Sozialdemokratische Wirtschaftspolitik: Staatliche Preisdiktate
Es geht immer noch einen Tick irrer
von Andreas Tögel drucken

Österreichs Wirtschaft befindet sich – wie auch jene Deutschlands – seit mehreren Jahren im Konjunkturtief. Impulse zu einer Rückkehr auf den Erfolgskurs? Fehlanzeige. Anstatt die Betriebe zu Investitionen zu motivieren oder gar Anreize zu setzen, ausländisches Kapital ins Land zu lotsen, fällt den Regierungen nichts anderes ein als weitere Belastungen und Regulative.
Ein aktuelles Beispiel ist die von der österreichischen Bundesregierung geplante „Hitzeschutzverordnung“, die die Unternehmen ab 2026 dazu zwingen wird, ab bestimmten Außentemperaturen Schutzmaßnahmen für ihre bei Außenarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer zu ergreifen. In der Praxis wird das wohl darauf hinauslaufen, dass einige zusätzliche Regimenter beamteter Kontrolleure damit beschäftigt sein werden, vom Dienstgeber bereitgestellte Erfrischungsgetränke, Sonnenbrillen und den Sonnenschutzfaktor von Hautcremes zu überprüfen.
Dabei handelt es sich zweifellos um eine längst überfällige Initiative, denn dass ein im Freien tätiger Arbeitnehmer selbst darauf kommen könnte, sich seine eigene Sonnenbrille aufzusetzen, liegt außerhalb der Vorstellungswelt von Paternalisten wie der aus dem Gewerkschaftsbund kommenden Arbeitsministerin Korinna Schumann (SPÖ).
Kaum allerdings glaubt der gelernte Österreicher, verrückter könne es in der Politik nicht mehr zugehen, wird er umgehend eines Besseren belehrt. Genosse Finanzminister Markus Marterbauer (ebenfalls SPÖ) hat sich nämlich vorgenommen, die derzeit wieder deutlich anziehende Teuerung zu bekämpfen, und ist dabei auf die ungeheuer originelle Idee verfallen, Preisregulative einzuführen – vorerst einmal nur für Lebensmittel. Einer Nominierung für den Wirtschaftsnobelpreis wird er damit mit hoher Wahrscheinlichkeit entgehen, zeigen doch alle bisherigen empirischen Erfahrungen, dass diese Art populistischer Politik nicht nur nichts, sondern in aller Regel sogar das Gegenteil des intendierten Zwecks bewirkt.
Ein schönes Beispiel dafür bilden Preisdiktate im Wohnbereich, wie in Berlin besonders anschaulich zu bewundern ist, wo eine ultralinke Stadtregierung den privaten Wohnbau durch rigorose Preisdiktate so gut wie komplett abgewürgt hat. De-facto-Enteignungen führen eben zu keiner Angebotsverbesserung. Niemals. Nirgendwo.
Sollte der rote Finanzminister seine klassenkämpferischen Vorstellungen gegen die im Umfallen wohlgeübte, einstmals bürgerliche ÖVP und die pseudoliberalen Neos durchsetzen können, wären die Konsequenzen vergleichbar mit denen im preisregulierten Wohnungsmarkt: Bestimmte Angebote würden dann einfach vom Markt verschwinden. Der mit extrem niedrigen Margen kalkulierende Lebensmittelhandel würde die durch Preisdiktate unrentabel werdenden Produkte kurzerhand auslisten. Die Konsumenten stünden dann einerseits vor einem ausgedünnten Angebot und müssten andererseits zu – womöglich noch teureren – Alternativen greifen. Der nächste Schritt der von der Kontraproduktivität ihrer Intervention frustrierten Regierung bestünde dann vermutlich in einer Ausdehnung der Preisdiktate auf Vorprodukte. Im Fall von Backwaren wären das Getreide, Energie und Gewürze.
Der österreichische Ökonom Ludwig von Mises nannte einen derartigen Vorgang „Interventionsspirale“. Die führt am Ende zu einer ineffizienten Kommandowirtschaft nach sowjetischem Vorbild. Das leuchtet deshalb ein, weil Staatsbürokraten ja niemals – auch nicht unter Zuhilfenahme der modernsten KI-Systeme – über das notwendige Wissen verfügen, das erforderlich ist, um die „richtigen“ Preise für Löhne, Waren und Dienstleistungen zu diktieren. Dass bisher noch alle vergleichbaren Versuche, wann und wo immer sie auch unternommen wurden, gescheitert sind, sagt ja bereits alles.
Das bei nüchterner Betrachtung faktisch unlösbare Problem politischen Handelns besteht darin, dass Apparatschiks wie Marterbauer und Schumann, die keinen Tag ihres Lebens in produktiven Betrieben tätig gewesen waren, keinen Preis für ihre Fehlentscheidungen zahlen müssen, weil sie „keine Haut im Spiel“ haben, wie der Bestsellerautor Nassim Taleb das in seinem Buch „Der Preis des Risikos“ ausdrückt.
Marterbauer hat in einem Punkt allerdings recht: Inflation ist tatsächlich schädlich. Deren Ursache sind aber nicht profitgierige Unternehmer, sondern eine erratische Fiskal- und Geldpolitik von Regierungen und Notenbanken und der damit einhergehende „Kollateralschaden“: die Zerstörung des Mittelstands.
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