15. Juni 2024 22:00

Waffenrecht und Drogenkonsum Hunter Biden ist unschuldig!

Den Zweiten Verfassungszusatz mit Füßen getreten

von Thorsten Brückner

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Bildquelle: Andrew Leyden / Shutterstock Illegaler Waffenbesitz: Hunter Biden wurde schuldig gesprochen – zu Unrecht?

Gehört Hunter Biden hinter Gitter? Die Antwort auf diese Frage ist komplex. Die Antwort hingegen, ob Biden für das, wofür er vergangene Woche von einer Bundesrichterin in seinem Heimatstaat Delaware verurteilt wurde, hinter Gitter gehört, ist denkbar simpel: ganz klar Nein! 

Kurz zu den Fakten: Biden wird vorgeworfen, im Juli 2018 in einem Waffengeschäft in Wilmington, Delaware, einen Revolver gekauft zu haben. Dabei gab er wahrheitswidrig an, dass er weder drogenabhängig sei noch anderweitig verbotene Substanzen konsumiere. Doch Biden war dann bescheuert genug, in seinen Memoiren seinen Crack-Konsum um den Zeitpunkt des Waffenkaufs herum einzuräumen, und machte den Ermittlern so die Beweisführung leicht. Wohlgemerkt: Niemand wirft Biden vor, die Handfeuerwaffe im Drogenrausch unsachgemäß benutzt zu haben. Im Gegenteil: Selbst die Staatsanwaltschaft musste einräumen, dass Biden die Waffe nie geladen und sie noch nicht einmal aus dem Waffenkoffer genommen habe. Die Polizei erfuhr überhaupt nur durch eine Dummheit seiner damaligen Lebensgefährtin (bei der es sich übrigens um die frühere Frau seines verstorbenen Bruders handelt) von der Waffe, die diese erst in einen Mülleimer warf, sie kurz darauf dort nicht mehr finden konnte und dann mit Hunters Zustimmung die Polizei rief.

In den USA verbietet ein Bundesgesetz Drogenkonsumenten Waffenkauf und -besitz. Bis zu 25 Jahre Haft drohen. Was eine Droge ist und wie gefährlich sie ist, ist dabei freilich Ermessenssache der Regierung. Und so kommt es, dass laut einer Schätzung des libertären Magazins „Reason“ rund 20 Millionen Amerikaner derzeit gegen dieses Gesetz verstoßen. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich freilich um Cannabis-Konsum und Waffenbesitz, was auch Gott sei Dank immer mehr Richter, die ansonsten mit dem Zweiten Amendment auf Kriegsfuß stehen, für unproblematisch ansehen – besonders wenn man bedenkt, dass Alkoholkonsum ja schließlich auch kein Ausschlusskriterium ist. Und warum soll der Konsum von Alkohol, der erwiesenermaßen aggressiv macht, weniger schwerwiegend sein wie der Einfluss von Cannabis, der in der Regel ausgleichend, beruhigend und friedensstiftend wirkt. Im vergangenen Jahr habe ich an dieser Stelle über einen Fall aus Oklahoma berichtet. Ein Bundesrichter sprach damals einen Waffenbesitzer und Cannabis-Konsumenten frei mit der Begründung, der „bloße Status als Marihuana-Konsument“ rechtfertige nicht, den Beschuldigten „seines fundamentalen Rechts zu berauben, eine Pistole zu besitzen“. Cannabis-Konsum sei „keine gewalttätige Handlung“. 

Ende vergangenen Jahres urteilte Bundesrichterin Kathleen Cardone aus Texas ähnlich. Doch ihre Begründung ging noch viel weiter. Sie erklärte nämlich gleich mal alle Präzedenzfälle in dieser Frage für nichtig, da entsprechende Urteile vor dem Richtungsurteil New York State Rifle & Pistol Association, Inc. v. Bruen des Supreme Courts 2022 ergangen seien. Darin forderte die konservative Richtermehrheit die Bundesrichter, die in Zukunft über Waffenrechtsfragen urteilen, dazu auf, stets auf Präzedenzfälle und Analogien aus der Gründerzeit zu rekurrieren. Cannabis war zur Gründerzeit in Amerika allgegenwärtig. Es gibt nicht wenige Hinweise darauf, dass selbst zahlreiche Gründerväter Hanf anbauten – und zwar nicht nur für Stoffe. Doch allein die Vorstellung, Bundesbeamte hätten 1791 einem Kolonisten, der einen Joint raucht, die Waffe weggenommen, ist so absurd, dass sie keiner weiteren Einlassung bedarf. Gleiches muss konsequenterweise auch für jede andere Droge gelten. Erst 1938 schränkte der Kongress das Recht auf Waffenbesitz erstmals ein, allerdings damals nur für verurteilte Mörder, Totschläger und Vergewaltiger. Und erst 1961 dehnte der Kongress dies auf nicht gewalttätige Straftaten aus, die mit mehr als einem Jahr Haft bestraft werden. Auf dieser Basis verliert auch der frühere Präsident Donald Trump durch seine Verurteilung in New York sein Recht auf Waffenbesitz.

Crack-Konsum ist unbestreitbar in einer anderen Liga als Cannabis. Mit einer Ungefährlichkeit der Droge kann man hier nicht argumentieren. Das ist aber auch nur entscheidend, wenn man sich auf das Spiel einlässt und einer Regierung die Entscheidung überlässt, welche Droge schwerwiegend genug sei, um einem Individuum sein gottgegebenes und in der US-Verfassung verankertes Recht auf Waffenbesitz zu entziehen. Weder durch seinen Drogenkonsum noch durch den Besitz einer Waffe hat Hunter Biden irgendwelchen Menschen Schaden zugefügt. Der Versuch, Verbrechen zu verhindern, bevor sie begangen werden, endet immer im Unrecht.

Für immer mehr Richter ist Gesetzestitel 18 Paragraph 922, auf Basis dessen Biden verurteilt wurde, mit dem Zweiten Verfassungszusatz unvereinbar. Natürlich ist es ein Treppenwitz der Geschichte, dass Hunter Biden jetzt auf Grundlage eines offensichtlich verfassungswidrigen Gesetzes, zu dessen lautstärksten Unterstützern ausgerechnet sein Vater gehörte, verurteilt wurde. Doch Häme halte ich für unangebracht. Und hier bin ich auch anderer Meinung als Larken Rose. Der anarchistische Video-Blogger und Filmemacher freut sich darüber, dass Biden nun vielleicht einfahren muss. Seine Begründung: Biden sei zwar natürlich in diesem Fall völlig unschuldig, aber er habe sich anderer, noch viel schwerwiegenderer Verbrechen schuldig gemacht, für die er aufgrund seiner familiären Vernetzungen nie verurteilt werden wird. 

Und da hat Larken Rose vermutlich sogar recht. Hunter Biden ist ein schmieriger, korrupter Parvenü, der, davon bin ich überzeugt, für seinen eigenen Vorteil über Leichen geht, aber nie belangt wurde und sich dabei stets die Papa-Connection zunutze machte.

Warum er dennoch jetzt keinen Knast verdient, sollte aber auf der Hand liegen. Was wissen wir wirklich konkret und nicht aus den Medien über Bidens kriminelle Vergangenheit? Selbst die meisten, die darüber schreiben, wissen nichts aus erster Hand. Geht das, was er in der Ukraine so getrieben hat über Korruption und Vetternwirtschaft hinaus? Ich bin jedenfalls der Ansicht, dass Gefängnis für nicht gewalttätige Delikte immer der falsche Ansatz ist.

In Kalifornien ist derzeit noch ein anderes Verfahren gegen Biden anhängig. Er soll zwischen 2016 und 2019, als er im Golden State wohnte, keine Steuern gezahlt haben. Natürlich ist das witzig: Der Spross einer Räuberbande wird von den Räubern vor Gericht gestellt, weil er sein Geld nicht abliefern wollte. Man darf darüber lachen und wer will, soll meinetwegen schadenfroh darüber sein, aber am Ende bleibt, dass es auch in diesem Fall nur ein gerechtes Urteil geben kann: Freispruch!

Dabei geht es nicht in erster Linie um Hunter Biden, sondern es ist auch ein Test für das eigene gesunde Gerechtigkeitsempfinden, dessen Tiefe sich besonders dann offenbart, wenn man eine Person nicht mag. Doch noch viel wichtiger ist der Präzedenzfall, der dadurch entsteht. Dass sogar der Sohn des Präsidenten für sowas in den Knast muss, ist Munition für Staatsanwälte, die in der Zukunft ähnliche Pseudo-Verbrechen anklagen. Und dabei handelt es sich dann um einfache Menschen ohne die Verbindungen und das Budget von Hunter Biden. Und manche von denen werden vielleicht auch schon wegen eines Drogendelikts vorbestraft sein und können dann nicht wie Biden mit lediglich ein paar Monaten Haft rechnen. 

Es hat mich ziemlich erschreckt zu sehen, wie viele republikanische Kongressabgeordnete das Urteil aus rein politischen Gründen ausgeschlachtet und gefeiert haben. Kommt das bei den eigenen Anhängern wirklich gut an? Sind die wirklich zu dumm, um zu merken, dass sie sich da aus reinem Hass gegen die Familie Biden und den amtierenden Präsidenten selbst ins Knie schießen? Denn gerade Trumps abgehängte Maga-Anhänger in Appalachia und im Rust Belt sind ja durchaus dafür bekannt, sich gerne mal eine Tüte anzuzünden. Dass die natürlich auch Waffen besitzen, braucht man eigentlich nicht extra zu erwähnen. 

Doch es gab auch Wortmeldungen, die mir ein wenig den Glauben daran zurückgegeben haben, dass ein gesundes Gerechtigkeitsempfinden auch im politischen Amerika noch existiert. Allen voran mal wieder Thomas Massie. Der libertäre republikanische Abgeordnete des Repräsentantenhauses schrieb auf X: „Hunter mag Gefängnis für irgendetwas verdienen, aber sicher nicht dafür, eine Waffe zu kaufen.“ Es gebe „Millionen von Marihuana-Konsumenten in diesem Land, die Waffen besitzen“. Keiner von ihnen verdiene Gefängnis für den Erwerb und Besitz einer Waffe, nur weil es derzeitigen Gesetzen zuwiderlaufe. Zustimmung erhielt Massie dafür auch von X-Besitzer Elon Musk. Zwar verdiene Hunter Biden Gefängnis für andere Taten, doch nicht für dieses „Pseudo-Verbrechen“, so Musk. 

Sollte Joe Biden im November abgewählt werden, könnte er ohne politische Konsequenzen seinen Sohn kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus noch begnadigen. Dass er eine Begnadigung zum jetzigen Zeitpunkt ausschließt, ist logisch, alles andere wäre politischer Selbstmord. Sollte Biden dies am Ende tun, hätte ich damit überhaupt kein Problem. Der alte Mann hat so viel auf dem Kerbholz, worüber man sich empören kann, da muss man es nicht gegen ihn verwenden, wenn er einen Unschuldigen begnadigt. 


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