21. Juni 2024 18:00

Der Untergang des Abendlandes Ist Deutschland noch zu retten?

Düstere Zukunftsaussichten

von Thomas Jahn

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Bildquelle: MarcoSa / Shutterstock Kolosseum als Relikt der alten römischen Hochkultur: Droht uns das gleiche Schicksal?

Wir sind die Zeitzeugen des Untergangs der europäischen Zivilisation. Angeführt von teils korrupten, teils mutlosen Eliten haben Länder wie Deutschland, Großbritannien, Frankreich oder die USA ihre kulturelle Identität längst aufgegeben. Der zivilisatorische Niedergang ist allerdings kein Ausfluss von Dekadenz, sondern hat ökonomische Ursachen, wie Ludwig von Mises am Beispiel des Untergangs Westroms bewiesen hat.

Werteverfall, Geburtenrückgang, Schuldenkrise, Massenmigration, Technikfeindlichkeit und die Verwahrlosung der Städte: Was sind die Ursachen dieser dramatischen Verfallsprozesse? Erleben wir einen Sittenverfall wie im alten Rom? Wie verfallen die guten Sitten? Verabreden sich Individuen, also ganz normale Bürger etwa zu kollektiver Dekadenz? Ist es der Wandel der Zeit oder gar des Klimas, der Kriege, Krisen und Völkerwanderungen hervorruft, oder sind politische Fehlentscheidungen das eigentliche Problem?

An Anfang aller Krisen stehen etatistische oder kollektivistisch motivierte Allmachtsphantasien, die eine politische Interventionsspirale des Staates mit Ausgabenorgien auslösen, deren Transmissionsriemen Steuern, Schulden und Inflation sind. Von allen drei Übeln ist die nicht durch Sachwerte gedeckte Aufblähung (lateinisch: inflare gleich aufblähen) der Geldmenge die schädlichste Droge. Das wusste bereits Wladimir Iljitsch Lenin. Ein ihm zugeschriebenes Zitat lautet: „Wer eine Gesellschaft zerstören will, muss ihre Währung ruinieren.“ 

Wie man weiß, lieferte der bedeutendste Ökonom der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, Ludwig von Mises, die prägnanteste und doch überaus treffende Definition des Inflationsphänomens: „Eine Vermehrung der Geldmenge führt dazu, dass die Kaufkraft des Geldes sinkt und die Preise steigen. Das ist Inflation.“ Für die Österreichische Schule ist Geld keine bloße mathematische Kennzahl in einer volkswirtschaftlichen Formel, sondern seinem Wesen nach eine Ware wie jede andere, genauer gesagt ein Warensubstitut, also ein allseits akzeptiertes Tauschersatzinstrument. Der Preis des Geldes bestimmt sich wie bei allen anderen Waren nach Angebot und Nachfrage. Damit Geld als Tauschmittel akzeptiert wird, darf es allerdings nicht im Überfluss vorhanden, sondern muss knapp sein. Der Indikator für die Knappheit des Geldes ist der Zins, den man als Leihgebühr für die Ware Geld bezeichnen könnte. Der Zins wird von demjenigen, der Geld verleiht, verlangt, weil ihm das Geld während der Verleihzeit nicht zur Verfügung steht. Schuldner bezahlen Zinsen, weil sie damit ihre ökonomischen Ziele früher statt später erreichen können, wie das Beispiel des Immobilienerwerbs zeigt: Man kann entweder viele Jahre das Geld für einen Hauskauf ansparen oder wesentlich früher mit einem Kredit und entsprechenden Zinszahlungen bauen. Wer wie die Europäische Zentralbank aber mit künstlichen Niedrig- oder gar Minuszinsen hantiert, betreibt Geldschöpfung aus dem Nichts und riskiert schwere ökonomische Verwerfungen, die auch zu einem unumkehrbaren kulturellen und demographischen Niedergang führen.     

Ludwig von Mises wies vor etwa 70 Jahren nach, dass die größte Zivilisation vor der europäischen Neuzeit, das Römische Reich, nicht durch die Völkerwanderung oder kollektiven Sittenverfall verschwand, sondern durch Inflation. Ludwig von Mises beschreibt in einer seiner argentinischen Vorlesungen das Phänomen der römischen Inflation, die ihren Ausgangspunkt in der Politik der römischen Kaiser nahm, die ihre gewaltigen Ausgaben für „Brot und Spiele“ ab dem zweiten Jahrhundert nach Christus nicht mehr durch Steuern decken konnten, sondern auf das Mittel der Münzverschlechterung zurückgreifen mussten. Dass die Münzen weniger Gold- und Silberanteile aufwiesen, wurde von den Händlern aber sehr bald bemerkt, weswegen die Preise für alle Güter kräftig stiegen, was die Regierung zu rigiden Preisobergrenzen veranlasste. Wir kennen heute ähnliche Phänomene unter anderen Namen, wie „Mietpreisbremse“, „Mindestlohn“ oder „Kaufprämien“.

Ludwig von Mises zeichnete den damaligen Verfall eindrucksvoll nach:  „Die römische Zivilisation zerfiel, besonders ab dem dritten Jahrhundert. Dieser Zerfall innerhalb des Römischen Reiches machte es den Römern unmöglich, Angriffen von außen standzuhalten. Was hatte sich ereignet? Was war die Ursache für den Zerfall eines Reiches, das in jeder Hinsicht die höchste Zivilisation vor dem 18. Jahrhundert erreicht hatte? Tatsächlich wurde die antike Zivilisation durch etwas zerstört, was der heutigen Bedrohung unserer Zivilisation sehr ähnelt, ja fast gleichkommt: zum einen durch Interventionismus und zum anderen durch Inflation. Der Interventionismus damals bestand darin, dass das Römische Reich Preiskontrollen hatte. Diese Preiskontrollen waren mild, praktisch ohne Folgen, weil sie jahrhundertelang nicht darauf angelegt waren, die Preise unter das Marktniveau zu drücken. Aber im dritten Jahrhundert kam es zu einer Inflation. Die armen Römer hatten zwar noch nicht unsere technischen Möglichkeiten, um Inflation machen zu können: Sie konnten noch kein Geld drucken. Sie hatten nur die Möglichkeit zur Münzverschlechterung und dieses Verfahren zur Geldvermehrung war weit weniger leistungsfähig als das gegenwärtige, mit dem man, dank der modernen Notenpressen, den Geldwert so leicht zerstören kann. Immerhin war es wirkungsvoll genug und wirkte in der gleichen Richtung wie die Preiskontrolle. Denn die von der Behörde gebilligten Preise lagen nun unter dem Niveau, auf das freie Marktpreise infolge der Inflation hätten klettern müssen. Dadurch ging natürlich die Nahrungsmittelversorgung in den Städten zurück. Die Menschen in den Städten wurden gezwungen, zurück aufs Land zu gehen und ihr Dasein durch Ackerbau zu fristen. Die Römer erkannten damals nicht, was sich da ereignete; sie verstanden es nicht. Sie hatten noch nicht die gedanklichen Werkzeuge entwickelt, um die Probleme der Arbeitsteilung und die Folgen der Inflation für Marktpreise zu erklären. Dass diese Inflation, diese Münzverschlechterung verhängnisvoll war, erkannten sie allerdings schnell. Folgerichtig erließen die Kaiser Gesetze gegen diese fortschreitende Entwicklung. Man erließ Gesetze, die die Stadtbewohner daran hindern sollten, aufs Land zu ziehen. Aber diese Gesetze waren wenig wirksam. Da die Leute in den Städten nichts zu essen hatten und Hunger litten, konnte kein Gesetz sie davon abhalten, die Stadt zu verlassen und in die Landwirtschaft zurückzugehen. Die verbleibenden Stadtbewohner konnten sich nicht mehr als Handwerker in verarbeitenden Gewerben der Städte betätigen. Und mit dem Verlust der Märkte in den Städten konnte man dort auch nichts mehr kaufen. So beobachten wir vom dritten Jahrhundert an den Niedergang der römischen Städte und einen allmählichen Rückgang der Arbeitsteilung. Das führte schließlich zum frühmittelalterlichen System der sich selbst versorgenden Hauswirtschaft, der Villa, wie sie in späteren Gesetzen genannt wurde. Es ist deshalb nicht ganz unberechtigt, wenn man bei einem Vergleich unserer heutigen Verhältnisse mit denen des Römischen Reiches den Schluss zieht: Uns wird es genauso ergehen.“ (Ludwig von Mises: „Vom Wert der besseren Ideen – sechs Vorlesungen über Wirtschaft und Politik“, München 2008, Seite 128 ff.)

Wird es uns genauso ergehen?

Die Antwort lautet leider „Ja“. Zu weit sind nicht nur Inflation und Interventionismus fortgeschritten, sondern mittlerweile auch sämtliche Begleiterscheinungen eines allgemeinen kulturellen und gesellschaftlichen Verfalls, der die Kräfte einer geistigen Erneuerung, sei es aus dem Christentum oder aus anderen Quellen menschlicher Freiheit und Würde, versiegen ließ. Eine übergroße Mehrheit in den westlichen Demokratien folgt immer noch Politikern, die Wohlstand durch Umverteilung und immer noch größere Staatsausgaben versprechen. In Deutschland kann die Abwärtsspirale aus ständig steigenden Steuern, Schulden und immer höheren Staatsausgaben mit demokratischen Mitteln definitiv nicht mehr gestoppt werden, denn von den fast 62 Millionen Wahlberechtigten zahlt nur eine Minderheit, nämlich 27 Millionen Menschen, mehr an den Staat, als sie vom Staat erhält, wobei sich diese (seltsamerweise nicht genau erforschte oder dokumentierte) Zahl fast auf 15 Millionen echte Nettosteuerzahler halbiert, wenn man die zahlreichen Beamten und anderen Bediensteten des Staates und der von ihm abhängigen Institutionen und Betriebe herausrechnet. Dann steht eine überwältigende Dreiviertelmehrheit aus Rentnern, Arbeitslosen und Staatsbediensteten einer Minderheit von Freiberuflern, freien Unternehmern und deren Beschäftigten gegenüber.

Wie im alten Rom verhindern diverse Gesetze, die die Preise entgegen dem (eigentlich demokratischen) freien Willen von Angebot und Nachfrage festsetzen, die für Wertschöpfung und zukunftssichernde Kapitalbildung notwendige Arbeitsteilung. Jeden Tag landen Tausende guter Ideen im Müll, denn es gibt keine Anreize und keine ökonomischen Möglichkeiten der Realisierung. Dringend benötigte Dienstleistungen und Produkte bleiben aus, weil sie der Staat durch Steuern und künstlich festgesetzte Mindestpreise künstlich verteuert hat. Wohnungen werden nicht gebaut, weil staatliche Mindestlöhne für Bauarbeiter auf staatliche Mietpreisbremsen stoßen und damit unrentabel sind.

Lukrativ sind in diesem System „spätrömischer Dekadenz“ (Zitat Guido Westerwelle) nur der Müßiggang und das Verprassen des erarbeiteten oder ererbten Kapitals. Enteignungsgleiche Steuern, horrende Inflationsraten und die auch medial allgegenwärtige Dominanz der altlinken und der klimabemäntelten linksgrünen Umverteilungspropaganda zerstören alle Anreize und Chancen für den Aufbau einer eigenen Firma oder die Gründung einer Familie. Ein Land, das wie Deutschland noch dazu seine industrielle, intellektuelle und kulturelle Basis mutwillig zerstört, ist leider nicht mehr zu retten.


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