Austritt aus der Werteunion nur wenige Minuten vor Markus Krall bekannt

17. Februar: Die Gründung

Am 17. Februar verkündete Hans-Georg Maaßen auf der Medienplattform „X“ die langersehnte Gründung der Partei „Werteunion“ mit dem Text: „12:32 Uhr. Done!“ Der flammende Freund der #NeuePartei, Dr. Markus Krall, gratulierte Maaßen prompt mit einem Repost, während Max Otte sich eher bedeckt hielt, was mich persönlich zu diesem Zeitpunkt nicht sonderlich wunderte, da ich ihn nie für ein Zugpferd der Werteunion-Partei gehalten habe.

18. Februar: Einzig freiheitliche Partei

Otte reagierte erst am darauffolgenden Tag auf einen „X“-Post von Alexander Mitsch, dem neuen Stellvertreter von Maaßen. „Nachdem die FDP sich an rot-grün verkauft hat, ist nun die neue Werteunion die einzige ernstzunehmende freiheitliche Partei. Ich freue mich darauf, als stellvertretender Vorsitzender auf die dringend notwendige Politikwende in Deutschland hinzuwirken. #Freiheit #Sicherheit #Leistung“, so schrieb Mitsch. Max Otte kommentierte diese Aussage bereits mit einer Austrittsdrohung: „‚Einzig freiheitliche Partei ...‘ Wenn das die Linie von Vorstand und Partei bleibt, werde ich aus der Werteunion austreten. Ein klares Bekenntnis zur Koalition mit der größten freiheitlichen Partei in Deutschland, der AfD, ist notwendig angesichts einer CDU, die sich schon jetzt zu den Grünen bekennt.“

19. Februar: Der Premiumpartner

Es brodelte nur einen Tag nach der Gründung bereits gewaltig im Kessel. Doch es sollte noch wilder werden. Hans-Georg Maaßen bezeichnete die CDU in einem frühen Gespräch nach der Gründung als „Premiumpartner“ und sorgte damit erneut für Unmut. Max Otte preschte bereits am 19. Februar vor: „Die Aussage ‚natürlich wäre die CDU unser Premium-Partner‘ zeigt, dass sich die Partei Werteunion derzeit auf dem Holzweg befindet. Die Union ist der Hauptkonkurrent der Werteunion und von dort müssen die Stimmen kommen. Nur eine klare Aussage für eine Koalition mit der AfD kann in der vergrünten Union einen Umdenkprozess einleiten.“

20. Februar: Die Werteunion wird abgesägt

Markus Krall meldete sich dann am 20. Februar mit folgender Analogie zu Maaßens wirren Aussage: „Frage an die Geschiedenen in dieser Runde hier: Wer von Euch würde seine Ex als Premiumpartnerin einordnen?“ Die meisten Antworten fielen erwartungsgemäß für Krall aus. Die Partei, von der man sich gerade nach endlos langen Versuchen, sie noch auf eine freiheitliche Linie zu bringen, getrennt hat und deren verbleibende Mitglieder allesamt Merkelianer sein müssten, ernennt man nicht einfach so zu dem Partner, mit dem man am besten zusammenarbeiten könnte – so verstehe ich es jedenfalls. Zudem hat die Merz-CDU bereits eine meterhohe Brandmauer an der Grenze zur Maaßen-CDU („Wir sind Union 1.0“) errichtet.

Doch Kralls Seitenhieb sollte nicht der letzte für diesen 20. Februar sein. Denn gegen 19 Uhr veröffentlichten Krall und Otte jeweils kurze Stellungnahmen. Markus Krall: „Hiermit gebe ich bekannt, dass ich heute aus der Werteunion ausgetreten bin.“ Bumm! Das war ein schwerer Schlag für die boomereske Jungpartei. Einer der bekanntesten, gefragtesten und beliebtesten Personen – der Einheizer schlechthin, der deutsche Mann mit der Kettensäge – verabschiedete sich von der Werteunion. Damit auch die Hoffnung, die viele Wirtschaftsliberale und Libertäre in die Partei legten. Mir beschlich ohnehin bereits der Eindruck, dass mit den eingerosteten Greisen aus der CDU nicht viel Marktwirtschaft zu machen sei. Markus Krall galt immerhin schon als Querulant, als zu radikal, was durch Aussagen von Maaßen bereits Wochen zuvor unglücklich in einem Interview bestätigt wurde.

Einen weiteren Böller hatte Max Otte wenige Minuten zuvor in den X-Raum geworfen, dessen Knall für mich erst etwas später hörbar wurde, da Kralls Bombe noch minutenlang in mir nachhallte: „Die Aussagen aus den Reihen der Werteunion lassen zweifeln, dass die Partei geeignet ist, die Politikwende in Deutschland mitzugestalten. Sie deuten stattdessen auf erhebliche politische Fehleinschätzungen und Selbstüberschätzung hin. Mit dem heutigen Tag trete ich aus der Werteunion aus.“

Damit wusste ich: Die Werteunion wurde gerade zu Grabe getragen. Nicht, dass ich selbst viel – geschweige irgendetwas – von Ottes politischen Positionen halte, doch er hat im konservativen Boomer-Lager eine große Unterstützung. So groß, dass sie vermutlich einige verprellte CDUler zur Werteunion gezogen hätte. Das wird so mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr stattfinden.

21. Februar: Die Gründe

Markus Krall gab am Morgen des 21. Februar die erwarteten Gründe für seinen Austritt bekannt. Er bestätigte das, was einige schon geahnt hatten. Kurz zusammengefasst: Er sieht im Vorstand eine Mehrheit für eine „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“-Partei, die bloß nicht mit „Klarheit und Authentizität“ abschrecken will. Zur Parteigründung wurden handverlesene „verschwitzte Socken“ aus CDU und FDP geladen, „die ihr Methodengepäck der Intrige und der Seilschaften anscheinend gleich mitgebracht haben“. Ein weiterer Grund sei, dass sich Krall nicht gerne vorführen lasse. Die Entgleisung Maaßens gegenüber Krall vor wenigen Wochen und Aussagen, die aus WU-Kreisen an die Schweizer Zeitung „NZZ“ durchgestochen wurden und von „Erleichterung“ über Kralls Abwesenheit bei der Gründung sprachen, erweckten in Krall den Eindruck, unerwünscht zu sein. Er will sich daher der Partei nicht weiter aufdrängen. Weiter beklagt er, dass Absprachen nicht eingehalten worden seien, die auch das Gründungsprogramm, vor allem das Wirtschaftsprogramm, beträfen, das eigentlich er hätte ausarbeiten sollen, dann aber aus „Programmen der anti-marktwirtschaftlichen Altparteien“ zusammenkopiert worden sei. Kralls Statement liest sich genau so, wie man sich eine Parteigründung vorstellt. Der gesamte Facebook-Beitrag ist unten verlinkt.

Meine Sicht: Wie geht es mit der Werteunion weiter?

Zwei, für den einen oder anderen vielversprechende Galionsfiguren verlassen nach nur drei Tagen das bereits sinkende Schiff. Das Rettungsschiff, das diese gottlose, dem Sozialismus verfallene Republik retten sollte. Hoffnungen zerplatzen, Unmut macht sich breit und es wird wild spekuliert, wie es nun weitergehen soll.

Wenn Sie mich fragen, muss es gar nicht weitergehen. Die Werteunion stellte sich bereits am Tag der Gründung und mit Veröffentlichung des Gründungsprogramms als freiheitsfeindliche, kollektivistische und antiindividualistische Partei heraus. Ich habe bereits mehrfach geschrieben, dass ich nur auf Folgendes warte, um die WU direkt zu meinem persönlichen Feind erklären zu können: „Die Bedrohungslage für das nordatlantische Bündnis und die Bundesrepublik Deutschland lässt eine weitere Aussetzung der Wehrpflicht nicht länger zu. Eine Sozialzeit von gleicher Dauer wird für diejenigen angestrebt, die keinen Wehrdienst leisten können oder wollen.“ Das sind die letzten Zeilen des Gründungsprogramms, das ebenfalls unten verlinkt ist. Wollten sie schon immer das Programm der SPD haben, ohne die SPD zu wählen? Dann geht hiermit eine ganz klare Wahlempfehlung raus, denn ein „Soziales Pflichtjahr“ oder auch „Allgemeine Dienstpflicht“ gibt es auch bei der selbsternannten „einzigen ernstzunehmenden freiheitlichen Partei“. Lasst uns doch gleich die Sklaverei offiziell wiedereinführen!

Zudem sind sämtliche Personen, außer Markus Krall, nie als großartige Marktwirtschaftler in Erscheinung getreten. Es gab zwar immer wieder mal ein Lippenbekenntnis zur Marktwirtschaft, doch nie etwas Konkretes. Ich hatte den Eindruck, dass Krall der Ansprechpartner sei, wenn es um wirtschaftspolitische Themen geht. Doch mit dem Gründungsprogramm ist dieser Anschein verloren gegangen. Ein Krall alleine hätte meiner Meinung nach auch nicht ausgereicht, um etwas Freiheitliches auf die Beine zu stellen, wenn man ansonsten den ganzen Mock der letzten 30 Jahre aus der CDU mitzieht, die sich einen auf die „Soziale Marktwirtschaft“ keult, die sich zu nichts anderem als einem Neosozialismus entwickelt hat. Die Wegbereiter der Kommunisten, die alles mitgemacht haben, sollten doch nicht wirklich hier und heute für eine politische Wende sorgen, oder? Mir war im vornherein klar, dass die Werteunion keine libertäre, keine freiheitliche, keine Partei sein wird, die ich für meine Ziele ernstnehmen könnte, doch diesen Flash-Crash hätte nicht einmal Dr. Markus Krall vorhersagen können.

Vielleicht strömt nun der Gedanke „Politik ist nicht die Lösung, sondern das Problem“ durch ein paar Köpfe mehr als noch vor wenigen Tagen. So unterhaltsam die Phase vor und nach der Gründung auch war, für mich ist der gesamte politische Betrieb nichts weiter als eine Seifenoper wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ oder die „Lindenstraße“. Sollen sie sich doch alle gegenseitig die Köpfe einschlagen, während ich mich entspannt zurücklehne und jeden einzelnen Akteur auslache. Markus Krall konnte insoweit meinen Respekt zurückerlangen, dass er sich dieser Clown-Show zügig entzogen hat.

Für mich ist die Werteunion bereits jetzt gescheitert. Sollten Maaßen und seine alten Kumpel den Weg weitergehen wollen, prognostiziere ich ihnen maximal fünf bis sechs Prozent bei der Bundestagswahl, und das auch nur, wenn sich aufgrund der Wahlgesetzänderung viele CSU-Anhänger der Werteunion anschließen, um ihre Posten in Berlin nicht zu verlieren.

Auf die Gefahr hin, wie eine springende Schallplatte zu klingen: Stecken Sie keine Energie in den politischen Weg, machen Sie sich keine Hoffnungen. Der demokratische Weg zur Freiheit ist systembedingt unmöglich. Vernetzen Sie sich, stecken Sie Zeit, Geld und Energie in das, was Ihnen persönlich zu mehr Freiheit verhilft, seien Sie egoistisch! Die Politik wird das nicht für Sie übernehmen. Eigenverantwortung ist gefragt – nicht erst seit gestern.

Alles Weitere besprechen Martin Moczarski und ich im heute Nachmittag erscheinenden „Dachthekenduett“.

Gründungsprogramm der Werteunion

Markus Krall: Gründe für den Austritt aus der Werteunion


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