Zentralisierungsbestrebungen: „Nationalismus“ als Hindernis auf dem Weg zur Weltherrschaft
Über die Bedeutung eines funktionierenden politischen Wettbewerbs
von Olivier Kessler
Wenn es aktuell einen unübersehbaren politischen Trend gibt, dann jenen der Zentralisierung. Die Entscheidungskompetenzen werden auf immer höhere Ebenen verlagert: weg von den Gemeinden und Kantonen hin zum Bund; weg von den Nationalstaaten hin zu supranationalen Gremien und internationalen Organisationen. Die Vielfalt der Regelungen in den verschiedensten Gebietskörperschaften wird durch einen Monopolisierungs-, Vereinheitlichungs- und Gleichschaltungstrend erstickt.
Gerade in Europa wich der einst dezentral funktionierende Kontinent mit vielen Kleinstaaten einer laufenden Zentralisierung: zunächst hin zu immer mächtigeren Nationalstaaten und jetzt hin zu immer mächtigeren internationalen Konstrukten wie der EU oder der Uno. Die Reise geht weg von Vielfalt und Wettbewerb, in Richtung Zentralisierung und Weltregierung. Es geht im Kern um eine zunehmende Machtakkumulation bei immer weniger Menschen. Die Selbstbestimmung des Einzelnen weicht zum einen immer mehr staatlichen Befehlen. Zum anderen werden dezentral beschlossene staatliche Befehle zunehmend von zentral gefällten staatlichen Befehlen verdrängt.
Diese Entwicklung hin zu immer weitergehender Zentralisierung mag von ambitionierten Politikern und Beamten beklatscht werden, weil sie sich angesehenere, prestigebeladenere und besser bezahlte Pöstchen in den höheren Ebenen erhoffen. Was für die Karriere eines Politikers neue Höhenflüge bedeutet, ist für die Allgemeinheit jedoch ein Graus. Schließlich ist klar, dass Wettbewerb – auch jener zwischen Staaten – ein wichtiger Treiber von Frieden, Freiheit und Wohlstand ist.
Unter der Bedingung eines funktionierenden politischen Wettbewerbs müssen die politischen Herrscher um die Gunst der Steuerzahler buhlen. Sie haben für ein möglichst gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu sorgen, damit die Bürger ihnen nicht den Rücken kehren und in Gebietskörperschaften mit besserem Preis-Leistungs-Verhältnis abwandern. Wenn es zu einem Exodus der Steuerzahler kommt, leiden darunter auch die Saläre der Politiker und Beamten in den betroffenen Regionen.
Übertreiben es Politiker in einer bestimmten Gebietskörperschaft bei der Ausbeutung ihrer Steuerzahler, gibt es in einem Umfeld des politischen Wettbewerbs für die Bürger die Möglichkeit zur „Abstimmung mit den Füssen“. Sie können also ihren Niederlassungsort wechseln. Dadurch verbessern die Wanderungswilligen nicht nur ihre eigene Situation, sondern schaffen auch Anreize für die politischen Herrscher, sich gegenüber allen anderen Menschen, die bleiben, anständiger und bürgerorientierter zu verhalten und sich mehr anzustrengen, um diesen gute Angebote zu machen. Denn Abwanderung entzieht den betroffenen Staatsbediensteten Mittel. Je mehr Abwanderung es gibt, desto mehr werden die Politiker die Botschaft verstehen: „So nicht!“ Wenn sie also weiterhin ein üppiges Einkommen als Politiker oder Beamter beziehen wollen, müssen sie sich für eine Verbesserung der Umstände einsetzen – sprich Qualitäts- und Effizienzsteigerung bei den staatlichen Leistungen, mehr Bürgernähe und ein effizienter Umgang mit Steuermitteln, was Steuersenkungen erlaubt. Davon profitieren alle.
Von diesen unschätzbaren Vorzügen des politischen Wettbewerbs reden Politiker und Beamte natürlich nicht gerne, weil es für sie mit Anstrengung und Leistung verbunden ist. Es ist für sie einfacher, all dies auszublenden und anstatt dessen dafür zu sorgen, dass ihre bürgerfeindlichen Policies – sprich hohe Steuern und Überregulierung – auch von konkurrierenden Gebietskörperschaften übernommen werden.
Und wie machen sie das? Indem internationale Organisationen gegründet und diesen wohlklingende Zwecke verliehen werden, sodass jeder Nationalstaat, der hier nicht mitmacht, moralisch in Verruf gebracht werden kann und sich bald schon auf grauen oder schwarzen Listen wiederfindet. Sobald die wichtigen Nationalstaaten in diese Gebilde eingebunden sind, wird darauf gedrängt, immer mehr Kompetenzen von den Nationalstaaten an die internationalen Organisationen zu übertragen. Von den Schalthebeln dieser internationalen Organisation aus zwingt man dann de facto jene Gebietskörperschaften mit den vorteilhafteren Preis-Leistungs-Verhältnissen dazu, ihre guten Policies aufzugeben, zum Beispiel mit sogenannten Mindeststeuervorgaben, Regulierungsharmonisierungen oder der Aufgabe ordnungspolitisch wichtiger Institutionen.
Ein Beispiel für Letzteres ist zum Beispiel die Europäische Union (EU) mit ihrer Europäischen Zentralbank (EZB). Vor der Einführung des Euro galt Deutschland nebst der Schweiz als dasjenige europäische Land mit der stabilsten Währung, der D-Mark. An diesem Vorteil im politischen Wettbewerb störte sich insbesondere die französische politische Elite, die mit ihrem gegenüber der D-Mark laufend abwertenden Franc neidisch auf ihren östlichen Nachbarn schielte. Frankreichs Funktionäre unternahmen in den internationalen Verhandlungen in der Folge starke Anstrengungen, um auch Deutschland in die Währungsunion einzubinden und damit ihre erfolgreiche D-Mark aufzugeben – mit Erfolg. Die D-Mark ist Geschichte, der weitere Verlauf der Währungshistorie bekannt. Deutschland hat heute eine ebenso lausige Währung wie Frankreich. Die Bürokraten und Politiker Frankreichs haben ihr Ziel erreicht: Das Preis-Leistungs-Verhältnis der Konkurrenz wurde verschlechtert, um das eigene nicht verbessern zu müssen.
Und jetzt kommen wir zum eigentlichen Missbrauch des Begriffs „Nationalismus“. Wer bei all diesen illiberalen Zentralisierungsschritten nicht mitmachen wollte und will, wer also die Kompetenzen lieber beim Nationalstaat belassen möchte, anstatt sie noch weiter nach oben zu delegieren, wird von den Zentralismus-Turbos abwertend als „Nationalist“ bezeichnet. Der Begriff ist deshalb so wirkungsvoll, weil die Schuld an den verheerenden Kriegen und schlimmen Verbrechen an der Menschlichkeit des 20. Jahrhunderts in fast allen Geschichtsbüchern den Nationalisten in die Schuhe geschoben wird.
Für viele lautet die Zusammenfassung des Zweiten Weltkriegs verkürzt gesagt: Schuld am Desaster waren die Nationalisten in Deutschland und in Italien, die ihr Vaterland zu stark liebten. Wegen ihnen gab es Krieg und Massenvernichtung. Doch dies ist eine sehr verkürzte und unvollständige Erklärung, die den entscheidenden Faktor ausblendet: den Sozialismus. Ohne den enormen Ausbau des staatlichen Einflusses, die Abschaffung liberaler Grundrechte, die staatliche Okkupation der Medien und die Inanspruchnahme des Gewaltmonopols hätten die Nationalsozialisten und Faschisten es niemals so weit gebracht. Wären die Nationalisten nicht sozialistisch angehaucht gewesen, sondern liberal und hätten sie auf dem Schutz der Eigentumsrechte beharrt, hätte es all die staatlichen Angriffe auf Leib, Leben und Eigentum nicht gegeben.
Dennoch sind es heute oftmals zu Unrecht die „Nationalisten“ – also jene, die den Nationalstaat regulatorisch als vorrangig erachten gegenüber internationalen Gebilden –, die im Gegensatz zu den Globalisten als etwas Negatives dargestellt werden. Doch die Schuldigen für die Verbrechen im 20. Jahrhundert sind in erster Linie in den Reihen der Sozialisten zu suchen – also jene, die den Staatsapparat auch heute immer noch dazu einsetzen wollen, um Gewalt gegen all jene anzudrohen oder anzuwenden, die sich nicht so verhalten, wie es jene befehlen, die den Staatsapparat kontrollieren. Nationalismus hat nicht zwingend etwas mit Gewalt- und Gewaltandrohung zu tun, der Sozialismus schon. Der Sozialismus ist ein Euphemismus für institutionalisierte nackte Gewalt.
Kommentare
Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.
Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.